Das Acht-Minuten-Büro
Concept Office von Jan-Henrik Schröter und Haus Otto in Leonberg

Wo geht man zur Planung eines Büros am besten hin? Na, ins Büro! Für und mit dem Unternehmensberater Jan-Henrik Schröter hat das junge Designstudio Haus Otto in Leonberg offene Räume und multifunktionale Möbel entworfen, mit denen sich Kund*innen spielerisch einer maßgeschneiderten Büroumgebung annähern können. Das konventionelle Trio aus Tisch, Stuhl und Rollcontainer ist allerdings schon ausgezogen, stattdessen schieben sich kanariengelbe Wände zu funktionalen Arbeitszonen zusammen und modulare Treppen werden zu himmelblauen Sitzregalen.
Von den großen Umbrüchen in der Bürokultur wurde gerade im letzten Jahrzehnt viel gesprochen. Aber: Wir erlebten dynamischen Wandel in Slow Motion. Konnten beobachten, wie immer mehr kommunikative Lounge-Inseln in den Weiten des Open Offices wuchsen und die Mitarbeiter*innen Hot Desking im Hybrid Workplace betrieben. Bis die Pandemie kam – und fast alle ins Homeoffice schickte. Sie hat vielerorts eine flinke Umstrukturierung in temporärer Abwesenheit ausgelöst. Wenn wir nach den Sommerferien zurückkehren, dann ist das Büro zu einem anderen Ort geworden und auch wir haben uns an neue Routinen gewöhnt.
Struktur in Minuten
Einer, der das Büro und seine organisatorischen Strukturen zum Beruf gemacht hat, ist Jan-Henrik Schröter. Eigentlich ist Schröter Unternehmensberater. In seinem früheren Arbeitsalltag traf er immer wieder auf Menschen, die eigentlich gute Ergebnisse liefern wollten, sich dann aber durch die Vielfalt der Anforderungen und Parameter eines Projektes ausgebremst fühlten. Er entwickelte einfache Strategien für schnelle Ergebnisse, die er 8-Minutes-to-Structure nannte. Dann begann er, seine Ideen und Methoden mit seinen Kund*innen zu teilen. Seit Kurzem macht er das an einem Ort, der die innere Organisation mit der äußeren zusammenbringt: Schröter eröffnete das 8-Minutes Concept Office in Leonberg bei Stuttgart.
Ins Büro mit Haus Otto
Für die Umsetzung holte sich Schröter das von Nils Körner und Patrick Henry Nagel gegründete Designbüro Haus Otto ins Boot. Der in Strukturen denkende Methodiker traf damit auf praktisch arbeitende Möbeldesigner. Ihr Arbeitsfeld ist aber nahezu deckungsgleich. Nagel und Körner setzen sich in ihren Entwürfen vor allem damit auseinander, wie die Gestaltung von Büroflächen und -möbeln komplexer werdenden Arbeitsstrukturen gerecht werden kann. „Um kreativ und produktiv arbeiten zu können, braucht man nicht nur die richtigen Methodiken, sondern auch Produkte und Räume, die eine neue Art der Zusammenarbeit fördern und unterstützen. Deswegen haben wir uns entschlossen, den nächsten Schritt gemeinsam zu gehen“, erzählen die Designer über die Kooperation. Das gemeinsame Ziel des Strategen und der Gestalter: aus Methodik, Produkt und Raum eine Einheit zu machen.
Büroplanung nach dem Lego-Prinzip
Auf dem Weg zur besseren Arbeitsumgebung kommen die Kund*innen in die Räume des 8-Minutes Concept Office und bringen Pläne ihrer eigenen Bürofläche mit. Dann wird die Nutzungsdynamik untersucht, um die Räumlichkeiten auf die individuellen Arbeitsweisen abzustimmen. Die Leonberger Räume sind dabei eine Art Testlabor, die Möbel von Haus Otto werden zum praktischen Werkzeug. „Für das Concept Office haben wir mit Super Office eine Serie an Produkten entworfen, die auf die Arbeitsweisen von 8-Minutes abgestimmt ist. Diese Kollektion beinhaltet zum Beispiel eine mobile und beschreibbare Wand, die das Arbeiten im Stehen fördert und den Raum neu definiert“, erklären Nils Körner und Patrick Henry Nagel.
Hyper, multi, flexi
Die Möbel der Designer adressieren die Anforderungen an eine zeitgenössische Arbeitsumgebung, sind dabei aber alles andere als konventionell. Das Stair Shelf beispielsweise ist hypermodular und multifunktional. Die Mitarbeiter*innen können auf den einzelnen Elementen sitzen, sie als Stauraum nutzen oder drei Einzelteile zu einem großen Block zusammenschieben, der als Treppe und Raumteiler funktioniert. Wer wirklich stille Ecken schaffen, eine Brainstorming-Zone errichten oder die Kolleg*innen aus dem Sichtfeld haben will, nutzt dafür die Yellow Walls. Die L-förmigen und knallgelben Stellwände können einfach durch den Raum gezogen werden und nehmen in schlanken Seitenfächern auch ein paar Kataloge, Stifte oder Bücher mit. Trotz der vielen hochfunktionalen Lösungen hat Haus Otto auch ein Augenzwinkern nicht vergessen: Die Office Station sieht mit ihrer unregelmäßigen Oberfläche aus sandgestrahltem Ton wie ein skulpturaler und archaischer Altar aus. Unter der spiegelnden Glasauflage versteckt sich allerdings eine induktive Ladestation für mobile Geräte.
Interieurs nach Tageszeiten
Auf die Frage, wie die Pandemie das Büro verändert hat, antwortet Haus Otto: „Die Rolle des Büros als sozialer Ort der Zusammenkünfte und des Austausches gewinnt an Relevanz. Menschen werden nicht mehr ins Büro fahren, um E-Mails zu beantworten oder um alltägliche To-dos vom Laptop oder Computer aus abzuarbeiten.“ Jan-Henrik Schröter, Nils Körner und Patrick Henry Nagel wollen Mitgestalter dieser neuen Orte sein, die sich auf den informellen Austausch in einem hochflexiblen Interieur konzentrieren. „Am Tag ist das Büro ein Ort für innovative Ideen, Workshops, Meetings oder kreative Prozesse und am Abend Platz für Veranstaltungen oder Ausstellungen. Die Mehrfachnutzung von Räumlichkeiten und das zielführende Abstimmen von Aufgaben in einem sich immer wieder verändernden, dezentralen Gefüge werden sicherlich zwei sehr essenzielle Bausteine für die Zukunft unserer Bürowelt sein.“
FOTOGRAFIE Max Feldhoff
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