Projekte

Wenn der Zug auf sich warten lässt

von Claudia Simone Hoff, 27.07.2009


Eigentlich ist es ja so: Die schweizerische Bundesbahn (SBB) kommt nie zu spät. Ergo muss der Reisende auch nicht auf den Zug warten. Nun gibt es aber seit Juni 2009 eine Erste-Klasse-Lounge der SBB am Zürcher Hauptbahnhof. Und die dient dann auch nicht in erster Linie für das Warten auf verspätete Züge, sondern als (Business-)Treffpunkt, temporärer Arbeitsplatz oder schlichtweg zum Ausruhen und Innehalten im Trubel der Großstadt.



Auf dem Zürcher Hauptbahnhof – Knotenpunkt des nationalen und internationalen Verkehrs – tummeln sich täglich über 300.000 Reisende. Wohl auch deshalb lautete das vom Generalplaner Avireal vorgegebene Motto der Gestaltung der Lounge „Ruhe im Erlebnis Reisen“. Und dafür waren die denkmalgeschützten Räume gleich neben dem Restaurant „Au Premier“ – bis dahin beliebter Treffpunkt vieler Reisender – im zweiten Stock des Südtrakts des altehrwürdigen Bahnhofsgebäudes wie geschaffen. Und das nicht nur aufgrund der schönen Aussicht auf die Bahnhofstraße mit ihren luxuriösen Geschäften und pompösen Grand Hotels. Neben unzähligen Sitzgelegenheiten gibt es hier aktuelle Zeitungen und Zeitschriften, eine kleine Bar mit kostenlosen alkoholfreien Getränken und angenehme Toilettenräume.

1. Klasse bleibt 1. Klasse

Erste-Klasse-Lounges sind bisher vor allen von Flughäfen bekannt, wo sie den Fluggästen mit den teureren Tickets zur Verfügung stehen – beispielsweise die vom Designer Marc Newson gestalteten Lounges der australischen Fluggesellschaft Quantas in Sydney und Melbourne. Mithalten – und am besten auch noch die Marktanteile steigern – möchte die Bahn in Zeiten der Billigflieger und anderer unliebsamer Konkurrenten. Und wie ginge das besser als über erweiterte Serviceangebote? Leider nicht für jeden Reisenden, denn zur SBB-Lounge haben nur Personen Zutritt, die mit einem schweizerischen Erste-Klasse-General-Abonnement, einem internationalen Billet der ersten Klasse oder als Railteam-Vielfahrer reisen.

Mit der Allianz „Railteam“, die ein Zusammenschluss von führenden europäischen Bahnen darstellt, erhofft man sich eine Vernetzung untereinander, gerade auch im Servicebereich. Während die Lounge in der Schweiz die erste ihrer Art ist, gibt es solche Lounges bereits auf den Hauptbahnhöfen in Wien, Paris oder Berlin. Die vier Räume der Zürcher Lounge bieten Platz für bis zu fünfzig Personen. Insgesamt stehen im Loungebereich 44 Sessel und vier Plätze an der Bar zur Verfügung. An zwei Computer-Arbeitsplätzen kann der Vortrag vorbereitet und ausgedruckt, am eigenen Laptop mittels drahtlosem Internetzugang nach Informationen gesurft oder das Zugticket von den kundigen Mitarbeitern der Lounge umgebucht werden.

Farbenklang: Schwarz, Rot, Weiß

Betritt der Besucher die Lounge über den Fahrstuhl, fällt sofort der weiße, kubische Service-Desk ins Auge. Hier wird er begrüßt und in den Warte-, Arbeits- oder Barbereich geleitet. Ein Farbdreiklang von Schwarz, Rot und Weiß – der sich als Corporate Design der SBB durch die gesamte Lounge zieht – nimmt hier seinen Anfang. Kombiniert wird dieser Farbdreiklang mit einer grafisch klaren Form der ausgewählten Möbel, wie sie beispielsweise im schwarzen Raumtrenner, der sich hinter dem Empfangstresen befindet, zum Ausdruck kommt. Von hier aus gelangt der Reisende zum Sitzbereich der SBB-Lounge, der den größten Teil der Gesamtfläche einnimmt. Beide miteinander verbundenen Räume bestechen durch große Fenster zur Bahnhofstraße hin, während Entree, Bar und Toiletten ohne Fenster auskommen müssen.

Fast wie in den Alpen

Dieser Loungebereich, der vor allem zum Arbeiten und Relaxen bestimmt ist, wird durch die zahlreichen schwarzen kastenartigen Sessel bestimmt, die in gegenüberliegenden Dreiergruppen angeordnet sind. Über ihnen hängen ebenfalls schwarze Leuchtzylinder. Der Clou dabei: Im Inneren läuft ein Schweizer Alpenpanorama entlang, das von den roten Wänden aufgenommen wird – einem gefrästen Scherenschnitt ähnlich. Jede Leuchte ist zugleich Deckenfluter, Leseleuchte und hinterleuchtetes Bildmotiv.

Und während man den Blick zur Decke schweifen lässt, kommt einem vielleicht eine Kuriosität in den Sinn, die während der Umbaumaßnahmen zum Vorschein kam: ein Fahrplan aus dem Jahr 1907. Das wäre an sich noch nichts Besonderes, hätte er nicht als Füllmaterial der alten Decke gedient.
Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Architekten und Generalplaner

Avireal Total Facility Management

www.avireal.ch

Auftraggeber

Schweizerische Bundesbahnen SBB

www.sbb.ch

Restaurant „Au Premier“

www.au-premier.ch

Mehr Projekte

Arbeiten wie aus einem Guss

Fellowes stattet elf ergonomische Arbeitsplätze in der Hamburger Speicherwerkstatt aus

Fellowes stattet elf ergonomische Arbeitsplätze in der Hamburger Speicherwerkstatt aus

Inspirationen am Fleet

Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg

Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg

Eine Stadt aus Räumen

Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien

Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien

Tabula Casa

Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao

Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao

Nachhaltig auf allen Ebenen

Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam

Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam

Arbeiten in neuem Licht

BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert

BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert

Architekturwandel an der Alster

Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Kreative in der Konservenfabrik

Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom

Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom

Büro auf Abruf

Meeting Suites by Bene in Wien

Meeting Suites by Bene in Wien

Rohbaucharme und Ruhezone

Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava

Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava

Bestand und Weitblick

Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten

Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten

Massivholz und Mixed-Use

Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln

Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln

Zirkuläre Raute

Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Zukunft im Industriedenkmal

PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

Kalifornische Moderne

Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Zwischen White Cube und Colour Blocking

Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Flexibles New-Work-Office

Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Zirkuläre Metamorphose

Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Neue Rohheit

Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Mut zur Veränderung

INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

Alles im Kasten

Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne

Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach

Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz

Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik

Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise

Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon

Büroausbau von Civilian in New York City

Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau

Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte

Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne

Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte

Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte