Ferien mit den Elementen
Ein Inseldomizil von Akb Architects in Ontario

Der Weg zur Erholung ist weit und abenteuerlich: Durch den Archipel im Huronsee führen schwer zu passierende Gewässer und unkalkulierbare Wetterbedingungen. Dafür wartet am Ziel unberührte Natur in absoluter Einsamkeit. Auf einer der entlegensten der bewohnten Inseln hat das Architekturstudio Akb Architects aus Toronto vier Ferienhäuschen geplant, die sich mit einer monochromen Verschalung aus kanadischem Zedernholz nahezu unsichtbar machen.
Der Huronsee gehört neben den zwei direkten und bekannteren Nachbarn Michigansee und Eriesee zur Gruppe der fünf Großen Seen in Nordamerika. Mitten im See verläuft die Grenze zwischen den USA und dem kanadischen Bundesstaat Ontario. Ebenfalls auf kanadischer Seite liegt der weit gestreute Archipel von Pointe Au Baril, bestehend aus vielen kleinen und großen Inseln aus präkambrischem Gestein. Wer hier rausfährt, muss achtsam navigieren und teils lange Strecken zurücklegen, mit den Höhendifferenzen der Gezeiten planen und auf Unwetter vorbereitet sein. Hier macht die Natur die Regeln – und genau das macht für viele Besucher*innen die Faszination der Region aus.
Ein Bunkie für die Gäste
Einige der Inselchen sind ständig bewohnt. Und auf einigen der Eilande haben sich unter anderem Einwohner*innen der drei Fahrstunden entfernten Hauptstadt Toronto Häuser für Auszeiten von der urbanen Hektik erbaut. So auch auf Whistling Wind Island, einer einen Hektar großen Felsformation, die sich wenige Meter aus dem Süßwassersee erhebt. Das Architekturstudio Akb Architects aus Toronto baute hier ein Häuserensemble für einen leidenschaftlichen Windsurfer und seine Familie. Insgesamt stehen vier Häuschen in verschiedenen Größen auf Whistling Wind: Ein Haupthaus, eine Sauna, ein Bootshaus mit Fitnessraum und ein „Bunkie“ – so bezeichnen die Kanadier*innen eine einfache Seehütte, die ergänzend zum infrastrukturell gut ausgestatteten Cottage als zusätzlicher Schlafraum oder Gästehaus errichtet wird.
Urlaub mit Wind und Wetter
In dieser Region sind Häuser auch gleichzeitig windsichere Schutzräume vor launischen Wetterphänomenen. Pointe Au Baril ist bekannt für dramatische Sommerstürme, die sich in Minutenschnelle mit Sonnenschein abwechseln können. Weil aber genau die raue Natur der Grund für die Inselbesitzer*innen ist, mit ihren Booten rauszufahren, sind auch die Häuschen von Akb Architects ein direktes Echo auf die Landschaft. Sie fügen sich mit Farbe sowie Material ein und machen über bodentiefe Fenster das Panorama zu einem Element der Räume. Dabei sind die Hütten wie zufällig verstreute Bauklötze auf dem Gelände platziert. Es gibt keine klaren Front- und Rückseiten, dafür Ausblicke zu mehreren Seiten. Zudem lassen sie sich komplett öffnen, sodass bei gutem Wetter die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum mit den angeschlossenen Terrassen verschwimmen. Die Fassaden und Dächer sind mit langsam silbern verwitternden Zedernschindeln verkleidet. Von Weitem sind sie vor den bräunlich-grauen Felsen kaum auszumachen.
Kaminzimmer mit Panoramawänden
Das eingeschossige Haupthaus steht auf der höchsten Erhebung. Mit den anderen Bauvolumen ist es über Stege verbunden, die über die Lücken und die Spalten der Felsen führen. Vom Hauptraum aus haben die Bewohner*innen ihre Insel im Blick, während sie die offene Küche nutzen oder sich an dem mit lokalem Musoka-Granit verkleideten Kamin vor der Kälte verstecken. Das gesamte Interieur ist ebenfalls mit Zedernholz verkleidet, das durch seine ätherischen Öle waldig duftet und aufgrund einer weiß getünchten Oberfläche mit dem Meer und den Steinbuchten vor den Fenstern zu einer Einheit wird. Auf knapp 170 Quadratmetern sind neben den Wohnräumen auch zwei Schlafzimmer, ein Bad und eine Waschküche untergebracht. Vier weitere Schlafplätze finden sich im Bunkie, das dem gleichen Stilprinzip folgend eingerichtet wurde.
Saisonale Ruhezeit
Die Kamine sind die einzigen Wärmequellen in den Häusern – und auch sonst folgt ihre Konzeption asketischen und nachhaltigen Prinzipien. So wurde für die Fenster eine Dreifachverglasung gewählt und auf dem Dach ließ die Familie Solarpaneele installieren. Auch der Wasserverbrauch wurde minimiert, indem Armaturen installiert wurden, die den Durchfluss regulieren. Und die einzige Badewanne ist der Huronsee. Zusätzlich ist eine Außendusche in Planung, die ihr Wasser direkt aus der Bucht bezieht. Die Beleuchtung ist nicht nur energiesparend geplant, sondern auch so warm und abgedimmt, dass sie die gemütliche Stimmung von Kerzenschein erzeugt. Im Winter ist der Besuch der Insel ohnehin nicht möglich. Dann werden die Fenster durch Aluminiumplatten verdeckt und die Schwimmdocks eingeholt. Wenn dann ab November die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken, wird das Wasser des Sees zu Eis – und die Saison auf Whistling Wind Island ist zu Ende.
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