Zwischen Utopie und Dystopie
Benedikt Hartls Opposite Office

Architekt*innen blicken in der Regel häufig in die Zukunft und lassen gesellschaftliche und politische Entwicklungen in ihre Entwürfe einfließen. Benedikt Hartl, der 2017 das aktivistische Opposite Office in München gründete, geht noch einen, wenn nicht sogar mehrere Schritte weiter. Als Reaktion auf den Sturm auf das US-amerikanische Kapitol am 6. Januar 2021 schuf er eine Dystopie. Der Sitz des Kongresses wird zur Festung. Massive Wände sollen das Gebäude abgrenzen und einmauern. Denn nur so kann sich eine Demokratie vor Angriffen schützen. Eine pessimistische Vision, die der Architekt damit zeichnet. Die Mauern spalten das Volk noch mehr, es kommt zur Abschottung und Ungerechtigkeit. Der Entwurf Capitol Castle ist als Provokation und Anregung gedacht.
In einem Spiegel-Interview kritisiert Benedikt Hartl, dass es an grundlegenden Ideen fehlt, wie mit Klimawandel, Transformationsprozessen und Migration umgegangen werden soll. Zu spät, zu teuer, nicht nachhaltig. „Wir haben einen Überfluss an Gebäuden, auch deshalb müssen wir Architektur neu denken – und zwar postfunktionalistisch, eben spekulativ“, sagt er.
Bereits vor zwei Jahren sorgte ein radikaler Vorschlag von Hartl für internationale Reaktionen. Im Buckingham Palace in London könnten nach einem Umbau bis zu 50.000 Menschen in günstigen Wohnungen leben. Er nannte es Affordable Palace und fragte sogar an, ob das Modell im königlichen Palast ausgestellt werden könne. Doch seine Utopie zu bezahlbarem Wohnraum in einer der teuersten Städte der Welt bezeichnete manch einer als „Mäjestätsbeleidigung“.

In der Corona-Pandemie erarbeitete der Architekt eine weitere Idee, die weniger provokant als schlichtweg funktional war. Der damals noch leerstehende Flughafen BER könnte in kurzer Zeit zum Superhospital umgebaut werden, um an Covid-19 erkrankte Patienten aufzunehmen und die anderen Kliniken zu entlasten. Das Konzept wäre auf unterschiedliche Orte übertragbar und könnte auch eine Hilfe für weitere europäische Länder darstellen. Benedikt Hartl hatte seinen Vorschlag sogar an Gesundheitsminister Jens Spahn geschickt. Der BER eröffnete schließlich Ende Oktober 2020 in seiner regulären Funktion und kämpft derzeit mit einer geringen Auslastung und finanziellen Problemen.
www.oppositeoffice.com
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