Kleines Stadtjuwel
Miniapartment auf 13 Quadratmetern in London von Studio Mama
Vielleicht nützte es den Gestaltern, dass sie neben Ausstellungen, Möbeln und Produkten auch schon Schmuck entworfen hatten, als sie das Konzept und die Ausführung dieses Londoner Projekts in Angriff nahmen. Denn dieses Mini-Apartment ist wahrlich winzig. Seine gerade einmal 13 Quadratmeter beinhalten alles, was man zum Leben braucht. Mit dem Ziel, den Wohnungsmarkt aufzulockern und bezahlbar zu machen, entwarfen Nina Tolstrup und Jack Mama von Studio Mama eine smarte Architektur – und ein kleines Stadtjuwel.
Wenn es nach Nina Tolstrup und Jack Mama geht, dann würde sich einiges tun auf den Wohnungsmärkten unserer Metropolen. „Lebenshaltungskosten in London und in anderen Großstädten sind ein echtes Problem, das von der Regierung angegangen werden sollte“, meint Nina Tolstrup. Da von öffentlicher Seite jedoch nicht genug getan wird, wurde sie mit ihrem Studio-Partner selbst aktiv und suchte nach eigenen Lösungen – nicht politisch, aber gestalterisch. Und schafft damit Antworten auf eine zunehmenden Dynamik und ein neues Nomadentum, wie man es unter jungen Generationen zunehmend beobachten kann. „Das Leben in einer Großstadt ist teuer, und es besteht ein Zusammenhang zwischen der Größe des Raums und der Lage. Das macht es für einige attraktiv, auf kleinerem Raum zu leben, aber zentraler und weniger Zeit und Kosten für das Pendeln aufwenden zu müssen“, sagt sie.
Himmlisch hell
Für ein Bürogebäude im Norden von London entwarfen die multidisziplinären Designer ein Apartment, das gerade einmal 13 Quadratmeter groß ist. Aber mit allen notwendigen Funktionen, die es zum Leben braucht. Das Studio hatte Erfahrungen mit kleinen Räumen, aber hier handelte es sich um eine besondere Herausforderung, da Mama und Tolstrup kein handelsübliches Mobiliar verwenden konnten. Die Gestaltung des Innenraumes ähnelte eher der eines Bootes oder Wohnwagens, weil das komplette Interieur speziell angefertigt werden musste, so die Designer.
„Damit kleine Räume funktionieren, braucht man viel Tageslicht“, erklärt die Designerin mit schwedischen Wurzeln. Damit das klappt, arbeiteten die beiden mit Spiegeln, durch die der Raum größer erscheinen soll. Außerdem sorgten sie dafür, dass es keine scharfen Kanten und Ecken gibt. Und sie schufen eine sorgsam selektierte Farb- und Materialwelt: „Wir haben überall Birkensperrholz verwendet für ein nahtloses Raumgefühl. Und wir wählten Pastellfarben, da wir den Raum zwar farbig gestalten, aber nicht überladen wollten“, berichtet Tolstrup.
Fünf Zonen plus
Die Aufteilung des 13 Quadratmeter großen, einstöckigen Raums ist simpel. Es gibt fünf Zonen zum Entspannen, Essen, Kochen, Arbeiten, Schlafen und die Körperhygiene. Dabei legten die Planer Wert auf eine „anständige Bettgröße“, bequeme Sitzgelegenheiten und viel Stauraum, der, wo immer möglich, im gesamten Apartment untergebracht wurde. So kann man seine Siebensachen etwa unter allen Sitzgelegenheiten, in der Küche und auch in einem ausziehbaren Ottomanen verstauen. Auch Doppelfunktionen und Erweiterungen sowie clevere Ausziehlösungen und Schiebetüren holen das meiste aus dem begrenzten Volumen heraus.
Und sogar auf Komfort muss nicht verzichtet werden. Das zeigt Studio Mama mit einem Bett, das sich an der schmalsten Raumkante befindet. Heruntergeklappt, wartet es mit einem Nachttisch und einem kleinen Bücherregal auf. „Ohne was können Sie nicht leben?“, diese Frage richteten die beiden Designer an Besucher des London Design Festivals, auf dem sie ihre Ideen vorstellten. Sicher würden viele antworten: ein gutes Buch, ein geliebter Mensch oder ein besonderes Lieblingsgericht. Dieses Mini-Apartment bietet Platz für all das – und noch viel mehr. Denn wer wenig besitzt, wird um so weniger besessen. Das wusste schon Friedrich Nietzsche.
FOTOGRAFIE Rei Moon/Moon Ray Studio
Rei Moon/Moon Ray Studio