Der Traum des Verpackungskünstlers
Christos verhüllter Triumphbogen in Paris
Christos künstlerischer Lebenstraum war lange Zeit ein utopisches Hirngespinst. Denn eigentlich hatte er sich schon damit abgefunden, dass er niemals die Genehmigung zur Verhüllung des Pariser Triumphbogens erhalten würde. Als seine Pläne im Oktober 2018 jedoch dem Präsidenten Emmanuel Macron vorgelegt wurden, gab es schon drei Monate später grünes Licht. Macron ließ es sich auch nicht nehmen, das Projekt am 16. September persönlich zu eröffnen und salutierte dem „verrückten Traum“ des Künstlers und seiner Frau Jeanne-Claude.
Beide können ihrem endlich vollendeten Lebenswerk nicht mehr beiwohnen, aber das zentrale Element ihrer exakten Planung konnte immerhin Christo bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr noch eng begleiten. Akribisch verfolgte er, wie die detaillierten Ingenieurarbeiten an einem Nachbau der Aussichtsterrasse des Triumphbogens ausprobiert wurden. Auch das blau-graue Gewebe aus vollständig recycelbarem Polypropylen, das die circa 25.000 Quadratmeter des Triumphbogens verhüllt, bestellte Christo bei einem Unternehmen im Münsterland. Eine Firma aus Lübeck wickelte die 16 Meter breiten Stoffbahnen mit Hilfe von 95 Kletter*innen nach Christos Plänen um das Monument. Von weitem muten sie jetzt wie das drapierte Gewand einer griechischen Göttin an, welches die zahlreichen Ornamente des Triumphbogens verdeckt und seine markante Bogenform umspielt.
In Scharen pilgern die Menschen nun zu Christos posthumem Werk und die pandemiegebeutelte Champs-Élysées ist plötzlich wieder voll mit Tourist*innen. Aber natürlich stören sich auch viele Pariser*innen daran, dass eines der wichtigsten Wahrzeichen ihrer Stadt so entfremdet wurde. Beruhigend finden diese allerdings, dass das 14 Millionen Euro teure Projekt durch den Verkauf von Christos Studien, Zeichnungen und Modellen finanziert wurde und insgesamt nur 16 Tage zu sehen ist – denn am 4. Oktober wird das Pariser Wahrzeichen schon wieder ausgepackt. jh
christojeanneclaude.net