Ästhetische Stilreise
Innenausbau einer Münchner Stadtvilla von Frédérique Desvaux
Unter dem Dach einer Münchner Stadtvilla vereinte die Innenarchitektin Frédérique Desvaux in einem aufwendigen Gestaltungsprozess gegensätzliche Stilrichtungen zu einem stimmigen Gesamtkonzept. Details wie die als Möbel designte Treppenbrüstung tragen zu einer speziellen Raumatmosphäre zwischen Opulenz und Minimalismus bei.
In einem Villenviertel im Münchner Süden bekam Frédérique Desvaux den Auftrag für den Innenausbau einer typischen Neubauvilla. Einen maßgeblichen Ausgangspunkt für den Planungsprozess mit der modeaffinen Bauherrin bildeten die textilen Ausstattungen. „In Vorhängen und Polsterbezügen drückt sich das Farbkonzept aus, das letztlich die Basis war für die Auswahl vieler Materialien und Möbel“, erklärt die Innenarchitektin.
Prozesshafte Entwicklung
In einer intensiven Zusammenarbeit, die vom ersten Gespräch bis zur Fertigstellung zweieinhalb Jahre dauerte, erstellte Frédérique Desvaux immer wieder neue Modelle, Prototypen sowie Farb- und Materialcollagen. Die Entwürfe sammelte sie in einem Lookbook, um der Bauherrin die prozesshafte Entwicklung zu vermitteln und sie bei der Planung für ihr 600 Quadratmeter großes Haus mitzunehmen. Die erwachsenen Kinder sind häufig zu Gast und sollten jeweils ein eigenes Zimmer bekommen – wie auch die Hunde der Bauherrin.
Internationale Einflüsse
„Meine Auftraggeberin reist gerne und viel. In ihrem Haus sollten sich daher Referenzen an ganz unterschiedliche Epochen und Regionen wiederfinden“, erläutert Frédérique Desvaux. Es galt, zeitgenössisches Design aus Mailand, kassettierte Wandvertäfelungen amerikanischer Villen sowie Elemente des französischen Art déco stimmig zusammenzuführen.
Das Entree entstand nach einer Inspiration aus den USA. Mit ihren kassettierten Einbauten sind die Räume eine Referenz an die barocke Schlösserarchitektur. Wie in einem Historienfilm integrierte die Innenarchitektin in diese Konstruktionen versteckte Türen. So sind die Zugänge zum Hundezimmer, zur Ankleide und zum Abstellraum nicht sichtbar. Auch Schränke öffnen sich grifflos. Die notwendige Technik brachte Frédérique Desvaux in etwas breiteren Mittelstegen unter: in horizontalen Holzleisten, die die Oberflächen zusätzlich strukturieren. Das dunkle Fischgrätparkett bildet einen markanten Kontrast zu den weiß gestrichenen Einbauten. Dank ihrer farblichen Zurückhaltung überlassen sie dem Mobiliar in zarten Rosatönen die Bühne. Diese Farbgebung setzt sich auch im Garten fort, wo Rhododendren das Designkonzept erneut aufgreifen.
Brüstung als Möbel
Ein modernes Pendant zum Entree bildet die Treppenbrüstung. Die vor Ort lackierte Konstruktion aus einem Multiplex-Holzwerkstoff strukturiert den Raum. Ausgehend von einem Sideboard geht der Einbau in ein Bücherregal über und schwingt sich dann als Treppenbrüstung in den ersten Stock hinauf. Bis die optimale Form gefunden wurde, bedurfte es mehrere Modelle, anhand derer die Innenarchitektin mit ihrem interdisziplinären Team gestalterische Herausforderungen löste.
Im Obergeschoss befindet sich das Schlafzimmer der Bauherrin. Auch hier zeigt sich ihr Faible für schöne Stoffe. Der über Eck eingebaute Kleiderschrank ist mit textilen Türen versehen. Seine Kante sparte Frédérique Desvaux aus und installierte stattdessen eine goldfarbene, halbrunde Nische mit einem hinterleuchteten Spiegel als Schminktisch im Stil der Zwanzigerjahre. Seitlich lassen sich weitere Fächer aufklappen. Einen modernen Kontrast dazu bildet das Bad mit der freistehenden Wanne von antoniolupi. Ein Spiegel reflektiert das Türkis der Dusche mit Hamam. In den Mosaiken fing die Architektin das Glitzern des Lago Maggiore ein – ein Lieblingsort der Bauherrin.
Spagat zwischen den Stilen
Die Zimmer der erwachsenen Kinder sind modern eingerichtet. Weil die Dachschräge im Zimmer der jüngeren Tochter keinen Platz für einen Schrank bot, plante Frédérique Desvaux passgenau ein Sideboard mit einer in der Decke verankerten Kleiderstange aus Messing. Mit der Gestaltung der Münchner Stadtvilla gelang Frédérique Desvaux ein ästhetischer Spagat zwischen unterschiedlichen Stilen und Einflüssen. Raumbildende Einbauten spiegeln die Persönlichkeit der Bauherrin wider, lassen Raum für Überraschungen und unkonventionelle Lösungen.
FOTOGRAFIE Oliver Jung
Oliver Jung
| Projektname | Stadtvilla München |
| Innenarchitektur | Frédérique Desvaux |
| Team | |
| Konzept und Entwurf | Frédérique Desvaux |
| Visuelle Kommunikation | Julian Schmidt |
| Technische Zeichnungen | Maria Singer |
| Prototypen & Modelle | Karl Heinz Jung |
| Fotografie | Oliver Jung |
| Visualisierungen | Raphael Sclisizzi, Martin Wühr |
| Fertigstellung | Februar 2021 |
| Fläche | 600 Quadratmeter |
| Tischlerarbeiten | Deutsche Werkstätten Hellerau |
| Badewannen & Waschbecken | antoniolupi |
| Fliesen | Sicis |
| Textilien | Hermès, Dedar, Élitis, Jim Thompson |
| Wandfarben | Farrow & Ball, Little Greene |
Mehr Projekte
Ein Zuhause aus Licht und Pflanzen
Umbau einer Sechzigerjahre-Wohnung in Mailand von SOLUM
Wohnen in Blockfarben
Umbau einer Scheune bei Barcelona von h3o Architects
Olympisches Raumspiel
Reihenhaus-Renovierung im Olympischen Dorf München von birdwatching architects
Ganz der Kunst gewidmet
Atelier für eine Malerin in Germantown von Ballman Khapalova
Heiter bis holzig
Zweigeschossiges Wohnhaus mit Farbakzenten im Hudson Valley von nARCHITECTS
Kreative Transformationen
Nachhaltiges Bauen mit regionalen Ressourcen und innovativen Produkten von JUNG
Von der Enge zur Offenheit
Filmreifer Wohnungsumbau in Madrid von GON Architects
Leben im Schweinestall
Historisches Stallgebäude wird modernes Familienheim
Surferträume im Reihenhaus
Umbau eines Sechzigerjahre-Wohnhauses in Norwegen von Smau Arkitektur
Wabi-Sabi am Hochkönig
Boutiquehotel stieg’nhaus im Salzburger Land von Carolyn Herzog
Faltbarer Transformer
Ein ländliches Wochenendhaus in Argentinien von Valentín Brügger
Funktionale Fassaden
Verschattung im Bestand und Neubau
Wohnhaus in Kurvenlage
Neubau mit rundem Garten in Südkorea von Sukchulmok
Palazzo mit Patina
Umbau eines apulischen Anwesens durch das Architekturbüro Valari
Alte Scheune, neues Leben
Historisches Gebäude in Tübingen wird zu modernem Wohnraum
Gebaut für Wind und Wetter
Ferienhaus im schwedischen Hee von Studio Ellsinger
Ein Dorfhaus als Landsitz
Wohnumbau von Ricardo Azevedo in Portugal
Ein offenes Haus
Feministischer Wohnblock Illa Glòries von Cierto Estudio in Barcelona
Harte Schale, weicher Kern
Unkonventionelles Einfamilienhaus in Mexiko von Espacio 18 Arquitectura
Zwischen Bestand und Zukunft
Umbau einer Kölner Doppelhaushälfte durch das Architekturbüro Catalanoquiel
Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur
Baden unter Palmen
Studio Hatzenbichler gestaltet ein Wiener Loft mit Beton und Grünpflanzen
Maßgeschneidertes Refugium
Georg Kayser Studio verbindet in Barcelona Altbau-Charme mit modernem Design
Rückzugsort im Biosphärenreservat
MAFEU Architektur entwirft ein zukunftsfähiges Reetdachhaus im Spreewald
Im Dialog mit Le Corbusier
Umbau eines Apartments im Pariser Molitor-Gebäude von RREEL
Warschauer Retrofuturimus
Apartment mit markantem Raumteiler von Mistovia Studio
Trennung ohne Verluste
Ferienhaus im Miniformat auf Usedom von Keßler Plescher Architekten
Architektur auf der Höhe
Wohnhaus-Duo von Worrell Yeung im hügeligen New York
Architektur im Freien
Pool und Pergola von Marcel Architecten und Max Luciano Geldof in Belgien
California Cool
Mork-Ulnes Architects restaurieren das Creston House von Roger Lee in Berkeley