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Junge Designer*innen sorgen für frischen Wind in Köln – Teil 2

Kölns junge Gestalter*innen sind vielseitig talentiert, gut vernetzt und mischen die Designszene kräftig auf. Im ersten Teil unseres Specials haben wir bereits einige von ihnen vorgestellt. Nun blicken wir ins Kreativviertel Ehrenfeld und verraten, was Nachhaltigkeit sexy macht.

von Kathrin Spohr, 11.02.2025

Ohne Firlefanz
Alexander von Dombois entwickelt Möbel, Wohnaccessoires und Leuchten. Tünn und Schäl nennt er ein Möbelpaar aus Stuhl und Tisch, das von Jan Kurtz hergestellt wird. Die Möbel sind schlicht, gefertigt aus robustem Eichenholz, leicht und langlebig. Benannt nach den kölnischen Humorfiguren Tünnes und Schäl stehen sie für bodenständige Einfachheit, Charme und Geselligkeit. Man könnte meinen, diese Namensgebung sei symptomatisch für einen Urkölner. Allerdings stammt Alexander von Dombois aus Südafrika. Mit einem Studienabschluss in Grafik- und Produktdesign an der Ecosign Akademie für Nachhaltiges Design in Köln bringt er vielfältige kreative Erfahrungen in seine Arbeit ein. Inspiriert von Archäologie und traditionellem Handwerk experimentiert er mit neuen Materialien und Fertigungstechniken, aber auch ganz klassisch mit Holz und Metall. „Es geht mir darum, Dinge zu gestalten, die Freude bereiten. Und um einen respektvollen Umgang mit dem, was uns umgibt – ohne Firlefanz“, erzählt er.

Lekker Ehrenfeld
Bei von Dombois, der sein Studio im Kreativviertel Ehrenfeld betreibt, zeigt sich die Bedeutung eines vielschichtigen, lebendigen Netzwerks besonders deutlich. Zu seinem gehören Designer wie Thomas Schnur, der ihn als Dozent an der Ecosign Akademie unterrichtete, oder namhafte Kölner Büros wie Gerdesmeyer Krohn und Kaschkasch, für die er bereits gearbeitet hat. Sie alle sind mittlerweile in Ehrenfeld verankert, einem Veedel, das früher ein bedeutender Industriestandort war und bis heute viele Handwerksbetriebe beheimatet. „Ich bin in der Werkstatt eines Werbetechnikers eingemietet und schätze den Austausch zwischen den verschiedenen Gewerken sehr. Projektweise greife ich auf die Expertise weiterer Werkstätten zurück – etwa auch eine Schreinerei in der Nachbarschaft, um Details zu entwickeln“, sagt von Dombois. So ist gerade der Rollhocker Scala entstanden, den er zu seiner Passagen-Ausstellung Lekker Objects – in Südafrika ist „lekker“ ein Ausdruck für schöne Dinge und Freude – erstmals präsentierte. Präzise gefertigt aus Eichenholz ist der Hocker ein wahrer Alleskönner – mit Überraschungsfaktor. Denn er gleitet spielend leicht über jeden Boden, dank versteckter, stabiler Kugelrollen aus Polyurethan. Sobald man sich auf ihn setzt oder stellt, bleibt der Hocker aber verlässlich stehen. „Scala ist inspiriert von den praktischen und oft verschrabbelten grauen Tritthockern, die man in den Gängen von Supermärkten findet“, so von Dombois. Ob als Tritt, bequemer Sitzhocker oder eleganter Beistelltisch – der neue Entwurf bringt funktionale, nüchterne Arbeitsmöbelästhetik in eine stilvolle, wohnliche Gestalt.

Nachhaltigkeit, kein Mangel!
Für seine clevere Minigarderobe JAK, die von der Kölner Manufaktur Rahmlow produziert wird, wurde Felix Angermeyer bereits im Rahmen der ICONIC AWARDS: Innovative Interior ausgezeichnet. Mit seinem Studio DS.FA setzt auch er auf eine umfassende Herangehensweise – im Sinne der Nachhaltigkeit. Für den studierten Produktdesigner gehört es dazu, Produktion und Montage als Teil des Gestaltungsprozesses mitzudenken. „Wie lässt sich echte Nachhaltigkeit auch ‚sexy‘ machen?“ lautet Angermeyers aktuelle Fragestellung, deren mögliche Antwort seine neue Kollektion The given New liefert. Sie kombiniert minimalistische Ästhetik und ressourcenschonende Produktion. Dazu gehört der Beistelltisch HIT. Nachhaltig ist er, weil Angermeyer hier Platten aus recyceltem Kunststoff werkzeuglos und zerlegbar miteinander verbindet. Dies ermöglicht eine effiziente Herstellung, Lieferung und Reparatur. Durch das Spiel mit Größe und Position der Elemente lebt HIT von Einfachheit, durchdachten Proportionen und funktionalen Versätzen.

Exzentrische Objekte und Nachwuchsförderung
Pablo Octavio, eigentlich Pablo Octavio Schneider Motjér, ist ein deutsch-spanischer Designer mit ebenfalls multidisziplinärem Studio. Seine Arbeiten umfassen Innenarchitektur, Bühnenbild sowie das Design von Sammlermöbeln und Objekten. Kräftige Farben, organische Formen und raue Texturen zeichnen seine Produkte aus. Ein gutes Beispiel dafür ist sein Loungechair Lapis Lazuli, der so wirkt, als sei er aus einem Felsblock geschlagen und blau bemalt worden. Er besteht jedoch aus weichem Schaumstoff. Schneider Motjér bearbeitet das Material in einer eigenen Reißtechnik, sodass sich steinartige Formen und Strukturen ergeben. Seit Neuestem ergänzt er sein Spektrum um das Kuratieren von Ausstellungen: Unter dem Titel Specular hat er zusammen mit dem Designer Heiko Bauer aus Düsseldorf zur Vienna Design Week 2024 und zu den Passagen 2025 Gruppenausstellungen organisiert, die aufstrebenden deutschen Designer*innen sämtlicher Bereiche eine Plattform bieten. „Wir möchten mit Specular weiter auf Tour gehen und vor allem internationale Designfestivals besuchen“, sagt Schneider Motjér entschlossen.
Mit geschicktem Networking und globalen Kontakten erobern Kölns Design-Newcomer*innen die Welt.

Lesen Sie auch: 

DESIGN ALS KLEBSTOFF
Junge Gestaltende sorgen für frischen Wind in Köln – Teil 1 

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Links

Alexander von Dombois

alexandervondombois.de

Felix Angermeyer

www.felixangermeyer.com

Pablo Octavio

pablo-octavio.com

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