Kunst unter den Füßen
Atelierwohnung in Prag von Tereza Porybná und Objektor Architekti

In der „Ovenecká 33“ in Prag fällt es schwer, den Blick vom Boden zu heben. Denn Terrazzo, Fliesen und Dielen wechseln sich in der Atelierwohnung von Objektor Architekti und Tereza Porybná munter ab. Die Bodenbeläge zonieren den Raum und schaffen ein inspirierendes Umfeld.
Ob in London, Alaska oder eben in ihrer Heimatstadt Prag: Die Kuratorin und Kulturproduzentin Tereza Porybná möchte Menschen zusammenbringen. Mit der Ovenecká 33 hat sich die Organisatorin von Filmfestivals und Ausstellungen einen Traum erfüllt. Die 200 Quadratmeter große Wohnung experimentiert mit verschiedenen Stilelementen und den Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum. „Ich wollte einen Ort schaffen, der gemeinsam genutzt wird, offen und durchlässig ist, aber dennoch versteckte Ecken und Geheimnisse enthält“, sagt die Bauherrin. „Einen Raum, den man auf unterschiedliche Weise durchqueren kann, der unverwechselbar ist und sich doch ständig verändert, wie eine Galerie oder eine Theaterbühne – oder wie ich.“ Tereza Porybná nutzt die Wohnung einerseits selbst, stellt sie aber auch Künstler*innen als Rückzugsort zur Verfügung.
Materialisierte Kindheitsträume
In Jakub Červenka und seinen Kolleg*innen von Objektor Architekti fand Tereza Porybná Architekt*innen, die ihre Ideen verstanden und für Kuriositäten offen waren. So entwarf das Team zusammen mit verschiedenen Designer*innen unter anderem einen „Wohnthron“, der sich aus der Wand emporhebt und mit textilem Flechtwerk gepolstert ist. Die Küche wirkt wie eine Höhle und es gibt einen „Geheimgang“ in der Bibliothek. Diese „materialisierten Kindheitsträume“ fügen sich in eine minimalistische Basis aus glatt verputzten Decken und Wänden ein.
Stattdessen spielt sich viel auf dem Boden ab. Zusammen mit befreundeten Künstler*innen hat Tereza Porybná die Steine für den Terrazzo rund um die Kücheninsel und den offenen Essbereich sortiert. „So war ich in der Lage, verschiedene kreative Prozesse und Handwerkskünste besser zu verstehen, ebenso wie die Objekte, die mich jetzt in meiner Wohnung umgeben“, sagt sie. „Es ist wichtig für mich, die Geschichte meiner Wohnung zu kennen, damit ich sie mit anderen teilen und Künstler einladen kann, durch deren Aufenthalte sich die Wohnung weiter verändert.“
Auf der Suche nach der besten Lösung
Jakub Červenka wollte mit den wechselnden Bodenbelägen unterschiedliche Atmosphären schaffen. „Ziel ist es, dass der Boden die Orientierung im Raum erleichtert“, sagt der Architekt. Die Einteilung der Wohnung in das großzügige Atelier mit Ess- und Wohnzimmer, die Küche sowie die Schlafzimmer wird durch den Bodenbelag untermauert. Er ist mit der jeweiligen Raumfunktion verbunden. So unterstreicht der Terrazzo den kreativen Austausch, der im Wohnatelier stattfindet. Die Holzdielen schaffen in den Schlafzimmern eine warme Atmosphäre. Dagegen wirken die kräftigen Farben in den Bädern als Kontrast zum neutralen Farbschema belebend: Eins ist von oben bis unten knallrot, während im anderen grüne Fliesen die Badewanne einfassen.
Carte blanche für die Architekt*innen
„Es gab fast keine Grenzen und sehr viele Ideen“, erinnert sich Jakub Červenka an den Beginn des Projekts, als er im Wesentlichen einen leeren Raum vorfand. Obwohl die Wohnung in einem Altbau im Prager Zentrum liegt, war davon nur noch die prächtig rekonstruierte Hülle präsent, während sich der Raum horizontal ausbreitete. „Wir mussten uns wirklich Gedanken machen und die beste Lösung finden“, sagt er.
So war die größte Herausforderung an der Gestaltung der Ovenecká 33 für Jakub Červenka gleichzeitig das größte Geschenk, nämlich die vollständige gestalterische Freiheit. „Die besten Projekte entstehen mit großartigen Auftraggebern, die bereit sind, mit den etablierten Regeln zu brechen.“
FOTOGRAFIE BoysPlayNice BoysPlayNice
Projektname | Ovenecká 33 |
Kreativkonzept | Tereza Porybná |
Interiordesign | Objektor architekti (Jakub Červenka, Václav Šuba, Vojtěch Šaroun) |
Fläche | 200 Quadratmeter |
Fertigstellung | 2022 |
Fotos | BoysPlayNice |
Designer*innen | |
Terrazzo | Aleksandra Vajd |
Thron | Daniela Danielis |
Vorhang | Evy Jokhova |
Leuchten | Dechem |
Esstisch | Jiří Krejčiřík |
Glas | Michal Ullrich |
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