Ein Büro als Formwandler
Club-Galerie-Office von ŠA Atelier für die litauische Architekturstiftung
Südlich des Stadtzentrums von Vilnius hat sich in einem zuvor verlassenen Gebäude eine unabhängige Architekturstiftung eingerichtet, die zu einem größeren Kulturkomplex gehört. Ihr Ziel: Den lokalen und internationalen Diskurs rund um Bau und Baukultur zu initiieren und einem Netzwerk von Menschen, Ideen und Initiativen einen Ort zu geben.
Als analoger Treffpunkt der Kulturinitiative dient ein 40 Quadratmeter großer Raum, den das ortsansässige Architekturstudio ŠA Atelier gestaltet hat. Dabei wurde der industrielle Charme des alten Gebäudes erhalten und das Konzept auf maximale Flexibilität hin ausgerichtet. „Wir haben uns bei diesem Projekt dafür entschieden, verschiedene Zonen und Funktionen so unterzubringen, dass die Fläche nicht geteilt wird“, erläutern Gabrielė Šarkauskienė und Antanas Šarkauskas von ŠA Atelier.
Transformator und Inkubator
Statt eines Nebeneinanders von zugewiesenen Bereichen haben sie alle Nutzungsmöglichkeiten wie Layer im Raum zusammengebracht. Welche Funktion aktuell erfüllt wird, bestimmen die Nutzer*innen mit dem Mobiliar als Werkzeug. Alles in der Büro-Club-Galerie ist beweglich, lässt sich abklappen oder wegrollen. Einerseits kann der Raum so zu einem fast nackten Kubus mit viel freier Bodenfläche werden, andererseits lassen sich Arbeitsplätze mit Regalflächen freilegen oder kleine, flinke Hocker hineinrollen. Workscape haben die Architekt*innen das Projekt daher getauft, ein Kofferwort aus „Workspace“ und „Landscape“, das die dynamische Verwandlung nach Tageszeiten schon andeutet.
Mobil und günstig
Passend zur industriellen und maroden Bausubstanz wählten die Architekt*innen einfache Materialien und Komponenten aus dem Baumarkt-Universum. Die Einbauten setzen sich aus weiß laminiertem Pressspan, Metallschienen und Leuchtstoffröhren zusammen und wurden entlang der Längswände des Raumes installiert. Im Nichtgebrauch bilden sie einen weißen Vorbau aus zwei Reihen Plattenmodulen. Die obere Reihe klappt sich nach oben und bietet Stauraum, die untere Reihe wird zu Arbeitspulten. Alle anderen Möbel sind optional und temporär. Dazu gehören Rolltische und Klapptische, aber auch eine Herde kleiner Sitzkuben, die mit einem abschließbaren Fach ausgestattet sind, das sie zu Mini-Arbeitscontainern macht.
Multifunktionales Rolltor
Selbst auf eine klassische Tür haben die Planer*innen verzichtet. An ihrer Stelle wurde ein rollbares und opakes Regalmodul aus Kunststoff platziert. Während der Arbeits- und Öffnungszeiten wird es in die Eingangshalle geschoben und dient als Infostand für aktuelle Aktivitäten. Gabrielė Šarkauskienė und Antanas Šarkauskas sehen das Projekt als exemplarische Raumlösung für Arbeitsplatz-Szenarien, in denen die Möbel weniger auf eine klare Funktion setzen, dafür aber mit Wandelbarkeit überzeugen: „Unser Design demonstriert die sanfte Auflösung der Grenzen zwischen privaten Arbeitsplätzen und dem öffentlichen Raum.“
FOTOGRAFIE Norbert Tukaj
Norbert Tukaj