Hochzeit zweier starker Charaktere
Das Designduo Doshi Levien über seine Zusammenarbeit mit Arper

Partner: Arper
Mit dem modularen Sofa Shaal hat das Londoner Designduo Doshi Levien das Herzstück einer Kollektion für Arper geschaffen, die in diesem Jahr um ein Daybed, einen Pouf und einen Sessel erweitert wurde. Die Beistelltische Roopa ergänzen die Sitzmöbel und folgen einem ähnlichen Konzept. Im Rahmen eines Gesprächs während der Milan Design Week verrieten uns Nipa Doshi und Jonathan Levien mehr über das Konzept hinter den Entwürfen und ihre Grundsätze von Farbe, Textur und Schönheit.
In diesem Jahr stehen die Erweiterung Eures modularen Sofas Shaal sowie die Beistelltische Roopa im Mittelpunkt. Aber wie kam es überhaupt zur initialen Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Arper?
Nipa Doshi: Im Jahr 2020 haben wir Arper kennengelernt, als wir Ehrengäste auf der Stockholmer Möbelmesse waren. Dort hatten wir eine Installation all unserer Werke und unseres Arbeitsprozesses geschaffen. So kam der erste Kontakt zustande – und das obwohl wir in London quasi Nachbarn sind. Wir selbst sind im Barbican zu Hause und oft am Arper-Showroom vorbeigelaufen. Wir mochten schon immer die Klarheit, Leichtigkeit und den Einsatz von Farbe in den Entwürfen. Es fühlte sich wie eine sehr natürliche Kooperation an, da das Unternehmen für Präzision und Schönheit steht.
Wie lautete Euer erster Auftrag im Rahmen dieser Zusammenarbeit?
Jonathan Levien: Wir haben tatsächlich einen sehr spezifischen Auftrag erhalten. Es ging darum, wie sich Lebensumfelder derzeit wandeln und wie sich auch die Erwartungen der Menschen dadurch verändern. Arper war aus unserer Sicht stets ein Hersteller, der Büromöbel entwickelt. Doch in jüngster Zeit erhalten Arbeitsräume mehr und mehr eine wohnliche Atmosphäre. Das könnte eine Folge der Pandemie sein, aber eventuell war es auch eine unvermeidbare Entwicklung. Menschen wollen eine entspanntere, komfortable Umgebung, die Schönheit und Sinnlichkeit widerspiegelt. Diese Tendenzen haben wir in unsere Entwürfe für Arper einfließen lassen. Es ging von Anfang an darum, eine vollständige Umgebung zu gestalten. Wir wollten nicht einzelne Produkte entwerfen, sondern stellten uns die Frage: Wie können wir durch eine Reihe von Objekten eine vollwertige Atmosphäre schaffen?
Die Pandemie hat die Vorstellungen davon, wie Menschen leben und arbeiten wollen, verändert. Wie zeigt sich das im Design?
Jonathan Levien: Menschen verbringen mehr Zeit zu Hause und haben daher auch mehr investiert, um sich eine entsprechende Umgebung zu schaffen. Sie möchten dort nicht nur leben, sondern auch ihre Arbeit machen können. Dieses Bedürfnis nach Komfort nehmen die Leute nun mit ins Büro. Daher wird Wohnlichkeit auch in Arbeitsräumen erwartet.
Nipa Doshi: Ich glaube, dass die Pandemie die Vorstellung von Effizienz im Büro enorm verändert hat. Du kannst zu Hause in gemütlicher Kleidung auf einem schönen Sofa sitzen und sehr gute Ergebnisse abliefern. Das hat sogar eine Auswirkung auf die Mode. Menschen gehen jetzt auch mal in Alltagskleidung ins Büro.
Die Kollektion besteht aus einer von Euch eigens kuratierten Farbpalette und speziellen Materialkombinationen. Was steckt dahinter?
Nipa Doshi: Sowohl beim Sofa als auch beim Tisch ist das übergreifende Thema das Zusammenspiel von Materialität und Texturen. Die Farbsynergie zieht sich als roter Faden durch beide Entwürfe.
Jonathan Levien: Wir hatten die Idee, eine Verbindung von Gegensätzen in einem einzelnen Objekt zu schaffen. Der Gedanke hinter der Farbauswahl war es, flexible Möglichkeiten anzubieten, aber dabei eine gewisse Simplizität zu bewahren. Darin steckt eigentlich auch eine Art Widerspruch oder Kontrast. Die Farbkombinationen haben wir bereits vorausgewählt, was wir in der Regel nicht machen. So nehmen wir den Kund*innen die Entscheidung ab, aus einem endlosen Meer an Möglichkeiten aussuchen zu müssen.
Nipa Doshi: Shaal besteht aus einer harten Schale, die beispielsweise mit Leder bezogen wird. Die weiche Polsterung hat denselben Ton, nur als Stoffvariante. Das gleiche Konzept haben wir auf die Tische Roopa übertragen. Sie haben eine spiegelnde Hochglanz-Oberfläche und ein Gestell im selben Ton, nur in matter Ausführung. Indem man die Textur ändert, ändert man auch die Farbe des Materials – oder zumindest die Wahrnehmung. Der Einsatz von Farbe ist für viele gleichbedeutend mit dem Begriff „farbenfroh“. Aber man kann Farbe durchaus behutsam und gezielt einsetzen.
Die Materialien stehen also klar im Mittelpunkt. Welche Rolle spielte dabei das Thema Nachhaltigkeit?
Jonathan Levien: Nachhaltigkeit war von Anfang an einer der wichtigsten Entwurfsaspekte. Das bringt natürlich Einschränkungen mit sich, aber auch Möglichkeiten.
Nipa Doshi: Produkte müssen nicht nachhaltig aussehen, sie müssen es sein. Dem Sofa sieht man gar nicht an, dass es in einzelne Komponenten zerlegt werden kann. Alles wird nahezu nahtlos miteinander verbunden – ohne den Gebrauch von Klebstoff. Doch der wichtigste Aspekt ist die Qualität. Es gilt, Produkte zu erschaffen, die zwanzig, dreißig oder vierzig Jahre lang genutzt werden können. Da spielen die Produktion und Handwerkskunst eine Rolle und die Tatsache, dass Arper unsere Entwürfe vor Ort in Italien herstellt. All das macht Nachhaltigkeit aus, nicht nur die Materialien.
Nipa Doshi, Du hast die Zusammenarbeit zwischen Arper und Euch als „Hochzeit zweier starker Identitäten“ bezeichnet. Worin liegt die Herausforderung, wenn zwei charakterstarke Entitäten miteinander verschmelzen?
Nipa Doshi: Ich würde es nicht als Herausforderung, sondern als große Chance bezeichnen. Unser Studio hat einen Designansatz, der auf Form, Sinnlichkeit und konzeptuellem Denken basiert. Unsere Arbeit wird von unserer Herangehensweise und nicht von einem bestimmten Stil geprägt. Arper war in der Hinsicht sehr offen. Dennoch waren wir uns der Identität des Unternehmens, der Klarheit und Genauigkeit der Produkte, bewusst. All das haben wir natürlich einfließen lassen. Ich finde, man kann ganz gut erkennen, dass sich unsere Entwürfe selten ähneln, da wir für jeden Hersteller versuchen etwas zu entwickeln, das gut zu ihm passt – aber dabei gleichzeitig auch unsere Identität trägt.
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