Im Bienenstock
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Die Nutzung von Bestandsbauten wird immer mehr zum allgemeinen Architektur-Trend, und auch im kroatischen Zagreb findet sich seit kurzem ein gelungenes Beispiel des Umgangs mit alter Bausubstanz. Nur dass hier – bis auf das konstruktive Skelett – nicht viel vom Altbau übrig gelassen wurde. Aber immerhin nutzten die Architekten von Studio Up es als Grundstruktur für die Neugestaltung: Nach dem Streichholzschachtel-Prinzip fügten sie Arbeitsboxen zwischen die Geschossebenen ein, die mal mehr, mal weniger weit aus dem Bau herausragen.
Ein bisschen wie ein Bienenstock wirkt das neue Hauptquartier der Spectator Group in Zagreb: Eine Wabe reiht sich an die nächste, und in jeder kann man fleißigen Menschen bei der Arbeit zusehen. Das Haus erhielt dabei eher zufällig seine jetzige Funktion – bei einem Spaziergang wurde das leer stehende Gebäude entdeckt. Nun vereint es die vorher über das gesamte Stadtgebiet verteilten Büros der Firmengruppe.
Working in a box
Alle Mitarbeiter sollten die gleichen Arbeitsbedingungen vorfinden – dies war eine der Gestaltungssetzungen des Bauherrn. Das junge Architekturbüro um Lea Pelivan und Toma Plejić entwickelte aus dieser Vorgabe ein Prinzip mit Anleihen aus der Moderne: Das nach der Entkernung des Hauses übrig gebliebene Beton-Skelett dient als Matrix, in die sogenannte „Arbeitskapseln“ – für jeweils zwei bis sechs Mitarbeiter – eingefügt wurden. Diese Boxen „schauen“ unterschiedlich weit aus dem Gebäude heraus, wodurch sich ein lebendiges Fassadenbild ergibt. Wie übereinander gestapelte Umzugskisten wirken die ersten drei Etagen. Unterstützt wird der verspielte, klaviaturartige Eindruck noch durch den farblichen Kontrast: Die von innen weißen Boxen sitzen in einem ansonsten vollkommen schwarzen Baukörper.
Das Fassadenmaterial besteht aus schwarz pulverbeschichtetem Metall-Mesh-Gewebe, das tagsüber nur den Blick von innen nach außen zulässt. Bei Dunkelheit legt die transluzente Haut allerdings den Blick auf die alte Tragstruktur des Hauses frei.
Spieglein, Spieglein
Die Kapseln – zwischen denen Regalwände liegen – öffnen sich zum Flur und bilden so ein Mischsystem: halb geschlossen, halb offen. Gegenüber liegen die Gruppen-Besprechungsräume, Empfangsbereiche und WC-Anlagen – nur durch verschiebbare Glaswände vom Flur getrennt. Überhaupt mussten die Architekten ein paar Tricks anwenden, um die geringe Raumtiefe- und höhe zu überspielen und benutzten daher im Innenraum vor allem spiegelnde Oberflächen und transparente Materialien. Aus raumakustischen Gründen sind die Flure mit Industrieteppich-Fliesen ausgelegt, die von den Architekten auch zur Verkleidung der Empfangstresen genutzt wurden.
Ansonsten setzt sich auch im Inneren der Schwarz-Weiß-Kontrast fort – in den oberen Bereichen, die für Kundengespräche gedacht sind, beließen es die Gestalter bei einer rohen, industriellen Optik. Hier wurde das grobe Metallgewebe der Fassade auch als Deckenverkleidung benutzt, die Böden blieben unbehandelt, und anstelle der Boxen öffnet sich der Raum komplett in alle Richtungen und bietet einen wunderbaren Blick über Zagreb.
Hoch oben
Die Neu-Organisation ähnelt vom architektonischen Konzept her ein wenig der Unité d`habitation von Le Corbusier: Eine horizontal gegliederte Haus-Scheibe, in der sich alles zum Leben (beziehungsweise Arbeiten) Notwendige findet. Nur die hierarchische Gliederung hätte dem schweizerisch-französischen Architekten wahrscheinlich missfallen, denn hier gilt: Umso höher das Geschoss, desto wichtiger sind die Mitarbeiter. Für Kunden gibt es sogar einen separaten Eingang, der sie per Aufzug direkt in die oberste Etage führt, wo sich ein Konferenzsaal sowie eine doppelgeschossige Lounge mit Panoramablick über die Stadt befinden. Nur das Dach mit Garten und Tee-Pavillon ist für alle zugänglich und bricht ein wenig mit dem firmeneigenen Kastensystem: Die Angestellten sind eben doch keine Bienen.
FOTOGRAFIE Robert Leš
Robert Leš
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