Innovation mit inneren Werten
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Frei geschwungen, schnell gegossen – der deutsche Industriedesigner Konstantin Grcic schreibt mit „Myto“ ein neues Kapitel in der Geschichte des „Stuhls ohne Hinterbeine“. Seine Weltpremiere feiert „Myto“ nun auf der heute in Düsseldorf eröffneten K-Messe.
„Den Panton Chair kann man nicht kopieren, dazu ist er einfach zu gut. Er ist eine Ikone, an der es nichts zu verbessern gibt“, sagt Konstantin Grcic über den schmissigen Sitz. Verner Panton, Protagonist der Pop-Ära, hatte mit seinem s-förmigen, erstmals in einem Stück gefertigten Plastik-Sessel von 1960 den internationalen Durchbruch geschafft. Nicht nur in der Designszene gilt der „Panton Chair“ als einer der wichtigsten Stühle des 20. Jahrhunderts. Grcic, selbst längst im Design-Olymp angekommen, traut sich nun, dem Thema Freischwinger ein neues, ganz eigenes Kapitel hinzuzufügen: Sein jüngster Entwurf namens „Myto“ feiert seine Weltpremiere vom 24. bis 31. Oktober auf der größten Messe der Plastikindustrie, der K-Messe in Düsseldorf.
Wie aus einem Stück gegossen, so wirkt „Myto“ auf den Renderings. Die Computergrafiken, denn Fotos gibt es bisher keine, zeigen schemenhaft die Silhouette des Modells, das aus dem Halbdunkel dämmert. Seine Linien scheinen wie aus einem Guss – und das sind sie auch tatsächlich, sie konturieren einen Monoblock aus dem bisher nur für Fahrzeuginnenräume und Haushaltswaren verwendeten Kunststoff namens Ultradur® Highspeed. Der Name ist Programm: Der Kunststoff fließt doppelt so schnell wie vergleichbare Typen und eignet sich daher auch für dreidimensionale Spritzgussmodelle. Seine Steifigkeit ermöglicht, dünnwandigere und stabilere Formen zu produzieren. „Das gibt mir eine ganz neue Freiheit für das Design“, so Grcic. Da weniger Lufteinschlüsse entstehen, die zu Ausschussware führen, wird zudem Material eingespart. Der niedrigere Schmelzpunkt macht die Herstellung zum einen kostengünstiger, zum anderen energieeffizienter – und den innovativen Werkstoff zum Träger des Ökoeffizienz-Siegels. Form follows Fertigung, das könnte Grcics jüngster Wurf sich auf die Fahne geschrieben haben, denn „Myto“ kommt so dynamisch rüber, wie er entstanden ist.
Begonnen hat alles mit einem Workshop, zu dem die BASF im Spätsommer 2006 renommierte Designer einlud. Die Aufgabe lautete, eine neue Verwendung für das aus der Automobil-Branche stammende Material zu finden. Das Büro KGID – Konstantin Grcic Industrial Design – nahm die Herausforderung an und machte sich an das Modell eines neuen Stuhltyps, der – soll er allen Kriterien stand halten – bei aller Alltäglichkeit noch immer als eine der Königsdisziplinen gilt. Es war schließlich Ludwig Mies van der Rohe, einer der herausragendsten Architekten des 20. Jahrhunderts, der einst sagte: „Es ist manchmal schwieriger, einen Stuhl zu entwerfen als ein komplettes Gebäude.“ Doch damit nicht genug. Zum neuen Material und der gewagten Form kam die extrakurze Entwicklungsphase. „Obwohl man ursprünglich nur Möglichkeiten für den Kunststoff Ultradur® Highspeed aufzeigen wollte, hat mein Büro diese Idee bis zur Serienreife weiter entwickelt, die der italienische Hersteller Plank nun produziert“, erzählt Grcic. „Und das in Rekordzeit von nur einem Jahr, normalerweise sind rund zwei bis drei Jahre nötig, um einen Stuhl fertig zu stellen. Das hat es so bisher im Design noch nicht gegeben.“ Die Eigenschaften des neuen Materials ausreizend legte das Büro einen markanten Monoblock hin, dessen Sitzfläche und Rückenlehne eine netzartige Struktur überzieht.
Nachdem Grcic seine Innovation Fachkreisen auf der K-Messe vorgestellt hat, reist der Debütant im Januar 2008 zur offiziellen Einführung in die Designwelt auf die IMM in Köln, um sich dann im April auf der Mailänder Möbelmesse „I Saloni“ zu präsentieren. Danach wird sich zeigen, ob „Myto“ mehr ist als ein weiterer Plastikstuhl. Und ob er das Zeug hat, einen Platz neben „Miura“ zu erobern: Der Kunststoff-Barhocker entstammt ebenfalls der Zusammenarbeit von Grcic und Plank und wurde 2006 in die ständige Kollektion des New Yorker Museums of Modern Art aufgenommen. Keine schlechte Vorlage.
FOTOGRAFIE KGID
KGID
Links
K Messe
www.k-online.deKonstantin Grcic Industrial Design – KGID
www.konstantin-grcic.comMehr Stories
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