Stuck, Exotik und Spione
Londoner Co-Working-Space von Sella Concept
Wo einst die Kollegen von James Bond am Schreibtisch saßen, entwickeln heute IT-Start-ups innovative Ideen für den smarten Staat der Zukunft. Im Co-Working-Space Public Hall in London trifft historischer Charme auf ein frisches Farbkonzept, exotische Pflanzen und Art-déco-Glamour.
Wenn diese Wände sprechen könnten, wüssten sie sicher viel zu erzählen. Mit Familiengeschichten, Kriegserlebnissen und Agentenabenteuern könnten sie ein dickes, stilecht in Leder gebundenes Buch füllen. Das imposante Gebäude One Horse Guards Avenue wurde 1884 im Stil der französischen Renaissance-Architektur erbaut. Es bot die perfekte Kulisse für das ausschweifende Leben der Londoner High Society. Später zog ein berühmter Nachmieter ein: der britische Auslandsgeheimdienst. Während des Ersten Weltkriegs diente der Prachtbau am Nordufer der Themse dem MI6 als geheimes Hauptquartier. Anschließend wurden die Räume erneut als Wohnungen genutzt und zeitweise als exklusive Event-Location vermietet.
Kollaboration statt Geheimhaltung
Heute stehen hier wieder Schreibtische und es wird fleißig an Projekten gearbeitet, die die britische Regierung voranbringen sollen – wobei statt Geheimhaltung nun Kollaboration das oberste Gebot ist. Zu verdanken ist das den beiden Unternehmen Huckletree und Public, die in den geschichtsträchtigen Mauern gemeinsam einen Co-Working-Space der besonderen Art eröffnet haben. Während Huckletree Experte für zukunftsweisende Bürokonzepte ist, hat sich Public auf digitale Lösungen für den öffentlichen Sektor spezialisiert, die im Englischen „Government Technologies“ – kurz GovTech – genannt werden. Der neue Co-Working-Space Public Hall, strategisch günstig gelegen im Londoner Regierungsviertel Westminster, soll auf GovTech spezialisierte IT-Dienstleister mit Behördenleitern und politischen Entscheidungsträgern zusammenbringen.
Mission: Neugestaltung
Das in London ansässige Designstudio Sella Concept erhielt den Auftrag, die eleganten Etagen in der Horse Guards Avenue in eine zeitgemäße Bürolandschaft für IT-Start-ups zu verwandeln. Prächtige, historische Räume sind als Leinwand für ein eigenes Interior-Design-Konzept zwar äußerst reizvoll, doch die Neugestaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes bringt immer gewisse Herausforderungen mit sich. Aufgrund der Denkmalschutzauflagen durfte der Grundriss nicht verändert werden. Außerdem beschränkte sich die Farbauswahl auf die behördlich genehmigte Heritage-Kollektion des Farbherstellers Dulux. „Unsere Hauptaufgabe bestand darin, die alte Pracht zu erhalten, aber gleichzeitig ein bisschen von dem verspielten Charakter hinzuzufügen, der typisch für die Marke Huckletree ist“, erzählen die Sella-Gründerinnen Tatjana von Stein und Gayle Noonan. „Vor allem in den Fluren und Gemeinschaftsbereichen haben wir mit Farbe gespielt.“
Ein Quantum Farbe
Die Palette reicht vom eleganten Mitternachtsblau der Rezeption bis zum markanten Jadegrün der Fensterrahmen in den Event-Räumen. Auch Mint und Petrol sind beim blaugrünen Farbkonzept mit von der Partie. Mithilfe frischer Nuancen, maßgeschneiderter Möbel und origineller Designdetails ist es den Sella-Designerinnen gelungen, den denkmalgeschützten Räumen behutsam neues Leben einzuhauchen. Inmitten von kunstvollem Stuck, alten Holzböden, opulenten Kaminen und antiken Kronleuchtern sind moderne Arbeitsplätze, Einzel- und Gemeinschaftsbüros, Besprechungszimmer sowie eine Bibliothek und ein großer Event-Bereich mit Bar entstanden.
Interieur mit schönen Kurven
Bogenelemente, ein Markenzeichen des Londoner Studios, sind auch in diesem Projekt von Sella allgegenwärtig – außerdem verbinden sie die Originalarchitektur aus viktorianischer Zeit mit dem neuen Interior Design. So hat Sella für die Bibliothek des Co-Working-Space ein Bücherregal entworfen, das die Bogenform der historischen Fensteröffnungen widerspiegelt. Auch die anderen Eigenentwürfe des Sella-Teams zeichnen sich durch ihre attraktiven Rundungen aus. Dazu zählen die lange Polsterbank mit zylindrischer Rückenlehne und der kurvige Bartresen mit integriertem Podest für eine Zimmerpalme. „Wir lieben Kurven!“, sagen die Designerinnen.
Art déco reloaded
Die Kombination aus luxuriösen Materialien wie Samt und Marmor, exotischen Grünpflanzen und grafisch-geometrischen Mustern erinnert auch an den Glamour der Zwanzigerjahre. Der Art-déco-Stil erfreut sich hundert Jahre später noch immer großer Beliebtheit und wird von zeitgenössischen Designern gerne neu interpretiert – oft mit einem postmodernen Augenzwinkern. Von „Art déco 2.0“ ist dann die Rede. Oder von „Neo déco“. Im Co-Working-Space Public Hall gehen diese Art-déco-Anleihen mit den prunkvollen historischen Architekturelementen, dem frischen Farbkonzept und den aktuellen Möbelentwürfen eine elegante Verbindung ein.
Das Interior Design von Sella Concept verbindet Alt und Neu, Tradition und Moderne. Wenn die Wände von One Horse Guards Avenue reden könnten, hätten sie heute noch mehr Anekdoten parat. Mit der GovTech-Ideenschmiede wird der Geschichte des ehrwürdigen Gemäuers nun ein spannendes neues Kapitel hinzugefügt.
FOTOGRAFIE Genevieve Lutkin
Genevieve Lutkin
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