Kompaktes Künstlerapartment
Pied-à-Terre in New York geplant von Daniel Schütz und Georg Windeck

„Jedes Projekt gibt uns die Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen“, sagen Daniel Schütz und Georg Windeck. Mit einer 45 Quadratmeter großen Künstlerwohnung in Chelsea führen die beiden in New York ansässigen Architekten vor, wie unterschiedliche Aspekte der Architekturhistorie in einem einzigen, auf das Wesentliche reduzierten Grundriss zusammengeführt werden können.
Eine Nebenwohnung für ein Künstlerpaar in New York, die zum Arbeiten und Leben, zum Gästeempfangen und als Großstadtrefugium dienen sollte. All das auf einer begrenzten Fläche von 45 Quadratmetern. Die Architekten Daniel Schütz und Georg Windeck begegneten der Herausforderung mit Konzepten aus der Architekturgeschichte, dem Schiffsbau und der Kunst. Und schufen so ungewöhnliche Designhybride.
Pied-à-Terre
Boston ist die eigentliche Heimat der Auftraggeber Katarina Burin und Matt Saunders, zwei bildende Künstler, die in Harvard unterrichten. Außerdem haben sie eine Zweitwohnung in Berlin. Nun sollte ein Apartment in New York hinzukommen. Genauer gesagt: im Bezirk Chelsea, im zwölften Geschoss der London Terrace Towers, zwischen 1.700 anderen Wohnungen und den für die Metropole typischen, roten Backsteinfassaden. „Die Towers gehörten zu den ersten Wohnungsbauten der Welt, die gezielt für kleine Einzimmerapartments und den modernen urbanen Lebensstil der Großstadt geplant waren“, sagt Georg Windeck über den Komplex der Dreißigerjahre. Der von Künstlern und Galeristen geprägte Stadtteil sei ein idealer Ort für ein neues Pied-à-Terre der Bauherren gewesen, erzählt der deutsche Planer, der dem Einraumapartment mit reduzierten Farben und Formen einen zeitgemäßen Stil verpasste.
Fließende Übergänge
Zum einen diente der expressionistische Architekt Hans Poelzig als Inspirationsquelle. In Berlin bewohnt das Paar einen seiner Bauten. In New York war es eine Möbelzeichnung aus der Sammlung der beiden Künstler, die die sanfte Lichtstimmung und Farbgebung des Apartments beeinflussen sollte. Für die individuelle Raumgestaltung dienten den Architekten eigene Inspirationsquellen.
So war ein japanischer Palast die Vorlage für den Grundriss des mit Möbeln und Kunst flexibel bespielbaren Apartments. Der Raum sollte zugleich intim und repräsentativ ausfallen, um tagsüber als Aufenthalts- und nachts als Schlafzimmer genutzt werden zu können. Eine freistehende Wand trennt den Wohn- vom Eingangsbereich ab und wurde einseitig verspiegelt. „Wie in der japanischen Architektur ist der Übergang zwischen den Bereichen fließend “, erklärt Georg Windeck.
Charakterräume
Für die Gestaltung der Stauräume dienten Buchhalterbüros und historische Apotheken als Vorlage. „Die Art der Aufbewahrung soll gleichzeitig den Charakter des Raumes bereichern“, so Windeck, der die Aufgabe mit offenen und geschlossenen Einbauschränken löste. Doppelte Funktionen spielen auch in der Küche eine Rolle. Hier war es eine Schiffskajüte, beziehungsweise deren Kombüse, die dazu inspirierte, Wohn- und Essbereich zusammenzulegen. Ein weiteres nautisches Motiv findet sich in dem innenliegenden Bullaugenfenster, das natürliches Licht ins Badezimmer leiten soll.
Mit diesem New Yorker Umbau zeigen Daniel Schütz und Georg Windeck, wie Erkenntnisse aus ganz unterschiedlichen Raumkonzepten gezogen werden können, ohne sich entweder in Theorie oder in Überschwang zu verlieren. Das Ergebnis ist eine Balance aus höchst funktionaler Gestaltung und künstlerischer Poesie.
FOTOGRAFIE Clemens Kois
Clemens Kois
Entwurf | Daniel Schütz | Georg Windeck |
Bauherr | Saunders / Burin |
Standort | Chelsea, New York City |
Fertigstellung | 2019 |
Größe | 45 qm |
Typologie | Umbau |
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