Sprache der Gradienten
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Die Gestaltung eines Klassenzimmers hat einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf den Lernerfolg, darin sind sich Pädagogen einig. Trotzdem ist die Mehrzahl der Lernräume milde gesagt schnörkellos. Eine private Sprachschule in Valencia geht andere Wege. Die hohen Räume des neoklassizistischen Gebäudes sind charmant möbliert, von der spanischen Sonne geflutet und scheinen durch ihren Anstrich in Gradienten gerade in einen Eimer Pastellfarbe getunkt worden zu sein.
2Day Languages heißt die Schule für private Sprachstudenten in direkter Nähe zu Valencias Bahnhof und der Innenstadt und gibt damit einen Hinweis auf den besten Startpunkt für die nächste Lerneinheit: „Today“. Umgeplant wurden die Räume des historischen Wohnhauses vom ebenfalls in der Stadt ansässigen und von Ana Milena Hernández Palacios gegründeten Designbüro Masquespacio. Als sie den Auftrag zur Umsetzung neuer Räumlichkeiten für die Sprachschule erhielt, nahm sie sich die bisherige grafische Identität als Vorlage: In der Illustration verschmilzt die spanische Nationalfahne mit einer Sprechblase, die mit den verschiedenen Unterrichtsstufen, damit verbundenen Lernzielen und der Konversation die für den Studenten wichtigsten Einflussgrößen des Sprachen-Lernens zeigt. Diese bisherige Markenidentität defragmentiert Masquespacio in den Räumen der 183 Quadratmeter großen Etage, zerlegt sie in Farben, Formen und Aussagen und macht sie zum übergreifenden Thema des Interieurs.
Codiert in Pastell
2Day Languages besitzt eine Lounge, einen Mitarbeiterraum und drei Klassenräume, die sich zwar in Möblierung und Inszenierung gleichen, im Farbkonzept jedoch unterscheiden. In einem dominiert Blau, in den anderen jeweils Gelb und Rosa. Am augenfälligsten wird dieses Konzept an den Wänden, die zum Boden hin mit einem sanft verblassenden Farbstreifen versehen sind. Dazu passen die Holzstühle mit ihren entsprechend lackierten Gestellen. Für die Studenten ist dieser Farbcode eine Orientierungshilfe, denn die drei Nuancen stehen für die vom Europarat empfohlenen Level A, B und C, die die Schüler in Anfänger bis Fortgeschrittene sortiert. Für die Gestalter hat der sanft auslaufende Anstrich eine zusätzliche Metaebene: Sie wollen damit den dynamischen Fortschritt des Lernprozesses abbilden. Die Leuchten hingegen sind in allen Räumen identisch, die Lichtmodule überlagern sich auf mehreren Ebenen und sind durch einen Holzkorpus verkleidet. Sie sind ein grafisches Zitat, das sich im Logo genauso wiederfindet wie bei den übrigen Kommunikationsmitteln.
Mobiliar maßgeschneidert
Die gestalterischen Eingriffe des Designbüros sind bewusst gering ausgefallen. „Im Klassenzimmer sind die Lehrer und die Studenten die Protagonisten, deswegen war unser erklärtes Ziel die Intervention auf ein Minimum zu reduzieren, ohne die Frische und das ‚Good Feeling’ zu vergessen, die die Räume atmen müssen“, sagt die Kreativdirektorin Ana Milena Hernández Palacios über das Projekt. Eingesetzt hat Masquespacio für den Mix aus historischer Architektur mit modernem Interieur vor allem Kiefernholz – wegen seiner warmen Materialwirkung. Neunzig Prozent der Möbel sind Sonderanfertigungen, umgesetzt nach Entwürfen der Designer. Sie wurden von einer Schreinerei hergestellt und gehen auf die individuellen Anforderungen von 2Days Languages ein. Statt einem Tisch wurden mehrere in die Klassenräume gestellt, um die Arbeit in Kleingruppen zu ermöglichen; Holzlamellen an den Flurdecken sorgen für eine angenehme Akustik. Und in den Gemeinschaftsräumen stehen besonders lange und kommunikative Sofas. Hier können sich die Studenten den Büchern der angeschlossenen Bibliothek widmen. Die Maßanfertigung von Leuchten, Sofas und Tischen hat aber nicht nur praktische, sondern auch finanzielle Gründe – um im Rahmen des knappen Budgets zu bleiben, sparte das Designbüro bewusst am Markenmobiliar.
Gespannte Kunst
Ebenfalls aus der Feder der Gestaltungs-Generalisten von Masquespacio stammen die Wand-Dekorationen in den Lounge-Bereichen. 6400 Nägel geben die Eckpunkte für „Fadenzeichnungen“ vor, für die rund 2500 Meter Wolle verspannt wurde und die Valencia, Spanien und die spanische Sprache thematisieren. Sie hängen in den Rahmen in den Gemeinschaftsräumen, in denen sich alle Studenten aus allen Lernstufen ebenso wie das Rosa, Gelb und Blau der Klassenzimmer begegnen. Alle Ebenen der Gestaltung kulminieren in diesem Raum. Deswegen ist das Interieur dann auch dominanter und die Farbe lauter als in den vordergründig kontemplativen Bereichen. Denn nicht zuletzt soll der Gemeinschaftsraum durch seine Wohnzimmer-Atmosphäre die Studenten dazu einladen, ihre Sprachkenntnisse in der Praxis zu vertiefen.
FOTOGRAFIE David Rodriguez
David Rodriguez
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