Pool, Party, Panorama
Kinzo gestaltet eine Bürofläche im Berliner Admiralspalast

Hinter der Jugendstil-Fassade des Berliner Admiralspalasts wurde im Laufe der letzten hundert Jahre eisgelaufen, getanzt, gekegelt und gebadet. Jetzt wird unter dem Dach und über den ehemaligen Becken gearbeitet. In die vierte Etage ist ein Büro aus der Feder von Kinzo Architekten eingezogen, das sich dem gebäudegeschichtlichen Thema „Pool“ mit einem Augenzwinkern widmet und auch Party-Anleihen nicht zu kurz kommen lässt.
Als man 1873 bei Bauarbeiten auf dem Gelände der Friedrichstraße 101/102 in Berlin-Mitte eine Solequelle entdeckte, war die Zukunft der Fläche besiegelt. Erst wurde ein kleines Gartenbad eröffnet, dann 1911 mit dem Admiralspalast eine luxuriöse Badeanlage mit angeschlossenen Vergnügungsangeboten. Bis heute ist der prunkvolle Admiralspalast eines der letzten Gebäude seiner Zeit in diesem Kiez und die Fassade mit Verzierungen aus Porzellan und dorischen Halbsäulen ist ein Berliner Wahrzeichen. Mit den verschiedenen Nutzer*innen und Nutzungen wurden Interieur und Layout über die Jahrzehnte immer wieder angepasst. So auch zuletzt: Ab 2017 wurde der denkmalgeschützte Gebäudekomplex aus der Feder der Architekten Heinrich Schweitzer und Alexander Diepenbrock erst von Graft Architekten saniert und durch einen Anbau erweitert. Dann haben Kinzo Architekten das ehemalige Bad unter dem Dach in eine Bürolandschaft für einen digitalen Dienstleister verwandelt.
Ikone und Zeitzeuge
In den Goldenen Zwanzigern war die römisch-russische Therme mit einem prächtigen Eislaufoval und späterer Revue- und Varietébühne, Kegelbahnen und der „Ersten Berliner Lichtspielstätte“ ausgestattet. Beim Umbau wollten Graft Architekten die bewegte Geschichte und die historische Substanz freilegen, bewahren, interpretieren und in das aktuelle Nutzungskonzept integrieren. Von der Pracht der ehemaligen Bäder unter dem Dach ist nur wenig geblieben, lediglich ein Mosaik aus dem Bereich des Frauenbads und strukturelle Elemente wie das historische Stahltragwerk oder die zuvor verkleideten Oberlichter sind noch erhalten. Sie prägen das Interieur der jetzt ansonsten reduziert gestalteten neuen Räume. Das Mosaik übernimmt dabei eine besondere Aufgabe. Graft Architekten installierten darüber einen begehbaren Glasboden, der das Steinbild wie einen tiefer gelegten Teppich wirken lässt.
Plitsch-Platz
Das 5.500 Quadratmeter große Büro, das jetzt die Flächen des ehemaligen Bads besetzt, wird von einem Glasdach überspannt und erstreckt sich über drei Geschosse. Das Motiv des Jugendstils diente Kinzo beim Interieur als Leitlinie, während auch das Thema „Schwimmbad" aufgegriffen und gestalterisch in ein farbenfrohes und verspieltes Konzept übersetzt wurde. Im Zentrum des offenen Gemeinschaftsbereichs der vierten Etage steht eine ovale Sitzbank, die die Konturen des ehemaligen Badebeckens nachvollzieht. Sie steht auf dem Mosaik und zitiert mit ihrer monochromen Farbgebung in Hellblau die Wasserfläche der Vergangenheit. Darüber schweben runde Kugelbirnen, die an aufsteigende Luftblasen erinnern, und die umlaufende, als Tresen genutzte Rückwand der Sitzinsel wurde mit Riemchen-Fliesen verkleidet.
Dschungel-Grün und Poolnudeln
Beeindruckende acht Meter ist das Büro in seinen offenen, zentralen Bereichen hoch, während in der umlaufenden Galerie verschiedene Rückzugsräume untergebracht sind. Die verschiedenen Szenarien bieten dem jungen Team kommunikative und informelle Orte zum Austausch, kollaborative Plätze sowie Flächen für Reflexion und konzentrierte Einzelarbeit. Dort, wo sich rund um das Badebecken einst die Besucher*innen auf Ruhebänken entspannten, stehen jetzt Metallstrukturen, die die Raumkanten kleiner Alkoven nachzeichnen. In ihnen befinden sich Besprechungsinseln, die sich aus Sofas mit hohem Rücken und Tischen in arbeitsfreundlichen Höhen zusammensetzen. In den Räumen der Galerie wird die andere Seite des Vergnügungskonzepts des Palasts thematisiert. Ein Discoraum mit schwebenden Glitzerkugeln schafft Partymomente im Arbeitsalltag, ein Sofa aus Poolnudeln und bunte Schwimmreifen-Donuts sorgt für visuelle Erfrischung. Ein Raum voller Grünpflanzen wird zum Indoor-Garten und Rückzugsrefugium. Rote VIP-Bänder vor den Besprechungszimmern ermöglichen, dass Kolleg*innen bei der Konferenz unter sich bleiben.
Hauptstadtpanorama
Unter dem Dach des ikonischen Admiralspalasts ist ein zeitgenössisches und zukunftsorientiertes Büro voller Kontraste und Geschichtsbezüge entstanden, bei dessen Interieur das Team von Kinzo gekonnt mit verschiedenen Layern gespielt hat. Die Basis wird vom historischen Bestand gebildet, in den ein helles Büro mit hohen Räumen eingezogen ist. Das Mobiliar wiederum bringt Farbe ein, während natürliche Materialien und viel Tageslicht sowie gezielt inszenierte Leuchten für eine warme, behagliche Atmosphäre sorgen. Die großzügigen Dach- und Fassadenfenster stellen außerdem den Bezug zur Hauptstadt her: Mitten in Berlin haben die Mitarbeiter*innen einen freien Blick über die Dächer und zum Himmel.
FOTOGRAFIE Sebastian Dörken Sebastian Dörken
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