Projekte

Ein Souterrain unter Bäumen

von Jasmin Jouhar, 07.09.2009

Einen guten Ruf hat es nicht, das Souterrain. Dort lebt oder arbeitet nur, wer sich nichts anderes leisten kann. Und auf Tageslicht und frische Luft verzichtet. Genau das müssen die Architekten des spanischen Büros SelgasCano aber gerade nicht, obwohl ihr Arbeitsplatz unter der Erdoberfläche liegt. Im Garten ihres Wohnhauses in Madrid haben Lucía Cano und José Selgas ein kleines Atelier halb in den Boden eingegraben. Und sich zugleich einen lichten und bei Bedarf luftigen Arbeitsplatz unter Bäumen geschaffen, der bis in die Details stimmig wirkt.

Der langgestreckte und schmale Bau des Büros ist zweigeteilt: Der untere Teil ist rund 1,20 Meter tief im Boden versenkt und besteht aus einem Stahlbetonkörper. Der obere Teil, ein abgerundetes und leicht gekipptes Dach aus Kunststoff, ragt über die Erde hinaus. Das Dach wiederum ist ebenso zweigeteilt: Die nach Norden ausgerichtete Längsseite ist aus durchsichtigen Acrylglaselementen und somit lichtdurchlässig. Obwohl das Haus ein gutes Stück unter der Erde liegt, erscheint es daher trotzdem hell. Die nach Süden zeigende Seite, eine Sandwichkonstruktion, ist transluzent – so sind die Arbeitsplätze von direkter Sonneneinstrahlung abgeschirmt.

Immer schön kühl bleiben

Der Vorteil des Konzepts liegt auf der Hand: Ein Haus in der Erde heizt sich im heißen spanischen Sommer nicht so schnell auf, Energie für die Kühlung kann eingespart werden. Die dichten Kronen der Bäume tun ein Übriges. Und wenn bei der Arbeit die Luft doch etwas stickig werden sollte, dann lassen sich die kurzen Seiten des Dachs mithilfe eines Kurbelmechanismus’ aus Seilen und Gewichten nach oben aufklappen. Die Querlüftung ist also gewährleistet. Ein weiterer Vorteil des Büros im Keller: Die Architekten haben sich ihren Garten nicht „zugestellt“: Das Dach des 12 Meter langen Baus blitzt zwar zwischen den Bäumen hervor, aber insgesamt erscheint das Gebäude doch sehr zurückhaltend. In der Dämmerung schimmert die Kunststoffhaube wie ein riesiges Glühwürmchen.

Ein großer Arbeitsraum

Das Innere des Ateliers ist ein einziger, langer Raum mit durchgehender Farbgebung und Materialität. Das eine Ende allerdings, wo die Chefs ihre Arbeitsplätze haben, ist durch eine Acrylglaswand abgeteilt. In die Wand sind zwei leuchtend orangefarbene Türflügel eingelassen, die sich ausklappen lassen und so bei Bedarf den Bereich sowohl visuell als auch akustisch abschirmen. An dieser Stelle liegen auch der Eingang und die Treppe zur tiefer gelegenen Nasszelle.

Die zwei Seiten desselben Hauses

Der Charakter des gesamten Büros wird bestimmt durch die schalungsraue Ästhetik der sichtbar belassenen Betonwände, die filigranen Metallprofile der Konstruktion und die kräftige Farbigkeit der Oberflächen. In der nach Norden zeigenden, lichteren Seite des Baus sind die Wände hellgrün und die Dielen des Bodens gelb gestrichen. In der südlichen, dunkleren Seite verzichteten SelgasCano auf intensive Akzente und wählten für Wände und Boden die Farbe Weiß. Der Abgang zum Bad ist schwarz gestrichen. Das Atelier wirkt durch das geteilte Dach und die Farbgebung deutlich zweigeteilt, ohne allerdings optisch auseinanderzufallen. Die abgerundete Form des Dachs hält den Raum zusammen.

Kühn auskragende Schreibtische

Möbliert ist das unterirdische Büro mit einem Sammelsurium von unterschiedlichen Stühlen und Leuchten aus verschiedenen Designepochen. Diese Einzelstücke werden ergänzt von einheitlichen Einbauten: Als Schreibtische dienen weiße Tischplatten, die weit und stützenlos aus der Wand auskragen. Entlang beider Längswände sind Regale aus weiß lackierten Metallrohren und gläsernen Böden angebracht.
Der schlechte Ruf des Souterrains sollte vielleicht revidiert werden angesichts dieses Kellerbüros, in dem die Mitarbeiter unter Bäumen sitzen und auf Augenhöhe Ausblicke in den Garten genießen können.
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Links

Projektarchitekten

SelgasCano

www.selgascano.com

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