Arbeiten am Set
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Hier gleicht keine Ecke der nächsten, und jeder Winkel könnte als Hintergrund für ein noch nicht gemachtes Bild dienen: Ein Fotostudio in Tokio wagt den Aufstand gegen die klassische Ausstattung seinesgleichen und richtet sich ein. Keine weiße Box, deren einzige Möblierung das übliche Beleuchtungsequipment ist, sondern offene, ineinander fließende Räume mit viel Tageslicht, natürlichen Materialien und einer eindrucksvollen Sammlung von Sitzobjekten und Tischen, aus denen Bäume wachsen.
Hue + heißt das Projekt der japanischen Architekten Schemata um Jo Nagasaka, die sich auf fast 1700 Quadratmetern von zwei Tokioter Industriebau-Etagen plus einer Dachfläche gestalterisch austoben durfte. Einzige Vorgabe: Um das Thema „Essen“ – in seiner ganzen Vielfalt – sollte es sich drehen, ist die Inszenierung von Lebensmitteln doch die Haupttaufgabe des Auftraggebers.
Spieglein, Spieglein ...
Es beginnt in den beeindruckenden Räumlichkeiten der sechsten Etage mit einer als Hochregallager angelegten Bibliothek. Die vier Meter hohen Regale aus unbehandeltem Holz reichen bis fast unter die Decke – die oberen Fächer sind allein mit einem mobilen, weiß gestrichenen Gerüstwagen erreichbar, der darauf wartet von den Mitarbeitern verschoben zu werden. Die frei im Raum stehenden Regalwände umfassen nicht nur Inspirationsmaterial und Fachlektüre, sondern auch Requisiten für die Fotoshootings: Unzählige Teller und Schüsseln in allen Farben und Formen reihen sich hier aneinander.
Für Aufmerksamkeit sorgt aber auch der alte Industrieboden, der mit einer transparenten Schicht aus Epoxydharz veredelt wurde. Wie eine spiegelglatte Wasseroberfläche reflektiert er die Objekte im Raum, leitet das Licht in die Tiefe und konserviert die Spuren der Vergangenheit. Zugespachtelte Bohrlöcher und auf den Fußboden markierte Bemaßungen deuten auf frühere Nutzungen hin und überlagern sich im selben Moment mit den Spiegelbildern der Regale und Stühle.
Ein Kessel Buntes
In der darüberliegenden Etage befinden sich die Arbeitsräume, die ebenfalls fließend und flexibel eingerichtet sind. Überall Tische, Stühle und Lampen in unterschiedlichen Konstellationen – mal ist es Tip Ton von Vitra, mal ein rustikaler Esszimmerstuhl. Die Mitarbeiter der Firma sollen durch ihre Umgebung inspiriert werden und in jeder freien Minute ans Essen denken ... oder zumindest an die Abbildung davon.
Die Oberflächen der Meeting-Tische wurden in unterschiedlichen Farbnuancen beschichtet: mal gelb, mal rot, mal grün. Neben der neutralen Neonlicht-Beleuchtung, die an der offen gehaltenen Decke verläuft, hängen zusätzlich Hängelampen von der Decke – auch hier gleicht keine der anderen, so dass ständig neue Ess- und Wohnsituationen simuliert werden.
Tische und Bäume
Holz ist das vorherrschende Material in den Arbeitsbereichen, auch auf dem Boden, wo breite Holzdielen verlegt wurden und den wohnlichen Charme des Studios unterstreichen. Dicke Holzstämme dienen als Hocker, und auch der große Küchen- alias Besprechungstisch ruht auf mächtigen Überresten eines Baums.In die weiße Arbeitsplatte sind Stammquerschnitte der holzigen Riesen eingelassen. Neben lebloser Natur gibt es aber auch ganz aktive: Durch kleine Öffnungen in einigen der Tische sprießen dünne Bäume. Sie beziehen das wenige Wasser, das sie benötigen, aus Glasbehältern, die unterhalb der Tischoberfläche montiert wurden.
Da jeder Ort als Hintergrund für ein mögliches Foto gestaltet wurde, hat er eine bestimmte Halbwertszeit, denn Geschmäcker verändern sich, und so wird sich auch die Einrichtung der Zeit immer wieder anpassen. Um diesen natürlichen Entwicklungsprozess zu ermöglichen, greift die Gestaltung kaum in die Substanz des Gebäudes ein, sondern schmiegt sich an wie eine separate Schicht, jederzeit erneuerbar.
FOTOGRAFIE Takumi Ota
Takumi Ota
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