Kogans Kontinuum der Künste
25,5 Meter Rampe aus Beton: Bei diesem Wohnhaus von Marcio Kogan in São Paulo befindet sich der Raum im stetigen Fluss.
BAM! Da steht das Haus inmitten von tropischem Gewächs und spiegelt seinen natürlichen Kontext als abstrakte Architekturskulptur wider. Natürlich im Breitbildformat, denn der Architekt ist schließlich niemand Geringeres als der brasilianische Baumeister Marcio Kogan. Seine exklusiven Wohnhäuser gehören zu den spektakulärsten ihrer Zeit, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu spielen: Moderne und Minimalismus im perfekten Einklang mit der Natur.
Die Bauherrn der Casa da Rampa in São Paulo sind, wie so oft bei den Projekten von MK27, passionierte Kunst- und Möbelsammler. Den vor allem aus Afrika stammenden Objekten bieten die Architektur und ihr natürlicher Kontext den perfekten Rahmen.
Verstecktes Meisterwerk
25,5 Meter: Das ist die Länge der Rampe, die das Erd- mit dem Obergeschoss verbindet. Mit dem von ihm geschaffenen, fließenden Raumkontinuum verneigt sich Kogan gekonnt vor einem der Meisterwerke der Moderne, der Villa Savoye von Le Corbusier. Gleichzeitig bleibt er sich und seiner Idee von Architektur treu, die stets klare Linien, eine Verankerung mit dem Außenraum und einen reduzierten Materialkanon als roten Faden zeigt. Das Grundstück der Casa da Rampa liegt in einem der ruhigen Viertel São Paulos, das durch Villen und private Gärten geprägt ist. Wie so oft bei den Bauwerken von MK27 ist die eigentliche Größe des Projekts von außen kaum wahrzunehmen. In diesem Fall versteckt sich der Neubau hinter einer meterhohen Betonmauer sowie Bäumen und Pflanzen. Das hat nicht nur mit architektonischem Understatement zu tun: Auch die Privatsphäre der Bauherrn wird dadurch geschützt.
Wie im Kino
Tritt man durch die überdimensionale Flügeltür aus Holz, breitet sich vor einem ein gigantischer Wohnraum aus, der sich über die komplette Gebäudelänge zum Garten hin öffnen lässt: Das radikale Aufbrechen seiner Bauten und die dadurch geschaffenen breitbildartigen Landschaftspanoramen sind weitere Motive aus Kogans Architekturvokabular, die er hier par excellence darbietet. Alle Einbauten wurden aus Holz gefertigt und befinden sich an den Rändern, und auch die Möbel scheinen sich der horizontalen Ausrichtung des Hauses zu fügen. Das barrierefreie Raumkontinuum setzt sich auch bei der Erschließung fort: Kogan nutzt die gesamte Länge des Baus, um Unter- und Obergeschoss mit einer Rampe zu verbinden. Ganz ohne Geländer und vor einer meterhohen Betonwand langsam emporsteigend, gleicht der Aufgang einer minimalistischen Skulptur, die dem Raum nichts von seiner Ruhe und Entspanntheit nimmt und für einen weichen Übergang sorgt.
Doppelt eingepackt
Das Obergeschoss ist in eine Holzfassade eingewickelt, die sich teilweise über raumhohe Flügel nach innen öffnen lässt. Allerdings wartet dahinter, hinter einem umlaufenden Flur, eine weitere Hülle: Doppelt hält bei dem tropischen Klima São Paulos einfach besser und schafft milde Temperaturen in den Schlaf- und Wohnräumen. In der Nacht scheint das Licht durch die schmalen Fugen der Fassade nach außen und transformiert das Haus in einen magischen Beleuchtungskörper, dessen Anblick den Bewohnern und ihren Gästen vorenthalten bleibt. Was sich in einigen Jahren ändern wird, wenn sich die Casa da Rampa in den offiziellen Sitz einer Kulturstiftung und den Ausstellungsort der Sammlung verwandeln soll. Räume und Architektur werden diese Wandlung mit Leichtigkeit vollziehen.
FOTOGRAFIE Fernando Guerra
Fernando Guerra
Projektarchitekten
MK27 (Marcio Kogan mit Renata Furlanetto und Diana Radomysler)
www.studiomk27.com.br