Ein Haus bekommt Zuwachs
Anbau von O'Sullivan Skoufoglou Architects in London
Ein viktorianisches Reihenhaus in London erhielt ein architektonisches Update, und zwar weit mehr als nur einen frischen Anstrich. Mit neuem Anbau wurde das historische Gebäude um ein wahres Platzwunder ergänzt.
Schon seit den Siebzigerjahren bewohnt eine Familie ein kleines Reihenmittelhaus im Londoner Stadtteil Kensington, das im viktorianischen Stil erbaut wurde und aus diesem Grund streng denkmalgeschützt ist. Doch mit der Zeit veränderten sich die räumlichen Bedürfnisse und Ansprüche: Nach dem Auszug der Kinder wurde der Wunsch nach einer kompletten Umgestaltung immer größer. Für ein neues Raumkonzept und die damit einhergehende Restaurierung des Objektes beschlossen die Besitzer*innen, ein Architekturbüro zu engagieren, das sich der Bauaufgabe mit reichlich Fingerspitzengefühl, Sensibilität und Know-how nähern würde.
Altes neu gedacht
Ihre Wahl fiel auf Jody O'Sullivan und Amalia Skoufoglou, die 2016 O'Sullivan Skoufoglou Architects gegründet hatten. Die Londoner Architekt*innen entdeckten für die Neuorganisation des Hauses großes Potenzial im Innenhof, wo bis dahin ein wenig genutzter, gläserner Wintergarten an das Gebäude andockte. Dieser machte nun für einen Anbau Platz. Doch neben dem Plan, die Raumqualitäten und -abfolgen neu zu definieren, sollten auch die neuen Elemente in das bestehende Erscheinungsbild eingegliedert werden. Aus diesem Grund entschieden sich die Architekt*innen, den geplanten Anbau mit rotem Porphyrstein zu ummanteln, einem granitähnlichen Eruptivgestein, das die Anmutung der Einfriedung des Innenhofes aufnehmen sollte.
Großzügig und lichtdurchflutet
Kensington Place, wie O'Sullivan Skoufoglou Architects das Projekt nennen, bekam jedoch nicht nur außen ein Facelift. Im Fokus stand das gesamte untere Geschoss, das räumlich neu definiert werden sollte. Die Küche, die zuvor mit niedriger Decke als „funktionale Kemenate“ betrachtet werden konnte, wurde nun durch den Anbau in einen kontextuellen Zusammenhang mit dem integrierten Essbereich überführt. Großzügige Schiebetüren aus Glas mit Rahmen aus edlem Iroko-Holz, die den roten Stein ideal ergänzen, öffnen den Annex weit nach außen und machen damit den Garten des intimen Innenhofs zum lebendigen und wertvollen Teil der neuen Wohnbühne. Durch die große Öffnung in der Rückwand gelingt es, viel Licht in den Raum zu lassen. Das gilt auch für die Oberlichtöffnung direkt über dem Esstisch.
Verschmelzung von innen und außen
Das authentische Rot der Fassade spiegelt sich im Inneren des Hauses wider. Der gesamte neue Koch- und Essbereich, der durch einen Niveausprung über wenige Treppenstufen mit der Wohnebene verbunden ist, wurde mit roten Steinplatten ausgelegt, um den Boden des Innenraums mit dem ebenfalls rot gepflasterten Außenbereich fließend zu verbinden. Im Kontrast dazu steht der maßgeschneiderte Ausbau aus hellem Sperrholz, das die erdige Wärme der Steinplatten fortführt, sich aber dennoch klar davon abhebt. Die Stufen, die eingebauten Schränke und Sitzmöbel, die Kücheninsel und sogar die Decke bilden ein räumliches Kontinuum, das sich bis in das Obergeschoss erstreckt. Dorthin gelangt man über eine Treppe, die nicht wie sonst ein offensichtlicher Teil der Raumgestaltung ist, sondern hinter einem schweren Stoffvorhang verborgen bleibt, als könnte man ein Geheimnis dahinter lüften.
Vertikaler Raumfluss
Um alles wie aus einem Guss wirken zu lassen, entschied man sich auch in der oberen, privateren Etage für helle Beige- und Brauntöne. Der Boden und die eigens entworfene Möblierung in allen Räumen, die – ganz in Holz – jeden wertvollen Zentimeter zu nutzen weiß, replizieren das einladende Ambiente des unteren Geschosses. Selbst in den Bädern erkennt man gestalterische Zitate der Wohnebene: Eine raffinierte Komposition aus Waschplatz und Stauraum überspielt die knappe Raumsituation, von der man sich auch bei der Planung der gegenüberliegenden Badewanne wenig beeindruckt zeigte. Sie füllt samt großzügiger Ablagefläche eine lang gestreckte Nische, die sich schließlich wie ein Alkoven mit einem Vorhang zu einem eigenen, intimen Bereich abschließen lässt.
FOTOGRAFIE Ståle Eriksen Ståle Eriksen