Metamorphose in London
Alexander Fehre hat in London eine Wohnung renoviert und mehr Großzügigkeit und Funktionalität erzeugt.

Warum aus der City wegziehen, wenn die Wohnung zwar klein ist, aber wie ein Maßanzug auf die gewünschten Bedürfnisse zugeschnitten? Der deutsche Innenarchitekt Alexander Fehre verhalf einer Londoner Junggesellenbude zu mehr Großzügigkeit und Funktionalität.
Für Filippo stellte sich die Frage, sein überschaubares 45 Quadratmeter-Apartment gegen eine größere Bleibe außerhalb der Stadt einzutauschen. Auch die Einrichtung war in die Jahre gekommen und schrie förmlich nach Neuanfang – allerdings gefiel dem Großstädter besonders die zentrale Lage: keine 15 Minuten von der Tower Bridge entfernt. In der Hoffnung, eine akzeptable Lösung für den Zustand seiner Stadtwohnung zu finden, wandte er sich an das in Stuttgart ansässige Architekturstudio von Alexander Fehre.
Gründliche Generaluntersuchung
„Um jeden einzelnen Quadratmeter effizient zu nutzen, mussten wir zunächst die Bedürfnisse des Auftraggebers und die vorhandenen Funktionalitäten des Apartments genau untersuchen’’, erklärt der Innenarchitekt. Als Ergebnis dieser Überlegungen stellte sich schnell heraus, dass vor allem das Wohnzimmer und die Küche nicht optimal genutzt wurden.
Funktionale Klarheit statt Durcheinander
Um im Wohnbereich mehr Platz zu schaffen, entfernte Fehre zunächst die Trennwand des kleinen, an diesen Raum grenzenden Miniflures. Ferner versetzte er den daneben platzierten Essbereich in die Küche, in der es bis dato keinerlei Sitzgelegenheit gab, und rückte einen Tisch zwischen zwei Sitzbänke, die sich nun auf der schmalen Raumbreite direkt unter dem Küchenfenster gegenüberstehen. Alle ursprünglich vorhandenen Geräte reduzierte er auf eine schlicht gehaltene Zeile und ersetzte den verlorengegangen Stauraum durch ein offenes Regal aus furniertem Multiplex. Auf den frei gewordenen Platz im Wohnzimmer stellte er einen Arbeitstisch direkt ans Fenster. Couch und Sessel wurden durch ein Sofa in L-Form ausgetauscht.
Während Fehre durch diese relativ simple Umstrukturierung eine kompakte Küche sowie einen Arbeits- und Wohnbereich mit Lounge-Charakter schuf, wurden das Schlaf- und Badezimmer dagegen weder flächenmäßig erweitert, noch umfunktioniert. Hier wird lediglich durch markante, raumgliedernde Elemente mehr Volumen suggeriert.
So baute der Stuttgarter Innenarchitekt im schmalen Schlafzimmer das Bett als durchgehendes Plateau von Wand zu Wand. Der treppenartige Vorbau fungiert dabei nicht nur als Nachttisch, sondern erzeugt optisch mehr Raumtiefe; während er die Raumlänge des Badezimmers durch eine Kombination aus Spiegeln und Downlights betont. Auch die Palmentapete auf einer der Wände streckt den schlauchartig geschnittenen Raum visuell.
Dekoration als Geheimwaffe
Generell beeindruckt bei diesem Projekt jedoch besonders, wie Alexander Fehre mit dekorativen Elementen Großzügigkeit und praktischen Nutzen schuf. So verlieh er beispielsweise durch die unterschiedliche Gestaltung der Böden, Decken und Wände den einzelnen Wohnbereichen eine eigene Identität. Das Wohnzimmer und die Küche erhielten durch ein schwarz gefärbtes Fischgrätparkett Zusammenhalt, Prägnanz sowie eine willkommene Raumtiefe. Ein runder Spiegel an der Wohnzimmerdecke schummelt diesen Raum größer, im Schlafzimmer setzen sich die weißen, an der Wand hängenden Regale von den im dunklem Purpur gehalten Wänden ab.
Eyecatcher und ein Hauch von Luxus
Das in diesem Kontext augenscheinlichste Highlight ist dabei definitiv die von Alexander Fähre konstruierte Sitzbank in der Küche: Durch eine umgebende, gepunktete Tapete wird diese als eigener kleiner Raum definiert. Aufgrund ihrer knallroten Lackierung erinnert die Sitzecke fast an ein Element aus einem modernen Wohnwagen, das zufällig in Filippos Küche gelandet ist. Weniger extravagant, aber symbolisch stärker zeigt allerdings das neu gestaltete Badezimmer auf, wie das Team des Stuttgarter Innenarchitekten der einst langweiligen Junggesellenbude nicht nur zu mehr Funktionalität, sondern auch zu einer spektakulären Ästhetik verhalf: Denn mit der großzügigen Dusche, der auffälligen Wandtapete und dem Spiel aus Licht und Spiegeln ist in den 45 Quadratmetern sogar einen Hauch von Luxus entstanden – eine wahre Wertanlage im eigentlich unbezahlbaren Stadtzentrum von London.
FOTOGRAFIE Alexander Fehre
Alexander Fehre
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