Thinktank im Brauhaus
Hyperflexible Arbeitslandschaft von Mintdesign für einen Biopharmazeuten
Gestern Bier, heute Büro: In den Bestand der historischen Berliner Bötzow-Brauerei ist das Göttinger Unternehmen Sartorius eingezogen. Die geschichtsträchtigen Bauelemente, wie Ziegel, Säulen und Metallprofile, wurden erhalten und zur Kulisse für eine zeitgenössische Open Space-Bürolandschaft – gestaltet von Mintdesign.
„Obwohl das Sartorius-Headquarter ein sehr moderner Ort ist, der auf flexible und zukunftsorientierte Arbeitsweisen setzt, ist uns bewusst, dass ein Umzug nach Göttingen nicht jedermanns Sache ist“, erklärt der CEO von Sartorius, Joachim Kreuzburg. Das neue Büro des Unternehmens liegt daher in Sichtweite des Berliner Fernsehturms, in einem in der Sanierung befindlichen Kreativzentrum – und bietet damit ein überzeugendes Standort-Argument für junge Talente aus der ganzen Welt.
Der Ort hat Geschichte. 1885 wurde die Bötzow-Brauerei im südlichen Prenzlauer Berg erbaut und dann im zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerstört. David Chipperfield verpasste dem Gelände ein Makeover und entwarf einen Masterplan, der die historische Struktur sensibel erhält, den Bestand revitalisiert und vier neue Gebäude integriert. Der Pharmazulieferer Sartorius zog zuletzt in eine der alten Industriehallen und leistete einen Beitrag zum Metathema des gezielten Strukturwandels: Gemeinsam mit dem direkten Nachbarn Otto Bock Health Care macht Sartorius das Areal zu einem Zukunftslabor für Medizinprodukte und Medizinforschung.
Alles im Blick
Den Ausbau des Sartorius-Headquarters übernahm das Berliner Studio Mintdesign. Es gestaltete eine flexible Bürolandschaft, die auf offene Flächen, historischen Charme und jede Menge natürliches Grün setzt. Hinter der gelb-roten Ziegelfassade stehen auf drei Geschossen rund 135 Arbeitsplätze zur Verfügung. Die hohen Räume mit unverkleideten Decken sorgen für Loft-Atmosphäre, auf den weiten Flächen haben die Mitarbeitenden dann freie Platzwahl.
„Das Interior fördert die Kommunikation zwischen verschiedenen Funktionen und Kompetenzen“, erklärt Joachim Kreuzburg. Neben klassischen Schreibtischsituationen bieten die nur von Säulen strukturierten Etagen Lounge-Bereiche, kommunikative Tafeln, Ohrensessel zum Telefon-Rückzug, Sitzstufen und jede Menge kleinformatiges, bewegliches Sitzmobiliar. Dazwischen stehen Raum-in-Raum-Systeme sowie begrünte, rollbare Wände und zwischen Wand und Decke wurden in lockerer Regelmäßigkeit Paneele mit Sichtschutz, Mini-Regal und Akustiktextil geklemmt. Alles ist darauf ausgerichtet, dass die Kolleg*innen den zur Aufgabe passenden Ort finden – oder ihn sich einrichten können. Entlang der innenliegenden Wand sind Orte für den Rückzug untergebracht, wie Besprechungszimmer, die Kaffeeküche oder die Waschräume.
Immer mit der Ruhe
Über einen zentral positionierten Treppenaufgang werden die Flächen erschlossen. Die Öffnung zwischen den Geschossen wurde bewusst großzügig als Luftraum gestaltet, um das durch die Oberlichter fallende Tageslicht bis ins Erdgeschoss zu leiten. Dank der Galerie entsteht aber auch eine Blickbeziehung zwischen den Etagen. Für die Planer*innen von Mintdesign wurde aber genau diese Großzügigkeit zur akustischen Herausforderung. Um Ruhe in die hallenden Räume zu bringen, erstellten sie ein umfassendes Konzept, das alle Areale adressiert. Im Eingangsbereich schluckt eine Mooswand den Lärm, in der daran anschließenden Halle hängen ein raumhoher Theatervorhang und eine Deckeninstallation aus Wollfilzabsorbern. Auf der offenen Arbeitsfläche beruhigen verschiedene Textildetails, wie etwa Filzbezüge auf Raumteilern und Schließfächern, die Akustik.
Lösungen im Detail
Die Markenidentität von Sartorius ist gelb, beim Interior hat Mintdesign deshalb immer wieder gelbe Akzente gesetzt und mit den kanariengelben Teeküchen ein prominentes Farb-Highlight gestaltet. Neben vielen passgenau ausgesuchten Möbeln, wie ergonomischen Bürodrehstühlen von Wilkhahn, Pod-Sesseln von De Vorm oder Poufs von Softline, realisierte Mintdesign auch unzählige Individuallösungen, die von Tischler*innen speziell für das Sartorius-Büro geschreinert wurden.
Ein weiteres wichtiges Element, das sich positiv auf Raumklima und Akustik auswirkt, ist die Begrünung. Einzelne Pflanzen stehen locker verteilt zwischen Möbeln und Menschen, auf den Arbeitscontainern zwischen den Schreibtischen werden Pflanzkästen zur grünen Grenze und rollbare Regalmodule nehmen Topfpflanzen auf. Das Grün erzeugt Gemütlichkeit und wirkt als freundlicher Kontrast zur Industriearchitektur, die bewusst erhalten wurde und für ein besonderes Flair sorgt.Der behutsame Umgang mit dem Bestand in Kombination mit hochwertigen Materialien und langlebigem Mobiliar macht das Brauerei-Büro zu einem besonderen Konzept für besondere Nutzer*innen, findet auch Mintdesign: „Hier sind die besten Bedingungen für visionäres Denken an einem Innovationsstandort gegeben.“
FOTOGRAFIE Yves Sucksdorff Yves Sucksdorff