Funktionale Fassaden
Verschattung im Bestand und Neubau

In heißer werdenden Sommern wird Schatten immer wichtiger. Drei internationale Projekte zeigen, wie sich Licht lenken lässt, Räume kühl bleiben und perforierte Außenhüllen zu einem Teil des architektonischen Gesamtkonzepts werden.
Wenn die Sonne im Zenit steht, heizen sich Innenräume schnell auf. Neben dem Einsatz von Vorhängen, Pflanzen oder Jalousien lässt sich der Schutz vor der Sonne auch in die gebaute Struktur integrieren. Der Vorteil: Es entstehen Orte des Übergangs und ein interessantes Wechselspiel zwischen innen und außen. Das zeigen drei Architekturprojekte aus Tschechien, den USA und Australien.
Leben in einer Laterne
Inmitten der hügeligen Landschaft Südböhmens hat der Architekt Jan Žaloudek für sich und seine Familie ein Haus in den weitläufigen Schlosspark von Kamenná Lhota gebaut. Während tagsüber die Sonne durch hunderte kleine Öffnungen fällt und Lichtpunkte auf den Boden des Wohnbereichs wirft, strahlt abends das Licht in die Umgebung. Das Landhaus soll als Rückzugsort dienen, in dem sowohl Žaloudek als auch seine Partnerin, die Kunsthistorikerin und Autorin Jolanta Trojak, ihre Kreativität entfalten können und im Kontakt mit der Natur sind. Im historischen Setting des barocken Parks sollte der Neubau das Schloss nicht durch seine Architektur überflügeln. In Anlehnung an ländliche Scheunen und Lagerhäuser entstand die Giebeldachform von House Oskar. Die perforierte Mauer der südlichen Giebelwand dient als Sonnenschutz. Holzpaneele an den anderen Fassaden nehmen das Muster auf. Sie schaffen weitere Schattenplätze in Vorräumen und Loggien. So können die Bewohner*innen geschützt in Verbindung zur Außenwelt treten und haben eine Auswahl an Rückzugsmöglichkeiten.
Best of Bricks
Vor dem großen Feuer von 1870 bestand Chicago überwiegend aus Holzbauten. Nachdem mehr als 17.000 Gebäude den Flammen zum Opfer gefallen waren, sah die neue Bauordnung für den Wiederaufbau Backstein als Material der Wahl vor, hergestellt aus dem Lehm der Flüsse. Bis heute prägen Ziegelbauten das Stadtbild. Bei der Transformation eines Bestandsgebäudes in das neue Headquarter des Möbelherstellers NDC nutzten die Architekt*innen von Range Design das Material als optische Klammer. Die luftige Backsteinfront, die vor die ursprüngliche Fassade gesetzt wurde, schirmt den Showroom mitsamt seinen Büros gegen direkte Sonneneinstrahlung ab. Zum Hof hin schützt eine Art Ziegelvorhang die Terrasse vor Blicken und Sonne. Licht gelangt dennoch in die Räume und es ist ein schmaler, mit Pflanzen begrünter Übergangsbereich entstanden. Die lichtdurchlässige Abschottung wiederholt sich im Innenraum: Dort wurde ein Kubus eingestellt, dessen Hochebene mithilfe von Lamellen abgetrennt wird. Er wirkt wie ein Stück Mikroarchitektur, ein Haus im Haus.
Gestreifte Hülle
Zeit für etwas Neues: Nach der Coronapandemie war einer australischen Familie mit zwei Teenager-Töchtern klar, dass sie mehr Platz brauchten. Sie beauftragten das Büro Austin Maynard Architects mit dem Umbau ihres Einfamilienhauses. Die Planer*innen reorganisierten nicht nur die Räumlichkeiten, sondern versahen das Clarke House auch mit einer durchbrochenen hölzernen Hülle. Holzlatten stehen geometrisch zueinander und zeichnen die ursprüngliche Form des Dachs nach. Sie lassen Alt und Neu, Offenheit und Rückzug in ein Wechselspiel treten, spenden Schatten und geben Privatsphäre. Inspiriert wurde der Umbau durch den Bezug der Familie zu Japan. Er gibt den heranwachsenden Kindern mehr Privatsphäre und den zu Hause arbeitenden Eltern Rückzugsmöglichkeiten, schafft aber zugleich Gelegenheiten der Begegnung, zum Beispiel in der großzügigen Wohnküche.
Die Beispiele zeigen: Ob Beton, Holz oder Backstein – ungewöhnliche Fassaden schaffen einen durchdachten Sonnenschutz und verändern die Wirkung eines Hauses grundlegend.
Jan Žaloudek Architekt
janzaloudekarchitekt.czRange Design & Architecture
rangedesign.comAustin Maynard Architects
maynardarchitects.comMehr Projekte
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