Internetzeitalter trifft fünfziger Jahre
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Die Stützen kippen, die Treppe kreiselt, das Atrium schwingt vor und zurück. In der neuen Firmenzentrale der Saxo Bank ist einiges in Bewegung. Fast scheint es so, als wären auch die Böden in eine Schieflage geraten. Doch soweit geht das Spiel mit dem Gleichgewichtssinn dann doch nicht. Das Gebäude in spektakulärer Wasserlage in einem Hafengebiet nördlich von Kopenhagen bietet seinen Nutzern aber nicht nur Architektur zum Schwindelig werden, sondern auch zum Schauen: Das verantwortliche Architekturbüro 3XN arkitekter von Kim Herforth Nielsen plante viele Durch- und Ausblicke mit ein. Selbst das Auditorium, sonst oft im Untergeschoss versteckt, kann mit einer Fensterfront aufwarten.
Beide Eigenschaften des fünfgeschossigen Gebäudes der Saxo Bank – Bewegung und Offenheit – prägen in besonderem Maße den zentralen Raum, das Atrium. Es erstreckt sich über die gesamte Höhe des Hauses, allerdings wandelt sich seine Form mit jeder Etage: Der bumerangförmige Ausschnitt aus den Geschossdecken ist von Stockwerk zu Stockwerk gedreht. So ergeben sich immer wieder andere Perspektiven – ein Gestaltungskniff, den 3XN auch schon bei ihrem Gymnasium in Ørestad anwendeten. Die einzelnen Etagen, meist als „open space“ angelegt, werden zum Atrium hin begrenzt von weißen Balustraden. Auffällig sind auch die deutlich geneigten Stützen.
Den Mittelpunkt des Atriums bildet die große weiße Wendeltreppe, die sich um einen gläsernen Aufzugschacht windet und die einzelnen Geschosse miteinander verbindet. Über der großen Spirale liegt das runde Auge des Glasdachs. Mit seinen Aufenthaltszonen und der Wendeltreppe ist das Atrium Anziehungspunkt und Verteiler in einem. Dank der vielfältigen Sichtbeziehungen, auch nach draußen, und dem freigiebigem Umgang mit Fläche und Raum vermittelt es einen Eindruck von Großzügigkeit und Offenheit. Die Jury des „RIBA International Award“ belohnte das Konzept mit einem der fünfzehn Preise 2009, die in Kürze in London verliehen werden.
Treffpunkte auf Teppichinseln
Der Großzügigkeit der offenen Räume stehen stark verdichtete Arbeitsplätze gegenüber: Ein Großteil der Mitarbeiter von Saxo, einer vor allem im Internet agierenden Bank, nutzt ihren Schreibtisch in einem Großraumbüro zusammen mit vielen anderen Kollegen. Die Arbeitsplätze verteilen sich in den open spaces, dazwischen liegen kleine Raumeinheiten, die Besprechungs-, Kopier- und Technikräume beherbergen. Besonders beeindruckend ist die Halle des „Trading Floor“ aufgrund ihrer Höhe und Weite. Nur die leitenden Angestellte können sich in abgeschlossenere Räume zurückziehen.
Dieses Programm wird ergänzt durch zahlreiche, im Gebäude verteilte Treffpunkte mit eher informellem Charakter, etwa in Form von Sitzgruppen auf Teppichinseln. Doch wie aktuelle Studien zeigen, brauchen Wissensarbeiter beide Atmosphären: sowohl die des Austauschs und der Begegnung als auch die des konzentrierten Arbeitens. Im Erdgeschoss des Gebäudes ist eine Kantine untergebracht, im ersten Obergeschoss gibt es neben Büros und Meetingräumen auch ein Fitness-Studio für die Mitarbeiter.
Eine Treppe wie aus den Fünfzigern
Außen fällt die Saxo-Zentrale vor allem durch den geneigten Baukörper und die zweifarbig gemusterte Fassade auf. Der Grundriss ist ein kompaktes, leicht eingedrücktes Rechteck, aus dem ein angesetzter Flügel wie ein Arm herausragt. Die Außenhaut besteht aus grünen Glas- und weißen Metallelementen in Parallelogrammform. Laut 3XN eine Reminiszenz an den Buchstaben X im Namen der Bank. Auf jeden Fall verstärkt das Fassadenmuster den Eindruck, der Bau sei in einem prekären Gleichgewicht ausbalanciert.
Dank der vielfältigen Ausblicke, der räumlichen Großzügigkeit und der dominierenden Farbe Weiß strahlt das Bankgebäude innen eine recht heitere Atmosphäre aus. Die kreiselnde Treppe mit den Eichenholzstufen und dem Geländer aus in Zickzackform angeordneten Metallbändern erinnert an die Architektur der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Organische Formen, helle Farben und filigrane Details sollten eine Stimmung der Leichtigkeit erzeugen nach der Architektur der Massivität in der Jahrhundertmitte. Bei der Auswahl der Möbel knüpften 3XN an die Fünziger-Jahre-Ästhetik an: Mit den „Alu Chairs“ des Ehepaars Eames und dem „Ei“ des dänischen Designheroen Arne Jacobsen bestimmen Möbel aus der Zeit das Bild.
FOTOGRAFIE Adam Mørk
Adam Mørk
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