In früheren Zeiten war das Aufarbeiten von beschädigten oder alt und unansehnlich gewordenen Möbeln gang und gäbe. Oft handelte es sich um handgefertigte Stücke aus hochwertigen Materialien, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Erst die Massenproduktion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie die damit einhergehende Wegwerfkultur setzten dieser weitverbreiteten Praxis ein Ende. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch das wachsende Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz auch zu einer Renaissance der Möbelsanierung geführt. Denn tatsächlich werden durch die Instandsetzung bestehender Möbel in hohem Maße Ressourcen geschont, Energie eingespart und Abfall reduziert. Auch ökonomisch lohnt sich eine Sanierung: Eine fachgerechte Aufarbeitung von Möbeln kann bis zu 50 Prozent günstiger ausfallen als ihre Neuanschaffung. Mitunter lassen sich sogar Produkteigenschaften verbessern oder erweitern. Nicht zuletzt ist die Sanierung und damit Erhaltung bestehenden Mobiliars im Kontext von historischer Bausubstanz und Denkmalschutz unabdingbar.

Girsberger Remanufacturing
Der Möbelhersteller Girsberger hat sowohl die Vorteile als auch die Notwendigkeit der Instandsetzung alter und abgenutzter Möbel früh erkannt: 2006 richtete das Traditionsunternehmen einen eigenen Geschäftsbereich ein, der sich ausschließlich mit der professionellen Aufarbeitung sanierungsbedürftiger Möbel befasst. So wurde aus dem schon zuvor bestehenden Reparatur- und Austauschservice für Produkte der eigenen Kollektionen ein herstellerunabhängiges Angebot, das sich an eine breitere Klientel richtet. In dem „Remanufacturing“ genannten Bereich werden heute nicht nur Büro- und Konferenzstühle überarbeitet sondern – oftmals unter Berücksichtigung von Denkmalschutzauflagen – auch historische Kaffeehausstühle originalgetreu restauriert, durchgesessene Kongresssessel sachgemäß aufgepolstert oder in die Jahre gekommene Kirchenbänke von Hand geschliffen und neu lackiert.

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Sanierungsprojekt Reitstadel
Im Sommer 2023 war Girsbergers Expertise in Sachen „Remanufacturing“ in der oberpfälzischen Stadt Neumarkt gefragt. Dort wird seit Anfang der 1980er-Jahre der historische Reitstadel für Konzertveranstaltungen genutzt. Das im alten Schlossviertel liegende Konzerthaus genießt international einen hervorragenden Ruf und zählt aufgrund seiner ausgezeichneten Akustik zu den besten Kammerkonzertsälen weltweit. Die vielen Jahre der intensiven Nutzung hatten jedoch deutliche Spuren hinterlassen – vor allem bei der Bestuhlung. Eine gründliche Sanierung wurde notwendig. Während der Konzertbetrieb im Sommer 2023 ruhte, wurden in einem denkbar kurzen Zeitraum von acht Wochen alle 455 Klappsitze aus Parkett und Galerie von Girsberger Remanufacturing demontiert, generalüberholt und wieder eingebaut.

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Kompletter Service
Im Werk wurden zunächst die Polsterelemente von den Holzgestellen getrennt. Während die Gestelle geschliffen, lackiert und auch deren Scharniere ausgebessert wurden, entfernten die Handwerker*innen den alten und mürbe gewordenen Schaum und bauten die Sitzpolster mit neuem Material neu auf. Die Polsterarbeiten erforderten zudem einen neuen Stoffzuschnitt, den eine computergesteuerte Zuschnittmaschine übernahm. Eingesetzt wurde ein Stoff, der dem vorherigen Bezugsstoff in Qualität und Farbe stark ähnelt. Danach wurden die neuen Polsterbezüge mit großem handwerklichem Geschick genäht und die fertigen Polsterelemente wieder an die Gestelle montiert. Nachdem alle Klappsitze erneut in Lkws verladen und zurücktransportiert wurden, erfolgte zuletzt die Endmontage der Stuhlreihen entsprechend ihren Numerierungen im Reitstadel.

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Akustisches Remanufacturing
Während optisch kein Unterschied zur ursprünglichen Saalbestuhlung zu sehen ist, zeigt das Sanierungsprojekt im Neumarkter Reitstadel beispielhaft, wie sich Produkteigenschaften durch Remanufacturing verbessern lassen. So konnten durch das Aufarbeiten der Klappsitze die ausgezeichneten akustischen Eigenschaften des Konzertsaals nicht nur bewahrt, sondern sogar noch optimiert werden. Möglich wurde dies durch die Sitzpolster, die unter besonderer Berücksichtigung der akustischen Anforderungen neu aufgebaut wurden. Girsberger konnte hier zusätzlich auf die Expertise des auf technische Akustik spezialisierten Ingenieurbüros Müller-BBM zurückgreifen, das die gesamten Sanierungsmaßnahmen raumakustisch begleitet und sowohl Messungen im Reitstadel selbst als auch an Mustersitzen im eigenen Hallraum vorgenommen hat. In ihrem Abschlussbericht schreiben die Akustikexpert*innen, dass die im hohen Frequenzbereich messbare Steigerung der Nachhallzeiten der Sitzsanierung zu verdanken sei. Dadurch werde die Brillanz des Konzertsaales nuanciert erhöht, was dem gesamten akustischen Ambiente des Raumes zugutekomme. ns