Funktionale Grenzgänger
Der Co-Working-Space von brandherm + krumrey in Berlin setzt auf Gemütlichkeit

Neue Gemeinschaft: In einem Co-Working-Space geht es nicht nur ums Arbeiten. Es geht auch um Wissensaustausch und das Aufspüren potenzieller Partner. Dass hierbei eine branchenspezifische Ausrichtung hilfreich sein kann, zeigt der von brandherm + krumrey gestaltete Helix Hub in Berlin.
In Berlin ist derzeit nicht nur die IT-Branche am Wachsen. Auch Unternehmen aus den Bereichen Gesundheitswesen und Biowissenschaften legen kräftig zu. Für sie ist an der Invalidenstraße, Ecke Chausseestraße ein achtgeschossiger Büroneubau entstanden, der von platena+jagusch.architekten aus Berlin entworfen wurde. Der Helix Hub, so der offizielle Projektname, bietet auf rund 3.500 Quadratmetern eine Vielzahl an Co-Working-Spaces – nur wenige Gehminuten vom Charité-Campus und Gesundheitsministerium entfernt.
Die Inneneinrichtung wurde vom Büro brandherm + krumrey geplant, das Dependancen in Köln und Hamburg unterhält. Dabei ging es nicht nur darum, Einzelbüros, Teamarbeitsplätze und Tagungsbereiche zu schaffen. Vor allem der Netzwerkgedanke stand bei der Gestaltung der Innenräume an vorderer Stelle. Schließlich sollen die Unternehmen davon profitieren, dass die Expertise einer Branche hier unter einem Dach gebündelt wird. Und das bedeutet: unterschiedliche Arten von Treffpunkten zu schaffen, die sich über das gesamte Haus verteilen und die informelle Kontaktaufnahme fördern.
Leuchtende Helix
Im Erdgeschoss führt ein langer, offener Durchgang in die Tiefe des Gebäudes hinein. Die linke Seitenwand ist mit vollflächigen, hölzernen Paneelen verkleidet. Auf der gegenüberliegenden Wand kommen vertikal montierte Holzlamellen zum Einsatz. In der Mitte des lang gezogenen Raumes sind frei stehende Tresen platziert, die von Hochsitzern umringt werden. Zwischen den Tresen stehen eigens angefertigte Polsterbänke, die an ihren äußeren Enden von schmal aufragenden Rückenlehnen eingefasst werden: eine zeitgemäße Interpretation der barocken Récamiere.
Über dieser mäandernden Abfolge von Sitzgelegenheiten hängen unzählige gläserne Leuchtkugeln von der Decke herab: nicht auf einer einheitlichen Ebene, sondern in Form von schwungvollen Sinuskurven. Als Ensemble bilden sie eine stilisierte Helix, die sich in dynamischer Drehung von der Eingangstür in den hinteren Teil des Gebäudes windet.
Wohnliche Mischung
Geht es im Durchgang vor allem um ein kurzes Verweilen, verändert sich die gestalterische Sprache an der Rückseite des Erdgeschosses. Hier haben die Innenarchitektinnen Susanne Brandherm und Sabine Krumrey die zentrale Kommunikationszone des Hauses realisiert, in der das Motiv der holzverkleideten Wände seine Fortsetzung findet. Die flächigen Raumgrenzen werden dabei in die dritte Dimension erweitert: Sie werden zu Möbeln. Die bereits im Foyer eingesetzten Holzlamellen gehen in eine organisch geformte Sitzbank über, die nach einem Höhensprung nach oben in einen langen Holztisch mündet. Dieser führt entlang einer großflächigen Fensterfront vorbei, die Blicke in den Innenhof öffnet.
In einer Ecke des Raumes werden die Holzlamellen von Akustikpaneelen aus Filzwolle durchbrochen, die in den Farben Rosa, Lachs und Hellgrau gehalten sind. Für wohnliche Qualitäten sorgen ebenso die Sessel und Sofas mit Bezügen aus blauem Samt oder Stoffen, deren haptische Texturen an Tweed-Sakkos aus den Fünfzigerjahren erinnern. Teppiche, Stehleuchten, runde Beistelltische, Zimmerpflanzen sowie ein großes Bücherregal verstärken den Zuhause-Charakter des Ortes, an dem sich Arbeit nicht nach Arbeit anfühlen soll.
Changierende Nuancen
In den Büroetagen sind die Farben deutlich heller als im Erdgeschoss gehalten. Lichtgraue Wände treffen auf Teppiche, die zwischen gebrochenen Hellgrau- und Blaunuancen changieren und mit ihrer unregelmäßigen Struktur die Tonalität der Sichtbetonpfeiler aufgreifen. Die bodentiefen Fenster lassen viel Tageslicht herein. Damit dieses auch die Korridore erhellt, sind die Einzelbüros und Besprechungsräume von gläsernen Trennwänden umschlossen. Einige Durchgänge warten mit Konsolen auf, die vor einer Pinnwand montiert sind und von Barhockern umringt werden. Sie können als Einzelarbeitsplätze ebenso benutzt werden wie für gemeinsame Besprechungen und Präsentationen. Die Möbel sind funktionale Grenzgänger – genau wie die heutige Arbeitswelt.
FOTOGRAFIE Joachim Grothus
Joachim Grothus
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