Chimäre in Sydney
Doppelhaus mit zwei Gesichtern: Gelungener Umbau von Stukel Stone in Sydney.

Sind die Denkmalschutzanforderungen so hoch wie die Ansprüche der Bauherrn, kann ein Entwurfsprozess leicht zur Millimeterarbeit werden. In einem Vorort von Sydney schafften es die Architekten von Stukel Stone nur mithilfe einer kleinen Kernschmelze, einem Reihenhaus aus der Jahrhundertwende zu einer modernen Erweiterung zu verhelfen.
Die Besitzer, ein holländisches Paar, wussten genau, was sie wollten: streng moderne Räume mit tropischer Offenheit. Die amtlichen Vorgaben in Bezug auf Seitenabstände, Bebauungsfläche und Dachhöhe setzten jedoch äußerst präzise Grenzen. „Die Breite der neuen Fassade war am Ende um genau fünfzehn Millimeter regelkonform“, berichten die Architekten.
Verschmelzung im Kern
Angesichts der eingeschränkten Bebauungsfläche beschlossen sie, das Bestehende und das Neue förmlich miteinander zu verschmelzen. Dazu befreiten sie das kleine Reihenhaus kurzerhand von überflüssigen Trennwänden und verbanden es mit zwei kubischen Neubaukörpern. So überschreitet ausschließlich der neue Annexbau mit dem großzügigen Wohnbereich die ehemalige Hausgrenze, während der direkt angeschlossene Koch-Ess-Bereich weiterhin innerhalb der alten Mauern liegt. Eine Treppe führt von hier ins neue Obergeschoss, in dem sich zwei geräumige Schlafzimmer mit zentralem Badezimmer und angrenzender Terrasse befinden. Einzig ein Streifen an der direkten Verbindung zum Nachbarhaus wurde vom alten Satteldach erhalten. Er bildet im Inneren die auf spektakuläre sechs Meter fünfzig ansteigende Decke des Verbindungsflurs zwischen Eingang und Wohnbereich.
Öffnung zum Garten
Dem gemäßigten Klima Südaustraliens entsprechend, verliehen die Architekten dem neuen Anbau eine angenehme Durchlässigkeit. Über drei Seiten reichende Lamellenfensterbänder sorgen für viel Tageslicht und in Kombination mit dem übergroßen Deckenventilator außerdem für eine optimale Durchlüftung. Die durchgehend verglaste Gartenfront lässt sich über Schiebetüren öffnen und den Innenbereich nahtlos in den Außenbereich übergehen. Das weit auskragende Dach nimmt die Holzverkleidung der Innenraumdecke wieder auf. Auch der Bodenbelag aus poliertem Beton setzt sich draußen fort, so dass Wohnraum und Terrasse eine ästhetische Einheit bilden.
Betrachtet man das Gebäude von der Straße aus, lässt die unveränderte Fassade im Stil der australischen Unabhängigkeit kaum vermuten, welche neuen Dimensionen sich dahinter verbergen. Die Architekten haben erfolgreich den historischen Anschein gewahrt und dennoch ein konsequent modernes Wohngefüge geschaffen, das sich von der Nachbarschaft abhebt. Nach Enge und mangelnder Privatsphäre sucht man in diesem Reihenhaus vergeblich.
FOTOGRAFIE Katherine Lu
Katherine Lu
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