Reif für die Insel
Pariser Refugium von Clément Lesnoff-Rocard
Im Schatten des Pariser Hochhausviertels La Défense gestaltete Clément Lesnoff-Rocard mit seinem Projekt The Island ein Haus aus dem 19. Jahrhundert um. Indem er den Grundriss auf den exotisch bepflanzten Innenhof ausrichtete, schuf er einen modernen Rückzugsort inmitten der französischen Metropole.
Inseln gibt es nicht nur im Meer. Auch die Innenstadt einer Metropole wie Paris hat solche Eilande zu bieten, die wie Fremdkörper in dem sie umwogenden Trubel wirken. Ein solcher Ort ist für den Architekten Clément Lesnoff-Rocard das Projekt The Island. Gelegen am Stadtrand von Paris, wirkte das Haus vor der Kulisse der Wolkenkratzer von La Défense tatsächlich etwas verloren: „Schutzlos wie eine Auster ohne Schale“ beschreibt der Architekt seinen ersten Eindruck des um einen begrünten Innenhof angeordneten Hauses aus dem 19. Jahrhundert. Mit seinem Partner Gil Percal beschloss er, dass es sich um ein schützenswertes Gebäude handelte, das „der Welt da draußen“ den Rücken zukehren sollte.
Abschied vom Stilmix
Diese architektonische Innenschau gelingt durch einen geschickt angelegten Grundriss. Wo es geht, sind die Blicke nicht auf die Straße, sondern auf den Innenhof ausgerichtet – ein üppig bewachsenes, schwer einsehbares Kleinod. Clément Lesnoff-Rocard und Gil Percal befreiten den Bau von zahlreichen Trennwänden, die aus mehreren Umbauten der Vorbesitzer resultierten. Unterschiedliche Stile trafen radikal aufeinander und erzeugten eine erdrückende Stimmung. Indem die Architekten für ihre Einbauten Weißbeton mit einer speziellen Latexmischung verwendeten, schufen sie helle Räume mit einer luftigen Atmosphäre.
Blick ins Grüne
Im Erdgeschoss öffnet sich das Wohnzimmer zum Hof. Aufgrund der großzügigen Fenster wird er zu einem Teil des Raumes. Von der Galerie im ersten Stock aus genießen die Bewohner ebenfalls den Ausblick ins Grüne. Geschickt verbanden die Architekten beide Etagen mit einem hellgrünen Bücherregal. Sein geradliniges Design bildet einen Kontrapunkt zur geschwungenen Galerie und zum fließenden Vorhang, der ebenfalls beide Etagen verbindet. Der massive, ovale Eichentisch, eine Maßanfertigung nach Plänen von Clément Lesnoff-Rocard, nimmt diese Form auf. Die Stühle harmonieren mit dem Farbton des Regals.
Küche in Schwarz-Weiß
Die Küche, die sich an das Wohn- und Esszimmer anschließt, ist hingegen in einer strengen Schwarz-Weiß-Kombination gehalten. Sie ist der erste Raum, den Besucher nach dem Eingangsbereich mit angrenzender Gästetoilette betreten. Schwarzes Fenix von Armony Cucine macht die Oberflächen widerstandsfähig gegen Kratzer und Hitze. Ihr mattes Finish wirkt edel und natürlich. In der dunklen Ausführung erinnern sie entfernt an verkohltes Holz und passt zu der sich anschließenden Terrasse mit ihrer exotischen Vegetation.
Fliesen und Beton
Der Boden von The Island ist durchgehend in hellem Grau gefliest. Organisch erhebt sich daraus die acht Meter lange Betoncouch im Wohnzimmer. Auch sie ist der Straße abgewandt und gibt den Blick – vorbei an der Treppe aus Eichenholz – in Richtung Hof frei. Immer wieder ergeben sich interessante Sichtachsen auf die grüne Oase. Im ersten Stock hat das innenliegende Bad ein Fenster zur Galerie. Das Elternschlafzimmer unterm Dach hat ebenfalls eine kleine Luke in Richtung Patio und nimmt mit eigenem Bad, einem Vor- und einem Ankleidezimmer das gesamte Stockwerk ein.
Als einen „Prozess der Wahrheitssuche“ beschreibt Clément Lesnoff-Rocard den Umbau von The Island. Es scheint tatsächlich, als habe der Architekt die heutige Bestimmung des Gebäudes gefunden. Durch einen offenen Grundriss und mit Bedacht ausgewählte Materialien verlieh er ihr Ausdruck. Ein Rückzugsort inmitten der Großstadt, wer wünscht sich das nicht?
FOTOGRAFIE Simone Bossi
Simone Bossi