Haus im Haus
Studio Alexander Fehres „Herzzone” für ein Büro von Roche
An seinem Standort in Ludwigsburg stand das Unternehmen Roche Diagnostics vor einer Herausforderung: Die Mitarbeiter*innen aus Produktion und Verwaltung arbeiteten Tür an Tür, waren aber kaum im Austausch. Studio Alexander Fehre hat ein ganzes Dorf aus Holzhäuschen in die weite Fertigungshalle gestellt und bringt die Kolleg*innen in Kaffeeküchen, auf Sofainseln sowie an einer Tischtennisplatte zusammen.
Nur noch die wenigsten kommen allein zum Arbeiten ins Büro, denn das lässt sich in vielen Branchen auch vom heimischen Schreibtisch aus erledigen. Stattdessen suchen die Mitarbeitenden im Büro den sozialen Anschluss, einen fachlichen Austausch und vielleicht auch einen Orts- und Perspektivwechsel als Alternative zum Homeoffice. Die Anforderungen an Räume und Funktionen kollektiv genutzter Arbeitsflächen hat sich damit gewandelt. Feste Arbeitsplätze wichen vielerorts Flex-Desk-Konzepten und fanden Alternativen in Café- und Loungebereichen. Statt strenger 9 to 5-Etikette darf auch mal gespielt oder geschlummert werden. Der Wandel der Workspaces blieb auch bei Roche Diagnostics nicht unbeobachtet. Für seinen Standort in Ludwigsburg beauftragte das Pharmaunternehmen den Stuttgarter Designer Alexander Fehre mit einer Neukonzeption. Die Zielformulierung war dabei weniger funktional als emotional: Roche wünschte sich einen zentralen Raum, der eine stärkere Bindung zwischen den Teams verschiedener Bereiche schafft.
Hölzernes Miniatur-Dorf
Bisher teilten die Kolleg*innen aus Verwaltung und Produktion sich zwar den Arbeitsweg, aber nicht den Arbeitstag. Alle traten durch die Eingangstür in die Produktionshalle, dann gingen die einen ins Büro, die anderen in den Fertigungsbereich, in dem innovative Systeme für Labore entstehen. Diese klare Trennung des Alltags will Roche in Zukunft durch die Schaffung gezielter Berührungspunkte verhindern. Als lebendigen Hub für Ideen und Austausch schlug Alexander Fehre die Schaffung einer „Herzzone“ vor, die er durch ein Haus-im-Haus-Konzept umsetzte. Es zoniert die weite und hohe Produktionshalle und schafft intime und gemütliche Treffpunkte. Vier Raumvolumen, gefertigt in natürlicher Holzbauweise, bieten den Mitarbeitenden verschiedene Funktionen an: Geschlossene und akustisch gut abgeschirmte Häuser dienen als Konferenz- und stille Arbeitszimmer, die offen gestalteten Räume können bei Events und für Feiern genutzt werden. Als besonderes Highlight wurde zudem ein „Spielzimmer“ eingerichtet, in dem die Mitarbeitenden sich an der Tischtennisplatte treffen können.
Hinauf, hinab und quer hindurch
Die kleinen Holzhäuser funktionieren nicht als Solisten, sondern ergeben ein dynamisches Ensemble. Ihre Dächer werden teils als Terrassen genutzt und in den offenen Zwischenzonen entstehen hofähnliche Situationen mit Lounges oder informellen Arbeitsplätzen, Sofalandschaften und Bistrotischen. Pflanzen wurden bewusst integriert. Einzelne Kästen setzen Akzente, während lange Reihen des Grüns zu Hecken werden und als akustische sowie visuelle Grenzen die verschiedenen Bereiche abschirmen. Leicht erhöhte Holzplateaus und Teppiche organisieren das Layout und entschleunigen den Schritt der querenden Kolleg*innen. Wie auf einem Marktplatz treffen sie sich zufällig. Begegnungen und Gespräche entstehen auf entspannte und offene Weise und dank der Positionierung der „Herzzone“ zwischen Produktion und Verwaltung sind sie interdisziplinär: Der ehemalige Leerraum wurde mit Lebendigkeit und Identität aufgeladen.
Wohnlich mit Teppich und Textil
Die „Herzzone“ ist nicht als brachiales Volumen in der großen Halle gelandet, sondern strahlt Leichtigkeit und Flexibilität aus. Mit Holz als wichtigstem Baumaterial entsteht atmosphärische Wärme. Die Treppen aus weiß beschichtetem Stahl passen zum industriellen Charakter der Produktionshalle und wirken durch ihre schlanken Silhouetten luftig und schwebend. Die Detaillösungen bringen Wohnlichkeit. Brüstungen aus Lochblech und opake Kunststoffplatten lassen keine harten Grenzen entstehen, der Besprechungsraum ist mithilfe eines gerafften Textilvorhangs temporär zu schließen. Außerdem setzte Fehre auf eine helle Farbpalette als Grundlage für die Wahl der Textilien und Möbelbezüge. Die „Herzzone“ ist räumliches Bindeglied und sozialer Klebstoff für die beiden Unternehmensbereiche. Indem sie zwischen Produktion und Verwaltung gesetzt wurde, schafft sie Begegnungsräume. Indem sie zum Verweilen einlädt, fördert sie den Austausch.
FOTOGRAFIE Philip Kottlorz Philip Kottlorz
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