Zuflucht fürs Licht
Neue innere Werte: Umbau einer rustikalen Schiefer-Scheune in der Bretagne.

Das aus der französischen Hauptstadt stammende Studio Modal Architecture hat sich aufs Land begeben und eine alte bretonische Scheune auf zurückhaltende Art in ein helles Künstleratelier verwandelt. Im Dialog mit dem Bestands-Ensemble bleibt es von außen nahezu unverändert, während innen eine Werkstatt, die Natur und viel Licht eingezogen sind.
Das kleine Steinhaus liegt in der Bretagne, am nordwestlichen Zipfel Frankreichs und damit in Luftlinie näher an England als an Paris. Was das launische Wetter belegt. Ganzjährig weht ein steifer Westwind durch den Landstrich, im Sommer heizen Böden und Steine sich binnen weniger Stunden in der Sonne auf. Der Atlantik bestimmt das Klima und sorgt dafür, dass Tiefdruck und Hochdruck so schnell wechseln wie die Gezeiten. Die lokale Bevölkerung kennt die Launen – und sucht Zuflucht hinter dicken Mauern, errichtet aus schweren, aus dem Boden der Umgebung gewonnenen Steinen.
Verborgene Qualitäten
Eines dieser so typischen Anwesen jener regionalen Baukultur ist der ehemalige Bauernhof im kleinen Dörfchen Saint-Cadou. Es gehört einem Künstler, der das Haupthaus mit seiner Familie bewohnt und zuletzt die alte angegliederte Scheune zu seinem Atelier umgestaltete. Bis dahin lag der funktionale Schutzraum aus dem 17. Jahrhundert brach, die kleinen Fensterluken ließen kaum Licht hinein, durch die Balkenholztür pfiff der Wind. Die gravierenden Veränderungen, die eine neue Nutzung forderte, sollte aber die Erscheinung des Gebäudes und auch die Harmonie des Ensembles nicht verändern – so lautete die Anforderung des Auftraggebers an die Projektarchitekten von Modal Architecture. Gwendal Hervé und Monique Bastos schlugen vor, dem Projekt zwei Gesichter zu verleihen: Das traditionelle, das nach außen weist, sowie das zeitgenössische, helle und moderne, das sich nur im Innern offenbart.
Glas und Schiefer
Die einzige auf der Außenseite sichtbare Veränderung ist der Einbau der Fenster. Die Öffnung der Wände übernahmen lokale Handwerker. Erfahren im Umgang mit dicken Schieferwänden integrierten sie sensibel sauber abgeschlossene Rechtecke in die Fassade. Die Fenster sind zurückgesetzt montiert und auf einer Ebene mit den Wänden des Innenraumes. Alle Rahmen, auch die der Tür, greifen die Farbe des Natursteins auf und sind in einem dunklen Anthrazit lackiert. Die äußerliche Renovierung und Neugestaltung ist konsequent dezent eingreifend.
Von grau zu gleißend weiß
Eine andere Welt erschließt sich beim Eintritt in das Atelier mit einem hellen, weiten Raum. Alle ehemaligen Funktionselemente der Scheune wurden entfernt, so dass der Werkraum von Grund auf nach den Vorstellungen des Auftraggebers realisiert werden konnte. Der natürliche Boden wurde durch einen Betonboden ersetzt, Luft einlassende Spalten im Baukörper wurden versiegelt, Balken verstärkt und die Wände gedämmt. Nicht zuletzt musste die Scheune auch noch an das Wasser- und Elektrizitätsnetzwerk angebunden werden. Wie eine innere Schale schmiegen sich die neuen Aufgaben in den Bestand.
Zurückhaltung herrscht auch bei der Möblierung. Stauraum für das Künstler-Werkzeug bietet ein Einbauschrank aus hellem Birkenholz, der sich auf einer Raumseite vom Boden bis zu den Dachbalken erstreckt. Grafische Akzente setzen die sternförmig ausgeführten Eingriffe der Türen. Entlang des Raumes bieten Tischflächen der Arbeit Raum, auf der gegenüberliegenden Seite ist unter dem nach Westen weisenden Fenster ein Schreibtisch installiert. Draußen liegt der Garten mit seinem satten Grün, das nun durch das Fenster in den Raum zu fließen scheint. Auch weiches, akzentuiertes Licht fällt durch das kleine Quadrat in den Raum, während das mittig auf einer Schrägseite platzierte Dachfenster für das allgemeine Helligkeitsniveau sorgt. Als Rückzugsort zum Arbeiten, aber auch als Ausstellungsraum und Treffpunkt ist das Gebäude durch seine in zwei Zeitaltern verwurzelten Ebenen Teil des kulturellen Kontextes geblieben: Die Schieferhülle führt den Dialog mit seiner Umgebung fort, während im Innern eine neue Erzählung beginnt.
FOTOGRAFIE Monique Bastos, Gwendal Hervé
Monique Bastos, Gwendal Hervé
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