Stories

Design für Kind und Kegel

Die Kids Design Week zeigte zum Salone erstmals Möbel und Spielzeug. Ein Modell für die Zukunft?

von Judith Jenner, 21.04.2015

Parallel zum Salone del Mobile fand in diesem Jahr in Mailand zum ersten Mal die Kids Design Week statt. Im Mailänder Technikmuseum zeigten die Aussteller Spielzeug und Möbel für Kinder in Form einer eigenen, kleinen Messe. Ein Modell für die Zukunft?

Amalia ist fünf und hat sich in ein schlichtes Holzauto verguckt. Mit emsiger Geduld lässt sie es eine Rampe herunterrollen. Ein paar Meter weiter sitzen ihre Eltern auf einem Sofa und schauen ihrer Tochter beim Spielen zu. So entspannt wie bei der Kids Design Week geht es bei den wenigsten Ausstellungen während der Mailänder Möbelmesse zu. Während auf dem Salone die Massen durch die aufgeheizten Messehallen drängen und sich Menschentrauben durch die Gassen der Zona Tortona schieben, herrscht an diesem Nachmittag im Museo Nazionale della Scienza e della Tecnologia Leonardo da Vinci eine angenehm lässige Atmosphäre – ein Ort zum Durchatmen.

Design zum Anfassen
2015 feierte die Kids Design Week in Mailand Premiere, eine Messe ausschließlich für Kindermöbel und –spielzeug. Der Ort ist gut gewählt: direkt an der Metro-Station Sant’Ambrogio mitten im Mailänder Zentrum lockt das Technikmuseum auch den Rest des Jahres Familien mit Veranstaltungen und einer auf junge Besucher ausgerichteten ständigen Ausstellung an. Flugzeuge hängen unter der Decke, man kann antike Segelschiffe in den großzügigen Ausstellungshallen bewundern. Auch als Ausstellungsort zur Designweek hat es sich schon früher bewährt: 2012 und 13 zeigte Tom Dixon hier seine Leuchten und Möbel.

Mehr Fläche für ein bekanntes Thema
„Das Thema Design für Kinder lag für uns in der Luft“, sagt Valentina Ciuffi, eine der Organisatorinnen, über ihre Motivation zu einer eigenen Kids Design Week. „Wir fanden es seltsam, dass es keinen eigenen Ausstellungsort für Design für Kinder auf der Möbelmesse gibt.“ So ganz stimmt das nicht: 2011 bis 2014 organisierten zum Beispiel der österreichische Designer Thomas Maitz vom Kindermöbellabel Perludi und die italienische Kuratorin Paola Noè von Unduetrestella Designroom Zom! ebenfalls eine Ausstellung mit Design für Kinder. Sie richtete eine 200-Quadratmeter-Wohnung mit Kindermöbeln und –spielzeug ein. Das gleiche Konzept war auch zur Vienna Design Week erfolgreich. 2015 war Unduetrestella im Superstudio Più in der Zona Tortona zu finden, allerdings mit weniger Platz. Schließlich standen den Ausstellern im Technikmuseum fast 1.000 Quadratmeter zur Verfügung.

Spielzeug und Möbel aus aller Welt
Für die Kids Design Week kamen Aussteller aus der ganzen Welt. Das Berliner Netzwerk Afilii brachte 21 Aussteller aus 10 Ländern mit, darunter einen wandelbaren Spielzeugbus aus Ungarn, Kindermöbel aus Frankreich oder bunte variable Sitzelemente aus Slowenien. Im Untergeschoss waren weitere Marken aus Italien oder den USA vertreten. Die meisten traten mit einem Produkt in Erscheinung. Global Player wie der holländische Kinderwagenhersteller Bugaboo waren ebenso dabei wie die Erfurter Jungdesignerin Julia Heinemann, die ihrem Bauklotzsystem Plattenbau das Raumempfinden von Kindern schulen will. Richard Lampert aus Stuttgart zeigte seine Kindermöbel wie das Schaukelpferd Rocker.

Ausprobieren erwünscht!
An vielen Ständen durften die Kinder ausprobieren, bauen oder klettern. Täglich fanden mehrere Workshops statt, die gut besucht waren. Aus den bunten, mit Magneten haftenden Schaumstoffdreiecken Tukluk bauten sie Höhlen. Ein überdimensionales Bett von Lago lud zum Hüpfen und zur Kissenschlacht ein. Auf dem Hof gab es Eis am Stiel und dazu Musik vom DJ. Und auch für die Großen gab es etwas, nämlich einen Austausch über die Herausforderungen beim Gestalten für Kinder. „Im Grunde sind wir alle noch Kinder und lieben es, die Welt aus ihrer Perspektive zu betrachten“, sagt Valentina Ciuffi. „Zum anderen sieht man sich damit konfrontiert, gegen Standardisierungen vorzugehen und Dinge zu kreieren, die die Spontaneität und Kreativität anregen, anstatt sie zu behindern.“ Katja Runge von Afilii fügt hinzu: „Wir wollen zeigen, dass es mehr gibt als Ikea oder bunte Piratenzimmer und zeigen stattdessen mitwachsende, strapazierfähige Möbel, die eine zeitlose Sprache sprechen und die Fantasie anregen.“

Konzept mit Zukunft?
Nach fünf Tagen in Mailand fällt ihr Resümee jedoch zurückhaltend aus. Zu wenig Fachbesucher und Architekten fanden den Weg ins Technikmuseum, wohl auch, weil die Veranstaltung nicht stark genug beworben wurde. Möglicherweise wäre für Mailand mit seinem fast unüberschaubaren Angebot an Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen ein Konzept wie beim Berliner DMY sinnvoller, wo Design für Kinder zwischen Ausstellungen für Erwachsene stehen – eben eine Designausstellung für die ganze Familie.

Alle Beiträge aus unserem großen Themenspecial Salone 2015 lesen Sie hier.

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Das große Designlines Special mit Persönlichkeiten, neuen Produkten und über eine Branche in Bewegung

www.designlines.de

Kids Design Week

http://kidsdesignweek.it

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