Farbenfrohe Parallelwelt
Makeover mit Blockfarben in London-Islington
Wenn London mit einem Wetterzustand assoziiert wird, dann mit Nebel. Grau ist deshalb so etwas wie die Signature-Farbe der Stadt. Als eine vierköpfige Familie ein altes viktorianisches Haus im Stadtteil Islington fand, sollte es auch aufgrund seiner Koordinaten zu einer farbenfrohen Parallelwelt werden.
Die neuen Eigentümer*innen beauftragten das in London Hackney ansässige Studio Office S&M mit der Umgestaltung ihres Heims und baten die Architekt*innen, aus dem beengten Grundriss ein Universum voller Überraschungen und mit viel Platz für die unterschiedlichen Ansprüche aller Bewohner*innen zu machen. Zu einer zusätzlichen Herausforderung wurde dabei das limitierte Budget. Es forderte die Designer*innen zu ungewöhnlichen Lösungen heraus: „Das Projekt hat uns dazu gebracht, Wiederverwertung als Designwerkzeug für mutige Konzepte zu begreifen – und wir haben Werte und Potenziale in Materialien gefunden, die sonst übersehen worden wären“, erzählt Catrina Stewart, die Office S&M gemeinsam mit Hugh McEwen gegründet hat.
Wiederverwertet oder umgenutzt
Die Bauherrin Tamsin Chislett ist Gründerin eines Online-Services, bei dem die Kunden sich Mode leihen, statt sie zu kaufen. Deswegen ist auch im Haus Recycling Teil der DNA. Für das Interieur setzte Office S&M ausschließlich Materialien ein, die wiederverwertet oder umgenutzt wurden: glänzende Arbeitsplatten aus eingeschmolzenen Milchflaschen und marmorierte Oberflächen aus alten Kunststoffplatten, Terrazzo aus Marmorresten und Hängeleuchten aus Ton mit einem Zuschlag aus recycelten Ziegeln.
Architektur in der Architektur
Der erste Schritt der Modernisierung war die Entkernung des Hauses. Im Erdgeschoss wurden die Innenwände entfernt und eine offene Küche mit angeschlossenem Essbereich geschaffen. Eingebaut wurden maßgeschneiderte Möbel, die stilistisch auf der exzentrischen Seite liegen. Sie sind in tropische Knallfarben gekleidet und laden zur spielerischen Interaktion ein: Es gibt Sockel zum Erklettern, weiche Oberflächen zum Anschmiegen und winzige Räume zum Hineinkriechen. Jedes Möbel ist eine Architektur in der Architektur und erfüllt mehr als eine Funktion. Die Sitzbank mit Spitzdach etwa wird außerhalb des Essens zur Leseecke oder zur Vitrine für Lieblingsdinge. Getönte Spiegel reflektieren das bunte Patchwork und lassen den Raum größer wirken. Und sie ergänzen durch einen strategischen Einsatz das Lichtkonzept. Denn weil es im Erdgeschoss verhältnismäßig dunkel ist, sind die Spiegel auch ein Multiplikator für das Tageslicht.
FOTOGRAFIE French+Tye
French+Tye