Französisches Kontrastprogramm
Stadthaussanierung in Toulouse von RMGB
Nach zahlreichen Um- und Anbauten herrschte in einem Stadthaus in Toulouse architektonisches Chaos, das zudem den Wohnbedürfnissen eines Elternpaares und ihren mittlerweile fast erwachsenen Kindern nicht mehr gerecht wurde. Aufgeräumt wurde es von zwei Pariser Architekten, die mit einer Mischung aus viel Minimalismus, dem Spiel mit Gegensätzen und zeitgenössischer Ästhetik für viel gestalterische Abwechslung sorgten.
Schon vier Jahrzehnte befindet sich das Stadthaus im südfranzösischen Toulouse im Besitz der Auftraggeber, die darin immer mehr bauliche Veränderungen vornahmen, je älter ihre Kinder wurden. Dadurch hatte das Haus seine ursprüngliche Homogenität verloren, und vor allem auf der unteren und der zweiten Etage des Hauses wurde viel potentieller Wohnraum durch unnötig gewordene Raumteiler und zahlreiche tote Winkel verschwendet.
Entkernen statt aufräumen
In ihrer Not wandte sich die Familie an Baptiste Rischmann und Guillaume Gibert, Gründer der in Paris ansässigen Agentur RMGB, die eigentlich ,,nur ein bisschen Ordnung’’ in diese nicht mehr zeitgemäße Wohnsituation bringen sollten. Aber weil sich schnell herausstellte, dass sowohl die räumliche Aufteilung als auch die Einrichtung der insgesamt drei Etagen überhaupt nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen und dem ästhetischen Empfinden der vierköpfigen Familie entsprach, nahm das anfängliche recht überschaubare Auftragsvolumen ganz andere Formen an: Das Haus wurde kernsaniert und alle Möbel entsorgt.
Weniger Zimmer für mehr Platz
Die insgesamt 150 Quadratmeter, die vor dem Umbau aus vielen kleinen verwinkelten Zimmer und Kämmerchen bestanden, unterteilte RMBG nun in lediglich vier Bereiche: Die untere Etage wurde zum durchgängigen Wohnbereich für die Familie und der zweite Stock für den Sohn umgestaltet, während sich die Eltern die erste Etage mit ihrer Tochter teilten.
Immer wieder Holz und Grau
Überschaubar wie die neu geschaffenen Wohnbereiche ist auch die Anzahl der Materialien und Farben, mit denen die Franzosen das Interior des Hauses gestalteten: Vor allem Holz und die Farbe Grau verwendeten sie auf der gesamtem Wohnfläche und für die unterschiedlichsten Vorrichtungen, jedoch stets in anderen und teilweise auch sehr konträren Varianten. So vertäfelten sie in einem Zimmer eine Wand aus sattem Walnussholz, während sie in einem anderen Raum dazu helle Natureiche benutzten oder gestalteten hölzerne Zierleisten für die Wohnzimmerwand. Einheitlich tonangebend ist jedoch in allen umgestalteten Räumen die Farbe Grau, sei es auf Böden, Decken, Wänden, Möbeln oder den Gardinen. Klug bedienten sich die jungen Kreativköpfe dabei diverser Farbnuancen und viel Lichteinfall aus künstlichen Quellen oder durch die durchgehenden Fenstervitrinen, die sie auf allen Etagen der Rückseite des Hauses installierten, um dieser scheinbar toten Farbe lebendige Highlights zu verleihen.
Nahtlose Kontraste und pointierte Details
Ein weiteres gestalterisches Highlight lieferte RMBG dazu in Form ihrer typischen Handschrift, nämlich der nahtlosen Kontrastsetzung verschiedener Universen. Besonders auf der unteren Etage konfrontierten die Franzosen unterschiedliche Stimmungen miteinander und ließen den sehr minimalistisch, dunkel gehaltenen Eingangsbereich des Hauses auf ein bürgerlich anmutendes Wohnzimmer mit Stuck und Fischgrätparkett treffen. Unmittelbar daran setzten sie wiederum eine hochmoderne Küchennische, deren glänzendes Edelstahl und homogen geharzter Fußboden einen totalitären Kontrast zu der fast altmodischen Wohnzimmereinrichtung bilden. Auch auf den zwei oberen Stockwerken kreuzten RMGB ganz unterschiedliche Stimmungen. So gestalteten sie das Zimmer der Tochter in hellen, behaglichen Farbnuancen, während der Wohnbereich des Sohnes wie ein Hotelzimmer konzipiert wurde, das fast ein wenig unpersönlich wirkt. Gesellschaftliche Einrichtungscodes stellten die Franzosen selbst bei der Möbelauswahl auf den Kopf und überraschen mal mit einer freistehenden Duschkabinen, mal mit einem in die Wand integrierten Sekretär.
Auf jeden Topf passt ein Deckel
Alles in Einem schienen die in Paris ansässigen Architekten durch ihre Vorliebe für das Spiel mit Gegensätzen wie prädestiniert für eine Projektarbeit in Toulouse. Ist die viertgrößte Stadt Frankreichs doch auch als Stadt der Kontraste bekannt, weil sich dort prächtige Herrschaftshäuser an Bauwerke aus rosa Ziegel, italienische Fassaden und Gebäude mit spanischem Flair reihen.
FOTOGRAFIE RMBG
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