Berliner Charme-Offensive
Umbau einer Dahlemer Villa von Fabian Freytag Studio
Eine historische Professorenvilla in Berlin verwandelte Fabian Freytag Studio durch ein lebendiges, von einem Matisse-Gemälde inspiriertes Farbkonzept in ein modernes Zuhause für eine junge Familie. Sogar die Decken wurden miteinbezogen und mit präzisen geometrischen Mustern versehen.
Im Südwesten Berlins ist der Stadtteil Dahlem durch die Freie Universität geprägt. Ein ursprünglich als Professorenvilla gebautes Einfamilienhaus hatte seinen Charme im Laufe der Jahre aufgrund radikaler Umbauten eingebüßt. Als besondere Bausünde beschreibt der Berliner Architekt Fabian Freytag das Master-Bad mit einer überdimensionierten Eckbadewanne und einer steinbruchartigen Landschaft aus grauem und rotem Granit. „Es war eine Herausforderung, sich das Haus als charmanten Ort vorzustellen“, sagt er rückblickend.
Historisches Vorbild
Alte Baupläne, die die Bauherr*innen auf dem Dachboden fanden, gaben Anlass zur Hoffnung. Sie zeigten das Haus in verschiedenen Phasen seiner Geschichte und boten einen Anhaltspunkt für das Potenzial, das in ihm schlummerte. Zudem hatten die Auftraggeber*innen die klare Vision, einen Ort voller Leben zu schaffen – mithilfe einer besonderen Planung und Mut zu Farben. „Unser Ziel war es, das Haus in einen freundlichen und positiven Ort zu verwandeln“, sagt Fabian Freytag. Bei näherem Hinsehen zeigte sich die solide Substanz des Baus zum Beispiel beim alten Buchenholzparkett, das – einmal abgeschliffen und pigmentiert – nun eine ästhetische Klammer über die Räume hinweg bildet.
Fließende Übergänge
Ein massiver baulicher Eingriff war im Erdgeschoss nötig, wo Freytag die Küche zum Wohnbereich öffnete. Dieser Raum ist der zentrale Treffpunkt der Familie, das Herzstück des Hauses, in dem gegessen, gespielt und entspannt wird. Ein Arbeitszimmer und der Zugang zu Terrasse und Garten befinden sich ebenfalls auf dieser Ebene. Auch auf den anderen Etagen nahm sich Fabian Freytag den Grundriss vor und passte ihn an die Bedürfnisse der neuen Bewohner*innen an. Die Lebensbereiche verteilen sich auf vier Etagen: Im Keller sind die Garage, die Heizungsanlage sowie Lager- und Multifunktionsflächen zu finden. Das Master-Schlafzimmer mit Ankleide und Balkon sowie die Kinderzimmer samt eigenem Bad sind im ersten Stock angeordnet. Im Dachgeschoss befindet sich eine Einliegerwohnung mit zwei Gästezimmern.
Inspirationen aus der Kunst
Das Besondere: Jeder Raum hat ein eigenes Farbkonzept. Die einander abwechselnden Rosa-, Blau- und Grüntöne sind dem Gemälde Der Tanz von Henri Matisse entlehnt. Durch Streifen und farbliche Akzente wirken die Räume tatsächlich wie in Bewegung. Insgesamt hat Fabian Freytag 27 unterschiedliche Farbtöne kombiniert und dabei auch die Decken miteinbezogen. In Anlehnung an historischen Stuck und Verzierungen beeinflussen ihre grafischen Muster maßgeblich die Raumwirkung. Vorhandene Bögen wurden farblich betont. In der Küche scheint sich die Decke zu heben wie in einem Zirkuszelt. Zugleich harmonieren die Räume miteinander. Sichtachsen wurden mit Bedacht geplant. So gibt das dunkle Treppenhaus den hellen Wohnräumen eine Bühne, die dadurch optisch an Weite gewinnen. Möbliert sind sie mit Maßanfertigungen wie einer gepolsterten Eckbank und ausgesuchten Vintage-Stücken, die Fabian Freytag im Internet fand und dann sorgfältig aufarbeiten ließ. So schließt er den Kreis zur Entstehungsepoche des Hauses, den 1920er-Jahren.
Durch seine „Charme-Offensive“ hat Fabian Freytag die ursprüngliche Schönheit des Gebäudes wieder herausgearbeitet, das nun auch den Platzbedürfnissen einer jungen Familie gerecht wird. Mit vielfältigen Farbnuancen hat er den Räumen ihren individuellen Charakter gegeben.
FOTOGRAFIE Kozy Studio Kozy Studio
| Entwurf | Fabian Freytag Studio |
| Ort | Berlin |
| Fläche | circa 300 Quadratmeter |
| Fertigstellung | 2024 |
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