Ein Haus, zwei Charaktere
Minimalistischer Holzanbau von Tom Robertson Architects in Australien

Müssen Alt und Neu in Symbiose stehen? Tom Robertson Architects liefern dazu eine interessante Antwort: Mit einem minimalistischen Holzanbau setzt das Architekturbüro einen spannenden Kontrast zu einem alten edwardianischen Wohnhaus in Australien. Historischer Charme steht hier ganz selbstverständlich neben zeitgenössischer Architektur.
Das Grundstück? Sehr schmal. Der Entwurf? Weit gedacht. Am Ende einer ruhigen Sackgasse in Malvern, einem Vorort von Melbourne, befindet sich das Silvertop House. Dort haben Tom Robertson Architects ein edwardianisches Cottage mit einem lichtdurchfluteten Anbau versehen, der sowohl den Charakter des ursprünglichen Gebäudes respektiert, als auch den Anforderungen einer jungen Familie gerecht wird. Die kniffligen Gegebenheiten: ein langes, aber sehr schmales Grundstück und ein Gebäude unter Denkmalschutz.
Alle unter einem Dach?
Die Doppelhaushälfte mit klassischem Satteldach durfte architektonisch nicht verändert werden, war für die Familie mit Kindern aber definitiv zu klein. Also setzten Tom Robertson Architects ein zeitgenössisches Gegengewicht auf der Rückseite des Hauses: Sie errichteten einen Anbau mit spitz zulaufendem Flachdach aus silbriger Esche, ruhig und unaufdringlich in der Form. Zugleich stellt er eine moderne Neuinterpretation der historischen Holzfassade dar. Auch die schräge Dachneigung ist eine spielerische Referenz an die Giebelform des alten Hauses. Sie nutzt zudem das wärmende natürliche Licht und bewahrt den Sonnenzugang für den Nachbarn auf der Südseite.
Grüne Mitte
Wie aber schafft man in den Innenräumen einen harmonischen Übergang zwischen Alt und Neu? Am besten: ganz natürlich. Tom Robertson Architects haben sich für einen begrünten Innenhof entschieden. Mittig zwischen beiden Gebäudeteilen sprießen jetzt Kletterpflanzen, Farne und ein Baum. Das verleiht dem Entwurf viel Leichtigkeit – und Licht. Durch einen hohen Schacht profitieren sogar das Büro und das Schlafzimmer im ersten Obergeschoss davon.
Auch im Wohnzimmer zeigt sich diese Verbindung zwischen dem Gebäude und seiner Umgebung: Eine graue Backsteinmauer erstreckt sich vom Außenbereich bis in den Innenraum und sorgt für fließende Übergänge. Optisch verbindet sich die Wand mit dem glatten, grau gesprenkelten Betonboden, der sich im Wohnbereich absenkt.
Luft nach oben
Die Großzügigkeit und Offenheit in der Gestaltung reicht bis in den ersten Stock hinauf. Die Treppe rund um den Innenhof führt im Obergeschoss in ein lichtdurchflutetes Büro, ein Bad und ein Schlafzimmer. Durch die schräg nach oben steigende Decke ergibt sich ein Gefühl der Weite, das man – denkt man an den schmalen Grundriss des Hauses zurück – nie erwartet hätte. Die Holzlamellen vor dem Fenster bieten zudem Schutz vor der Sonne und sorgen für Privatsphäre und Gemütlichkeit.
Auf gute Nachbarschaft
Für die neuen Wohnräume haben Tom Robertson Architects auf helle Materialien gesetzt. Charakteristisch für den modernen Anbau sind die silbrig schimmernden Lamellen aus Eschenholz, die sich im Wohnzimmer an Wand und Decke fortsetzen. Die Küchenfronten sind weiß, die Arbeitsplatten aus hellgrauem Naturstein gefertigt. Wer durch die dunkelgrau gestrichene Eingangstür des historischen Backsteinbaus tritt, den mag das verwundern, denn man hätte eher mit dunklen Holzmöbeln und schweren Teppichen gerechnet. Ein solches Projekt darf aber auch gerne überraschen. Nicht immer muss sich neue Architektur der alten unterwerfen oder andersherum. Sie können gleichberechtigt nebeneinander stehen. Wie zwei Nachbarn, die sich einander annähern.
FOTOGRAFIE Derek Swalwell Derek Swalwell
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