Boxenberg in Japan
Architektur in Stücken: ein verschachteltes Wohnhausexperiment am Hang des japanischen Ikoma-Bergs.

Als hätte ein Kind eine Kiste mit überdimensionalen, grünen Bausteinen über einem Hügel ausgekippt: Das Ishikiri House ist ein gestapeltes Ensemble aus Betonvolumen, die keinesfalls beliebig auf dem Baugrundstück verteilt wurden. Vielmehr folgen der Neubau und seine Organisation einer strengen Ordnung, die sich an der Natur orientiert.
Das Grundstück liegt oberhalb einer hohen Steinmauer und inmitten einer dichten Bebauung aus Einfamilienhäusern, die sich über die komplette Flanke des Ikoma-Bergs nahe Osaka zieht. Um der besonderen Lage und den klimatischen Bedingungen des Standorts gerecht zu werden, entwickelten die beiden Architekten Daisuke Sugawara und Hiroshi Narahara eine Gebäudestruktur, in der jeder Raum individuell skaliert und ausgerichtet wurde. Aneinandergereiht wie zwei nebeneinander liegende Perlenketten, bilden die Volumen einen zusammenhängenden, architektonischen Organismus.
Frische Bergluft
Das steinerne Konglomerat von Sugawaradaisuke Architects bietet seinen Bewohnern und Besuchern verschiedene Möglichkeiten, es zu begehen, zu betreten und zu besteigen. Neben einem regulären Eingang an der Straßenseite existiert ein schmaler Canyon, der sich zwischen den beiden Raumzeilen aufbaut und bis ins Wohnzimmer führt, sowie eine Außentreppe, die über die vordere Reihe der grünen Betonboxen hinweg klettert und auf einer Sonnenterrasse endet. Die zerklüftete, felsartige Architektur ist eine Reaktion auf das unmittelbare Umfeld und die klimatischen Bedingungen der Region. Der Spalt zwischen den beiden Gebäudezeilen sorgt dafür, dass Winde, die aufgrund der Hanglage anfallen, durch das Gebäude hindurchgeleitet werden und das Innere mit frischer Bergluft versorgen.
Choreografie der Blicke
Die individuelle Ausrichtung und Dimensionierung der Räume wurde anhand des jeweiligen Programms, der Lage innerhalb des Hauses und dem Bezug nach außen vollzogen. Wie ausgewählte Filmstills besitzt fast jedes der Volumen eine von den Architekten exakt definierte Rolle. Auch deswegen verfügt jede Betonbox über mindestens zwei Fenster, die perfekt choreografierte Aus- und Einblicke erzeugen. Das Zusammenspiel aus Architektur und Umgebung soll, wenn es nach den Planern geht, die Bewohner dazu anregen, sich für jeden Anlass einen geeigneten Platz auszuwählen.
Gebauter Spiegel
Innere und äußere Fassaden bestehen aus grün eingefärbtem Sichtbeton: Seine Oberfläche und die raue Haptik erinnern an moosbewachsene Felsen und unterstützen die emotionale Wirkung des Hauses auf seine Bewohner. Die Wirkung wird auch dadurch unterstützt, dass der Sättigungsgrad des Materials je nach Wetter und Jahreszeit variiert. Das Ishikiri House erweist sich als eigenwilliger Bau: nicht auf eine selbstgefällige, sondern auf eine experimentelle Art und Weise. Die diagrammartige Architektur basiert auf einer unmittelbaren Transformation der Nutzergewohnheiten und Funktionen in einem Baukörper. Dadurch erhält das Haus seinen ungewöhnlichen Spannungsgrad: Architektur als lebendiges Spiegelbild seiner Bewohner.
FOTOGRAFIE Takumi Ota
Takumi Ota
Ishikiri House
220 Quadratmeter / Osaka, 2012
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