Grün und günstig
Niedrigenergiehaus in London von Hayhurst & Co

Dass ein Niedrigenergiehaus nicht die Welt kosten muss, zeigen Hayhurst & Co Architects in London. Die Glashausarchitektur ihres Projekts „Green House“ schafft einen Bezug zur Natur und lässt viel Licht in die Räume.
Schmale Einfamilienhäuser aus Backstein prägen die Clyde Circus Conservation Area im Londoner Stadtteil Tottenham. Dort – in einer kleinen Gasse – hat das Team von Hayhurst & Co Architects ein Haus für eine Familie mit zwei kleinen Kindern entworfen, das sich schon durch seine Fassade von der Umgebung abhebt. Statt massiver Steinmauern wählten die Architekt*innen eine Hülle aus halbtransparentem Polycarbonat. Sie erinnert an die Gewächshäuser, die sich früher auf dem Gelände befanden.
Effizienter Materialeinsatz
„Ein Wohnhaus zu entwerfen bedeutet zu verstehen, wie die Menschen leben und was ihnen wichtig ist“, sagt die Architektin Claire Taggart. „Unsere Bauherren wollten etwas Ungewöhnliches, viel Licht und große Gemeinschafträume.“ In der Gestaltung ließen sie dem Team von Hayhurst & Co große Freiheiten. Gleichzeitig war das Budget begrenzt: Weniger als 3.000 Pfund pro Quadratmeter sollte der Neubau kosten.Diese Vorgabe machte die Architekt*innen erfinderisch. Die einfache Kastenform ermöglichte eine ressourcensparende Planung. Auf Zargen und Türrahmen verzichteten sie ebenso wie auf kohlenstoffhaltige Gipsplatten. Stattdessen ist die Struktur aus Brettsperrholz (CLT) von innen sichtbar, ja sie wird sogar zum Gestaltungselement. Dazu passen die Türen, ebenfalls aus CLT, sowie der Fußboden aus recyceltem Korkgummi. Um auch im Betrieb Kosten zu sparen, setzten die Planer*innen bei dem Niedrigenergiehaus auf eine Luftwärmepumpe als Heizung. Solarzellen auf dem Dach decken den Strombedarf.
Zentrales Atrium
Ein Oberlicht im Zentrum des Hauses flutet den großen Wohnraum mit Tageslicht. Das Atrium, in Anspielung auf marokkanische Bauten mit ihrem klassischen Innenhof auch The Tottenham Riad genannt, verbindet Erdgeschoss und ersten Stock. Dort sind die Schlafzimmer rund um die Galerie angeordnet. Diese Konstruktionsweise bringt nicht nur Licht, sondern auch Luft ins Haus: Über Dachventile lässt es sich an heißen Tagen querlüften.
Die grün lackierte Treppe samt Geländer sowie die vielen Pflanzen und seine Klimabilanz gaben dem Projekt den Namen Green House. Im Erdgeschoss, wo Küche, Ess- und Wohnzimmer ineinander übergehen, lassen sich einzelne Bereiche optisch und akustisch durch Vorhänge abtrennen. Besonders im Winter schaffen sie eine wohnliche Atmosphäre.
Grüner Sichtschutz
Schon in ihrer alten Wohnung umgaben sich die Bauherr*innen Tom und Amandine, er Fotograf und sie Lehrerin, gerne mit Pflanzen. Im Green House sind sie Dekoration, Sichtschutz und Lebenselixier in einem. Um in der dicht bebauten Nachbarschaft einerseits Licht und Offenheit, andererseits aber auch Privatsphäre zu schaffen, ist die Terrasse gen Süden im ersten Stock üppig mit Bambus bepflanzt. Er filtert das Licht und reguliert an heißen Tagen die Temperatur. Ebenerdig stellen große Fenster den Bezug zum Garten her. Der britische Gartendesigner Ollie Allum legte ihn als eine Erweiterung des Wohnraums an. Recycelte Betonblöcke strukturieren die Fläche vor und hinter dem Haus. Für die Bewässerung gibt es eine Regentonne auf dem Dach.
Geringes Budget gegen gestalterische Freiheit: Dieser Deal zwischen Bauherrschaft und Architekt*innen ging im Fall des Londoner Green House auf. Die künftigen Bewohner*innen ließen sich auf die unkonventionellen Lösungen der Planer*innen ein. Für Bauweise und Materialauswahl entwickelten diese zukunftsträchtige Ideen, die auch in anderen Kontexten ihr Potenzial entfalten könnten.
FOTOGRAFIE Kilian O'Sullivan Kilian O'Sullivan
Projektname | Green House |
Ort | London, Großbritannien |
Entwurf | Hayhurst & Co @hayhurstandco |
Landschaftsarchitektur | Ollie Allum @plantingmad |
Projektleitung | Claire Taggart |
Fläche | 189 Quadratmeter |
Fertigstellung | 2021 |
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