Lernen vom Langhaus
Von der keltischen Architektur inspiriert: das Cliff House auf der schottischen Insel Skye.

Skye, die zweitgrößte Insel der schottischen Hebriden, ist ein wahres Naturparadies mit windumtoster Steilküste, Bergen und einsamen Seen. Hier haben sich die Architekten von Dualchas niedergelassen, um moderne Gebäude zu entwerfen, die sich – anders als die in der Region weit verbreiteten Fertighäuser – harmonisch in die ursprüngliche Landschaft einfügen. Inspiration finden sie in der uralten Form des keltischen Langhauses, dessen außergewöhnliche Klimatauglichkeit und Energieeffizienz sie in die Gegenwart übertragen. Ihr jüngstes Projekt: das Cliff House am Loch Dunvegan.
Das Grundstück liegt im Nordwesten von Skye auf einer Klippe oberhalb des Loch Dunvegan. Im Nordosten bietet es eine spektakuläre Aussicht über das Wasser, im Südwesten fegen die typisch harschen Winde des Archipels. „Um mit den Standortbedingungen optimal umzugehen, besteht das Gebäude aus zwei kubischen Baukörpern; einer geschlossen, der andere offen“, erläutert Projektarchitekt Daniel Bär. „Ersterer dient als Servicetrakt, um die offenen Haupträume zu versorgen. Zusammen bilden sie einen Ort, der Schutz und Privatsphäre bietet und trotzdem den Fokus auf die Umgebung legt.“
Das Langhaus-Prinzip
Das Cliff House ist zwar von Grund auf modern, doch einige Charakteristika verbinden es mit seinen keltischen Vorbildern. So übernahmen die Architekten die geduckte, zur Windseite geschlossene Bauweise ebenso wie die effiziente und sparsame Konstruktionsart. „Vom Langhaus zu lernen, bedeutet für uns, alte Materialien durch neue zu ersetzen und Modernität ins Spiel zu bringen“, erklären sie, „Holzfachwerk ist dabei die geeigneteste Konstruktionsart, da es billig sowie einfach und schnell zu bauen ist – essenzielle Eigenschaften im unberechenbaren Wetter Schottlands. Energieeffizienz entsteht nicht nur durch die geschickte Positionierung des Hauses, sondern auch durch die Nutzung einer 150 Millimeter dicken Ständerwand, die Raum für mehr Isolierung bietet.“ Die nach Südwesten ausgerichtete Stützwand des Cliff House besteht aus grauem Caithness-Stein, während der offene Baukörper mit wetterresistentem, silbrig verwitterndem Lärchenholz verkleidet wurde. Die verglaste Nordostfassade ermöglicht passive Solarnutzung und eröffnet einen atemberaubenden Blick auf Loch Dunvegan sowie die umliegenden Hügel.
Im Inneren
Von der spektakulären Aussicht profitieren der geräumige Wohnraum mit gusseisernem Holzofen sowie die beiden Schlafzimmer. Im angrenzenden Bereich, dem geschlossenen Baukörper, befinden sich die Toiletten, das Badezimmer sowie die moderne Küchenzeile. Da beide Baukörper sowohl unterschiedlich in der Länge als auch in der Höhe sind, entstanden Zwischenräume, die die Architekten mit Glas verschlossen haben. So eröffnen sich diverse kleine Ausblicke auf das Haus und seine Umgebung. Die Abstände zwischen den herausragenden Dachsparren wurden ebenfalls verglast, sodass zusätzliches Tageslicht in den weißen Wohnraum fällt. Der polierte Betonboden scheint nahtlos in die Wiese hinter der großzügigen Fensterfront überzugehen. Die reduzierte Einrichtung lässt die Natur zum Hauptakteur werden.
In Harmonie mit der Umgebung
„Leben ist eine Entscheidung, die auch durch die Wahl des Ortes bestimmt wird“, so Daniel Bär. „Dieses Wohnhaus sehe ich als Antwort auf die Frage, wie die Qualität eines Ortes in zeitgenössische Architektur übersetzt werden kann.“ Der Architekt hat guten Grund, zufrieden zu sein: Das in grüne Wiesen eingebettete Cliff House fügt sich in seine Umgebung, als wäre es schon immer da gewesen und ermöglicht seinen Bewohnern, die Schönheit der Landschaft auch im Inneren zu genießen. Es bietet nicht mehr und nicht weniger als den perfekten Rahmen für ein Leben inmitten dramatischer Natur.
FOTOGRAFIE Andrew Lee
Andrew Lee
Dualchas Architects
Mehr Projekte
Surferträume im Reihenhaus
Umbau eines Sechzigerjahre-Wohnhauses in Norwegen von Smau Arkitektur

Wabi-Sabi am Hochkönig
Boutiquehotel stieg’nhaus im Salzburger Land von Carolyn Herzog

Faltbarer Transformer
Ein ländliches Wochenendhaus in Argentinien von Valentín Brügger

Funktionale Fassaden
Verschattung im Bestand und Neubau

Wohnhaus in Kurvenlage
Neubau mit rundem Garten in Südkorea von Sukchulmok

Palazzo mit Patina
Umbau eines apulischen Anwesens durch das Architekturbüro Valari

Alte Scheune, neues Leben
Historisches Gebäude in Tübingen wird zu modernem Wohnraum

Gebaut für Wind und Wetter
Ferienhaus im schwedischen Hee von Studio Ellsinger

Ein Dorfhaus als Landsitz
Wohnumbau von Ricardo Azevedo in Portugal

Ein offenes Haus
Feministischer Wohnblock Illa Glòries von Cierto Estudio in Barcelona

Harte Schale, weicher Kern
Unkonventionelles Einfamilienhaus in Mexiko von Espacio 18 Arquitectura

Zwischen Bestand und Zukunft
Umbau einer Kölner Doppelhaushälfte durch das Architekturbüro Catalanoquiel

Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur

Baden unter Palmen
Studio Hatzenbichler gestaltet ein Wiener Loft mit Beton und Grünpflanzen

Maßgeschneidertes Refugium
Georg Kayser Studio verbindet in Barcelona Altbau-Charme mit modernem Design

Rückzugsort im Biosphärenreservat
MAFEU Architektur entwirft ein zukunftsfähiges Reetdachhaus im Spreewald

Im Dialog mit Le Corbusier
Umbau eines Apartments im Pariser Molitor-Gebäude von RREEL

Warschauer Retrofuturimus
Apartment mit markantem Raumteiler von Mistovia Studio

Trennung ohne Verluste
Ferienhaus im Miniformat auf Usedom von Keßler Plescher Architekten

Architektur auf der Höhe
Wohnhaus-Duo von Worrell Yeung im hügeligen New York

Architektur im Freien
Pool und Pergola von Marcel Architecten und Max Luciano Geldof in Belgien

California Cool
Mork-Ulnes Architects restaurieren das Creston House von Roger Lee in Berkeley

40 Quadratmeter Einsamkeit
Ländliches Ferienhaus von Extrarradio Estudio in Spanien

Von der Ruine zum Rückzugsort
Wertschätzender Umbau von Veinte Diezz Arquitectos in Mexiko

Zwischen Alt und Neu
Architect George erweitert Jahrhundertwendehaus in Sydney

Co-Living mit Geschichte
Umbau des historischen Metropol-Gebäudes von BEEF architekti in Bratislava

Aus dem Schlaf erwacht
Kern Architekten sanieren das Vöhlinschloss im Unterallgäu

Archäologie in Beton
Apartment-Transformation von Jorge Borondo und Ana Petra Moriyón in Madrid

Geordnete Offenheit
Umbau eines Einfamilienhauses von Max Luciano Geldof in Belgien

BAYERISCHES DUO
Zwei Wohnhäuser für drei Generationen von Buero Wagner am Starnberger See
