Rhythmische Eleganz in Hainan
Schöne Grauzone: Projekt Rhythm von Wei Yi International Design Associates.
Dass ein ganz in Grau gehaltenes Büro nicht gleich einen tristen Arbeitsalltag bedeutet, zeigt das Projekt Rhythm von Wei Yi International Design Associates. Die 757 Quadratmeter große, neu ausgebaute Etage für ein Unternehmen der Modebranche befindet sich in einem freistehenden Bürogebäude auf der südchinesischen Insel Hainan. Mitarbeiter können dort einzelne Zonen kreieren – und den Workflow dynamisch modulieren.
Weder Open Space, noch klassisches Büro: Rhythm schlägt einen anderen Beat. Das Konzept spielt mit dem Thema der Volumentrennung und -verbindung auf besondere Weise: Die unterschiedlich großen Funktionsbereiche des Büros sind nicht als einzelne, komplett voneinander abgetrennte Räume definiert, sondern auf facettenreiche Art miteinander verflochten. In diesem Sinne kann man kaum von Trennwänden zwischen den Arbeitsbereichen sprechen. Eigentlich sind es Transitzonen.
Fließende Raumsequenzen
Die Übergänge werden hier zum alles prägenden, aber dezent gestalteten Designelement. Oder, um im Rhythm zu bleiben: Sie sind der Lead Sound, der melodische Hauptpart in diesem Stück. Die Wände präsentieren verschiedenste Arten von Öffnungen und Durchgängen, die nicht nur dafür sorgen, dass alle Räume visuell und architektonisch miteinander verbunden sind. Elegant gestaltete Schiebe- und Faltmechanismen oder auch rotierende Elemente ermöglichen den Mitarbeitern, die Grenzen ihrer Büros individuell zu modulieren.
„Es ist der Versuch, traditionelle Büroanordnungen zu durchbrechen und den Raum flexibler und funktionaler zu gestalten“, sagt Designer Shin-Yuan Fang von Wei Yi International Design Associates, dem verantwortlichen Architekturbüro mit Sitz in Taipeh und Shanghai. Man könnte auch sagen: Rhythm ist eine lockere Struktur aus ineinander fließenden Raumsequenzen. Das hat einen weiteren Vorteil: Licht bekommt eine große Bühne. Von überall fällt es durch die Raumzonen hindurch ins Interieur und zeichnet dort Muster unterschiedlichster Schattierungen ab.
Zurückhaltende Monochromie
Shin-Yuan Fang erklärt, dass der Schlüssel zu dem sequentiellen Konzept darin lag, Räume als abstrakte Objekte und als modulare Boxen zu sehen. Das habe den Freiraum gegeben, die komplette Fläche spielerischer zu gliedern. Dabei ist die gesamte Büroetage strategisch vom inneren Kern nach außen gedacht: Der rechteckige Grundriss platziert im Zentrum – auf ebenfalls rechteckiger Fläche – das Treppenhaus sowie die Toilettenräume. Drumherum hat Wei Yi International Design Associates einen Gang angelegt, über den man alle modulierten, offenen Arbeitsräume erreicht. Die Fensterfronten bilden dann die „äußere Haut“ zu allen vier Seiten.
Das Interieur ist in Anlehnung an diese Idee von dunkel im Zentrum der Etage bis nach hell – in den Arbeitsräumen – codiert. Dabei ist tatsächlich der gesamte Innenraum vom Boden über die Wände bis hin zur Decke in Grau getaucht: Diese zurückhaltende Monochromie passt zum reduzierten Interior und schafft gleichzeitig die nötige Kohärenz zwischen den 15 unterschiedlichen Arbeitszonen, die sowohl große Einheiten mit bis zu 20 Arbeitsplätzen als auch Nischen mit Einzelarbeitsplätzen sowie verschiedene Socialising Areas umfassen.
Kontemplatives Grau
Obwohl das Büro eine einzige Grauzone ist, wirkt es keineswegs trist oder kalt. Das liegt an der sensibel ausgewählten Vielfalt an schlichten Materialien und deren Bearbeitung: der glänzend polierte Betonboden, in den an manchen Stellen feine goldene Profile eingelassen sind. Gebürsteter dunkelgrauer Marmor, der zum schwebenden Nischenboden wird. Dunkles Gusseisen, gebürstete und lasierte Furnierhölzer oder Tafelfarbe ergänzen das Spektrum. Die ruhig gehaltenen, eleganten Oberflächen wirken im Tagesverlauf – mit dem Wandel der Sonneneinstrahlung und auch bei künstlichem Licht – immer wieder anders.
Der dunkelste Ton befindet sich an der Wand, die Treppenhaus und Toiletten von der eigentlichen Fläche trennen: Es ist eine edle Verkleidung aus schwarzgrau lasiertem Holz, die nicht ganz bis zum Boden komplettiert ist. In dem so entstandenen Spalt sind Downlights integriert, die den Boden wiederum erhellen und Reflexionen erzeugen, sodass eine warme Atmosphäre entsteht. Selbst die grauschwarzen Belüftungsröhren, Elektroinstallationen, Kabel und Leuchten, die an der Decke sichtbar sind, fügen sich in die Harmonie dieses eleganten wie facettenreichen Rhythm ein.