Post verschicken auf die moderne Art
Als die Post noch ein Amt war, stand der dazugehörige Beamte jenseits einer dicken Glasscheibe und schien unerreichbar. Diesseits der Scheibe warteten in langer Schlange Menschen, die was zu verschicken hatten – eher Bittsteller als Kunden. Heute heißt das Amt zwar Agentur und die Scheibe ist weg, aber Schlangen vor dem Tresen und ein Mitarbeiter dahinter, diese strikte Trennung schien bislang unabänderlich. In den meist progressiveren Niederlanden hat der Postdienstleister „TNT“ genau diese Trennung jetzt aufgehoben: TNT beauftragte die Architekten Merkx+Girod aus Amsterdam, die Filialen neu zu gestalten und eine Lösung ohne Glasscheibe oder Absperrung zu finden.
Das Ergebnis sind bisher drei neue Geschäfte in Nijmegen, Den Haag and Rotterdam, die besonders durch einen offenen Raum, poppige Grafik und starke Farbkontraste auffallen. Die Idee ist: Die Kunden sollen zunächst die angebotenen Selbstbedienungseinrichtungen wie Waagen, Briefmarkenautomaten oder Poststempel entlang der Wände der Filiale nutzen – naturgemäß kommt es ein Unternehmen billiger, ihre Dienstleistungen den Kunden selbst aufzutragen. Wenn die TNT-Kunden Hilfe brauchen oder einen persönlicheren Service schätzen, können sie sich an die Mitarbeiter wenden, die sich als Ansprechpartner im Laden aufhalten und an den sogenannten „Full-Service“-Stationen in der Mitte des Raums die Kunden bedienen können.
Starke Farbkontraste
Die Zweiteilung des Angebots haben Merkx+Girod farblich umgesetzt: Die Selbstbedienungsfunktionen sind in Einbauten aus schwarzem MDF integriert, die Service-Tresen im Raum bestehen dagegen aus weißem Corian. Orange, die Hausfarbe von TNT, akzentuiert diesen Kontrast noch zusätzlich, etwa bei den Gehäusen der Automaten, der Beschriftung oder dem Leitsystem auf dem Fußboden. Die Einbauten im Bereich der Selbstbedienung sind schlichte Kuben, während bei den skulpturalen Full-Service-Stationen mit ihren auskragenden Ablagen mit den Möglichkeiten des Materials Corian gespielt wurde.
Poppige Piktogramme
Das niederländische Designbüro Atelier Rene Knip entwickelte die grafische Gestaltung für das neue Konzept. Gerade im Selbstbedienungsbereich ist es natürlich unerlässlich, klar und leicht verständlich zu beschildern. In den TNT-Filialen soll eine Mischung aus gut lesbarer, großer Schrift und großen Piktogrammen mit fetten Umrisslinien die Kunden führen. Vor allem die Bildsprache fällt etwas kindlich aus: Pakete sind Rechtecke mit Schleifchen dran, Briefe sind genauso groß, aber durch Briefmarke und Adresszeile von den Paketen unterschieden. Aber vielleicht erleichtert ja gerade das Spielerische und die Einfachheit der Piktogramme die Orientierung.
Die neue Transparenz
Das neue Gestaltungskonzept von Merkx+Girod ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Logistik: Postsäcke und Transportbänder sind selbstverständlicher und sichtbarer Teil des Geschäfts. Glaswände neben und hinter dem Selbstbedienungsbereich trennen den Laden vom Lager ab und sollen die Transparenz noch erhöhen. Die Zeiten demütigen Schlangestehens und bürokratisierter Abfertigung sind mit diesen Postagenturen definitiv vorbei – ob sich alle Kunden angesichts der poppigen Aufmachung und der verstärkten Automatisierung gleichermaßen wohl fühlen, ist allerdings eine ganz andere Frage.
FOTOGRAFIE Roos Aldershoff
Roos Aldershoff
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