Grobe Perfektion
Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama
Kenta Hirayama gründete sein Büro erst im vergangenen Jahr und startete gleich mit einem ungewöhnlichen Projekt. Statt Sichtbetonqualität überrascht das „House in Hakusan“ mit einem Materialkontrast aus ruppiger Betonstruktur und passgenauen Holzeinbauten.
Wenn die Stichworte Japan, Architektur und Beton fallen, denkt man an die streng gerasterten und zugleich sinnlichen Betonbauten von Tadao Ando oder an die ebenso glatten und bis auf das Notwendigste reduzierten Betonflächen von SANAA. Auch die jüngere Generation um Sou Fujimoto oder Go Hasegawa wusste schon mit homogenen Sichtbetonoberflächen zu überzeugen. Ihnen allen ist gemein, dass Beton als möglichst makelloses Material in Erscheinung tritt, wo jede Fuge und jedes Ankerloch an der richtigen Stelle sitzt und den Gesamteindruck eines perfekt verarbeiteten Materials unterstützt. Beim Umbau des Apartements im Zentrum von Tokio, den der Architekt Kenta Hirayama für sich selbst geplant hat, ist das anders.
Zurück zum Rohbau
Statt geradlinig-glatter Wände, Decken und Stürze sind alle sichtbaren Betonflächen schroff und vielfältig. Mal grobporig, mal kompakt, mit Verfärbungen durch das Schalöl, mit kleinen Abplatzungen und Ausbesserungen. Warum? Weil Hirayama die fünfzig Jahre alte ursprüngliche Betonstruktur des Bestandsbaus, die eigentlich nicht als Sichtfläche gedacht war, von allen Einbauten und Verkleidungen befreit und wieder sichtbar gemacht hat. Nach dem Offenlegen des alten Rohbaus galt es anschließend, ein harmonisches Miteinander mit den neuen Trennelementen und Möbeln zu finden, die notwendig waren, um den Raum zu gliedern.
Weite und Wandelbarkeit
Das nur 57 Quadratmeter große Apartment lässt sich durch mehrere Schiebeelemente nach Bedarf in kleine Räume unterteilen oder zu einem großzügigen Raum zusammenschließen. Um das Gefühl der Enge zu vermeiden, ist das Durchqueren der Räume als Rundweg um den zentral angeordneten Küchenblock konzipiert. Von der Küche aus können bei geöffneten Türen die aufgereihten Funktionen aus Schlaf-, Ess- und Arbeitsbereich eingesehen werden. Feststehende Wände wurden soweit wie möglich vermieden. Die Schiebeelemente erlauben nicht nur eine große Veränderlichkeit der Raumsituation, sondern vereinfachten dank der Vorfertigung auch die Bauphase.
Kirschbaum und Zelkovenholz
Für die Materialwahl der neuen Einbauten und Oberflächen war die Umgebung des Apartments entscheidend. Die Wohnung liegt an einer Gebäudeecke mit Blick auf einen botanischen Garten, in dem unter anderem Zelkovenbäume wachsen. Das kontrastreich gemaserte Holz der Zelkove wurde für den Schreibtisch und den Couchtisch verwendet. Die übrigen Einbauten sind aus Kirschbaumholz gefertigt, deren tiefe rotbraune Farbgebung hervorragend mit dem Zelkovenholz harmoniert. Flächige Wandelemente und Schiebetüren halten sich in Weiß zurück, um dem Spiel aus Beton und Holz den Vortritt zu lassen. Außerdem reflektieren die hellen Oberflächen das einfallende Licht und unterstützen so die natürliche Belichtung in der kleinen Wohnung.
Bis auf wenige Ausnahmen – wie etwa die Edelstahloberfläche des Küchenblocks – sind die Materialien des House in Hakusan auf groben Beton, sachliches Weiß und warmes, rötlichbraunes Holz beschränkt. Daraus entsteht ein spannungsreicher Einklang: Präzise gearbeitete Einbauten verknüpfen sich mit der schroffen Bestandskonstruktion zu grober Perfektion.
FOTOGRAFIE Tomooki Kengaku Tomooki Kengaku
| Bauart: | Renovierung |
| Fläche: | 57 m² |
| Jahr: | 2024 |
| Konstruktion: | FineArts Inc. |
| Möbel: | Tsubohara Fabrik und Takeru Nakamura |
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