Wiedergeburt einer Architekturikone
Die Kreativagentur Sid Lee zieht in ein Hochhaus von I. M. Pei

Wie praktisch, wenn eine Kreativagentur auch gleich ein Architekturbüro unter ihrem Dach hat. So gestaltete Sid Lee Architecture im Zentrum von Montreal mit dem Sid Lee Biosquare eine Firmenzentrale, die die Ideen des multidisziplinären Teams und das Stadtzentrum gleichermaßen neu belebt.
In der Skyline von Montreal gehört der Wolkenkratzer Place Ville-Marie, erbaut 1962 von Ieoh Ming Pei, zu den wichtigsten Landmarken. Er war einst das höchste Gebäude der Stadt, ja sogar von ganz Kanada. Inzwischen ist er, genau wie seine Umgebung, etwas in die Jahre gekommen. Die größte Untergrundstadt der Welt, über die der Place Ville-Marie mit seinen Nachbarbauten, Shoppingmalls und U-Bahnhöfen verbunden ist, würde man heute wohl nicht mehr so planen. Oberirdisch wirkten die Plätze rund um das Hochhaus mit dem kreuzförmigen Grundriss zuletzt verlassen, besonders seit mit der Royal Bank of Canada ein wichtiger Mieter aus den quadratischen Baukörpern auszog, die den Wolkenkratzer wie überdimensionierte Füße umgeben. Dank ihrer zurückgenommenen Glasfassade im Erdgeschoss wirken sie fast schwebend.
Revitalisierung der Innenstadt
Mithilfe des Projet Nouveau Centre möchte die Montrealer Stadtverwaltung zusammen mit dem Immobilienunternehmen Ivanhoé Cambridge die Gegend revitalisieren. Sid Lee Architecture betreute im Rahmen dessen in den vergangenen Jahren bereits mehrere Projekte. So sanierte das Büro das 1958 erbaute Fairmont The Queen Elizabeth Hotel. Auch an der Gestaltung des Esplanade PVM Glaspavillons, der die Untergrundstadt zur Straßenebene öffnet, sowie des Le Cathcart Restaurants et Biergarten war das Büro beteiligt.
Raum für Ideen
Das Potenzial der Sechzigerjahrearchitektur war den Planer*innen also nicht fremd. Mit dem Sid Lee Biosquare entwarfen sie ein neues Headquarter für die dem Architekturbüro übergeordnete Kreativagentur, das der postpandemischen Arbeitswelt gerecht wird und mit seiner Umgebung interagiert. Gelegen ist das Büro in der ersten Etage und drei der vier Nebenbauten des Place Ville-Marie. Die einstigen Bankräume bauten die Architekt*innen so um, dass sie sich zum autofreien Platz hin öffnen. „Wir haben uns den Raum als eine Erweiterung der Stadt und ihrer Energie vorgestellt“, sagt Jean Pelland, Hauptpartner bei Sid Lee Architecture. „Der Campus wird zu einer Plattform, die zu jeder Tageszeit aktiv ist, einem Ort, an dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenkommen, gemeinsam arbeiten und kreativ sein können.“
Licht von oben
Den Mangel an Fenstern gleichen Oberlichter aus, die das Team von Sid Lee Architecture teilweise vergrößern ließ. Eine leichte Stahlkonstruktion strukturiert die oberen Stockwerke mittels Mezzanine und Brücken. Sie ermöglicht Ausblicke in die um einen Lichthof angeordneten Arbeits- und Besprechungsräume. Zugleich erden die freigelegten Travertinböden den Entwurf. Massive Möbel im Erdgeschoss unterstreichen diese Wirkung.
Unendliche Möglichkeiten
Der Ausbau steht symbolisch für die Arbeitsweise der Agentur. „Der Biosquare ist ein gemeinsamer Mikrokosmos mit unendlichen Möglichkeiten, eine kollektive Welt, in der sich Berufe vermischen und die Grenzen zwischen Funktionen verschwimmen“, erklärt Jean Pelland. Sternförmig arrangierte der Architekt gemeinschaftliche Bereiche in der Mitte, während konzentriertes Arbeiten in den äußeren Räumen möglich ist.
Mit dem Umbau zeigt Sid Lee Architecture einen zeitgemäßen Umgang mit dem baulichen Erbe der Sechzigerjahre. Durch offene Raumstrukturen entsteht eine kommunikative Arbeitsatmosphäre, die die Basis ist für gute Ideen. Zugleich belebt die Agentur das Stadtzentrum und wird ein aktiver Teil der Nachbarschaft.
Ort | 12102 – 1 Place Ville Marie, Montreal, Quebec, Kanada |
Bauherr | Sid Lee |
Architekt Umbau | Sid Lee Architecture |
Architekt Place Ville Marie | I.M. PEI |
Fläche | 7.283 Quadratmeter auf sieben Stockwerken |
Lichtplanung | Lambert & Fils |
Bauunternehmer | Pomerleau |
Elektrik | Planifitech inc. |
Bauingenieure | Stantec |
Fotos | David Boyer & Maxime Brouillet |
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