Parcours aus Glas
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Schillernd, transparent, labyrinthisch: Die Derek-Lam-Boutique im New Yorker Stadtteil SoHo besteht aus vielen kleinen, aneinander gereihten Einzelräumen. Die mit einer Glashaut versehenen Wände sind so gestaltet, dass sie die verschiedenen Räume gleichzeitig trennen und verbinden. Ihre Form leitet den Besucher in verschiedene Richtungen und ermöglicht besondere Einblicke – Einblicke in die Welt des Modeschöpfers Derek Lam. Der Amerikaner beauftragte das japanische Architektenduo SANAA mit seinem weltweit ersten Geschäft. Das Resultat: Ein Labyrinth aus Acrylglas, das an den Glaspavillon in Toledo erinnert, Kazuyo Sejimas und Ryue Nishizawas ersten Entwurf in den USA. Auch dieser besticht, ähnlich wie die Derek-Lam-Boutique, durch ein Verwirrspiel aus Semitransparenzen.
SANAA, noch in den 1990er Jahren als Geheimtipp gehandelt, zählt heute zu den gefragtesten Architekturbüros. Neben zahlreichen Bauwerken in Japan wie dem Dior-Gebäude in Tokio, dem „21st Century Museum of Contemporary Art“ in Kanazawa oder dem Naoshima Ferry Terminal entstanden in jüngster Zeit mit dem Glaspavillon des Toledo Museum of Art in Ohio, der „Zollverein School of Management and Design“ in Essen, einem Bürogebäude auf dem Novartis-Campus in Basel und dem „Museum of Contemporary Art“ in New York auch Bauwerke in den USA und Europa.
Modernität und Raumverständnis
Nur wenige Häuserblöcke vom Museum of Contemporary Art entfernt, gleich neben den Geschäften von Ted Mühling und Jil Sander, befindet sich die Derek-Lam-Boutique im Erdgeschoss eines für die amerikanische Gründerzeit – und den Stadtteil SoHo – typischen Gebäudes mit gusseiserner Fassade und weiten Fensterflächen. Der über 250 Quadratmeter große Raum wurde bis auf seine Grundstruktur entkleidet und wird nun von seinen originalen, in weiß gestrichenen Backsteinwänden, dem Fußboden aus Beton und den Möbeln aus Holz und Aluminium dominiert. Charakteristische Merkmale sind die transparenten, aus Acrylglas hergestellten Wände. Diese separieren die Boutique in kleine Räume, in denen jeweils verschiedene Kollektionen des 43-jährigen Modedesigners gezeigt werden. Der klare Entwurf ist von Modernität und Raumverständnis geprägt und und widerspiegelt die reduzierte entwerferische Sprache, die Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawas Arbeiten zu eigen ist.
Wechselspiele in der Formensprache
Das Wechselspiel zwischen Minimalismus und einer stark narrativen Komponente, die den Entwurf von SANAA auszeichnet, zeigt Parallelen zu Derek Lams Designphilosophie: Der in San Francisco geborene Modeschöpfer ist bekannt für seine besondere Entwurfssprache, die modern aber nicht kühl, wunderlich aber im gleichen Moment auch rational daher kommt. Lam schafft es gekonnt, Raffiniertheit mit Sinnlichkeit zu kombinieren – mit ungewöhnlichen Stoffen und besonderen Details. Der US-amerikanische Designer mit chinesischen Wurzeln – sein Vater stammt aus China, seine Mutter aus Hongkong, wo Lam einige Jahre gelebt hat – begann seine Modekarriere in den 1990er Jahren nach einem Studium an der Parsons School of Design in New York. Bevor er 2002 sein eigenes Label lancierte, arbeitete er beispielsweise bei Michael Kors und ist heute auch noch als Kreativchef der italienischen Luxusmarke Tod’s tätig.
„Ich arbeite gern mit Architekten zusammen, die meine Designphilosophie teilen und deren Arbeiten ich sehr bewundere“, sagt Derek Lam. Zudem zählt Kazuyo Sejima zu seinen ersten Kunden. „SANAA hat eine Umgebung geschaffen, die minimalistisch, funktional, intim und warm ist. Das Ladenkonzept ist ein wichtiger Schritt in Richtung Stärkung der Markenidentität.“
FOTOGRAFIE Benoit Pailley
Benoit Pailley
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