Zeitloser Funktionalismus
Mid-Century in der zeitgenössischen Innenarchitektur
Aus der zeitgenössischen Architektur und Innenarchitektur ist das Phänomen Mid-Century nicht mehr wegzudenken. Projekte im Wohn- und Objektbereich sowie das heutige Produktdesign zitieren gerne die Formensprache der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Was erklärt den Reiz der Epoche? Aktuelle Fallbeispiele geben Antworten.
Wenn es um ein filmisches Vorbild für den Mid-Century-Stil geht, erinnert man sich gerne an die Serie Mad Men. In sieben Staffeln erzählt sie die Geschichte der Werbeagentur Sterling Cooper im New York der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Das Setdesign ist ein Traum für Fans des Einrichtungsstils der Nachkriegszeit. Oft werden die Formensprache und Materialität der Epoche als Inspirationsquellen genannt für zeitgenössische Projekte oder Möbel, die den Stil des Mid-Century, oder auch Mid-Century Modern (MCM), zitieren. Naturmaterialien wie Holz oder Marmor, organische Formen sowie Details aus Messing oder Chrom erinnern an das Nachkriegsdesign.
Der Begriff und sein Ursprung
Der Begriff „Mid-Century Modern“ wird der amerikanischen Journalistin Cara Greenberg zugeschrieben. Sie veröffentlichte 1983 unter diesem Titel das erste Überblickswerk und ergänzte die bis dahin wenig bekannte Bezeichnung mit „die Möbel der Fünfzigerjahre“. Mit ihrem Begriff knüpft sie an die Moderne des Bauhauses und Le Corbusiers an, ohne sich zeitlich zu sehr festzulegen. So können auch noch die Vierziger- oder Siebzigerjahre mit dem Begriff gemeint sein.
Globales Phänomen
Dass es sich bei der Begeisterung für den Mid-Century-Stil bis heute um ein weltumspannendes Phänomen handelt, zeigt der „Atlas of Mid Century Modern Houses“ von Dominic Bradbury. Die Neuauflage erscheint am 7. Oktober 2021 bei Phaidon und zeigt 400 Häuser aus 40 Ländern.
Wurzeln in Kalifornien
Ein Schwerpunkt des MCM liegt in Kalifornien. Architekt*innen wie Richard Neutra oder Charles und Ray Eames wählten die Gegend um Palm Springs nicht nur als Wohn-, sondern auch als Wirkungsstätte. Käufer*innen sind die Bauten bis heute viele Millionen Dollar wert. So erwarb im September 2021 die US-Moderatorin Ellen DeGeneres für 8,5 Millionen Dollar ein Anwesen in Beverly Hills, das von dem Architekten Robert Skinner in den Sechzigerjahren entworfen wurde – inklusive des passenden Interiors.
Modernismus-Trend in Down Under
Ein weiterer Hotspot des Mid-Century befindet sich in Australien. Die Bauten von Architekten wie Harry Seidler, Robin Boyd und Hugh Buhrich aus den Vierziger- bis Sechzigerjahren haben Kultstatus. In der Innenarchitektur knüpfen Büros wie Kennedy Nolan an das architektonische Erbe an. Ihr Kagan House zeigt, wie ein zeitgemäßer Umbau gelingen kann. Für Möbel, Textilien und Wände verwendeten sie Nuancen von Oliv- und Smaragdgrün. „Wir wollten einen visuellen Charakter entwickeln, der sich aus dem Erbe der Melbourner Moderne ableitet, der aber auch einen eindeutigen zeitgenössischen Ausdruck darstellt“, erklären die Architekt*innen. Sie tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass Gebäude dieser Zeit erhalten bleiben, indem sie sie an die Bedürfnisse ihrer neuen Bewohner*innen anpassen. So helfen sie, das architektonische Erbe dieser Zeit zu bewahren, denn längst nicht alle Häuser stehen unter Denkmalschutz.
Europäisches Erbe
Wie sich das MCM-Revival im Objektbereich widerspiegelt, zeigt das Traditionscafé Göbel in Neuburg an der Donau von Reimann Architecture. Im Mittelpunkt des brezelförmigen Grundrisses steht ein Tresen mit abgerundeten Kanten. Die Lamellentäfelung aus amerikanischem Nussbaumholz trifft auf Kacheln von Sebastian Herkner. Auch das polnische Design-Team Zuza und Piotr Paradowski ließ sich vom Mid-Century-Stil inspirieren, als es in Krakau das dortige Puro Hotel umgestaltete. In Kooperation mit jungen Künstlern und Designer*innen überarbeiteten sie die Inneneinrichtung des Hauses. Inspirationen lieferte dabei das sozialistisch-modernistische Erbe der Stadt.
Arbeiten wie Don Draper
Das Londoner Studio Daytrip bediente sich für die Gestaltung des Büros einer Medienagentur am modernistischen Stil. Für eine entspannte Arbeitsatmosphäre entwarf das Daytrip-Team in einer ehemaligen Lagerhalle eine ungewöhnliche Mischung aus Office und Boudoir. Originalobjekte aus den Sechziger- und Siebzigerjahren treffen auf Stoffe aus den Zwanzigern sowie auf zeitgenössisches Design. Sie wurden nicht nur nach der Optik ausgewählt, sondern mussten einem Bequemlichkeitscheck durch die Architekt*innen und die Mitarbeitenden standhalten. Don Draper aus Mad Men würde sich dort bestimmt wohlfühlen.
Beobachter*innen erklären sich den anhaltenden Erfolg von Mid-Century Modern mit seiner funktionalen Zeitlosigkeit. Sie geht oft mit natürlichen Materialien einher, die eine angenehme Atmosphäre schaffen. Zugleich steht der Stil für eine Zeit des Aufbruchs, für eine Generation, die die Gesellschaft zum Positiven verändern wollte. Dieser frische Wind ist spürbar, wenn sich Innenarchitekt*innen und Designer*innen Stilelemente dieser Zeit für ihre Projekte borgen. Gleichzeitig schaffen sie eine vertraute Atmosphäre.
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