Rubinrote Wiederbelebung
Savoir-vivre: Cyril Chênebeau hat eine alte Hütte nahe Nizza in ein komfortables Wochenendhaus umgebaut.

Alles andere als behutsam und doch par excellence gelang dem französischen Architekten Cyril Chênebeau der Umbau einer kleinen Hütte im maritimen Gebirge um Nizza. Aus einem verlassenen Ort ist ein ländliches Wochenendhaus geworden, in dem es sich zu allen Jahreszeiten gut aushalten lässt.
Das winzige Kleinod befindet sich nahe des Dorfes Sclos de Contes, etwa 20 Kilometer vom Zentrum Nizzas entfernt, und liegt damit im französischen Département Alpes-Maritimes. Hier, an einem terrassierten Hang unterhalb eines alten Pfades, fristete die alte, von Grün umgebene Hütte lange ihr betagtes Dasein: verwaschener Putz, klapprige Fensterläden und kein Komfort, bei dem man sich schöne Wochenenden im Grünen hätte vorstellen können. Es war klar, hier musste mehr passieren als nur ein neuer Anstrich und die Reparatur des Daches.
Die Idee des Architekten Cyril Chênebeau aus Nizza sah deshalb mehrere Punkte vor: zum einen die komplette Grunderneuerung der Hütte – also neuer Putz, neue Farbe (alter rubinroter Farbton), neue Fenster, neue Türen, und auch die Steinmauer am Hang wurde neu gesetzt. Hinzugefügt wurde zudem an zwei Seiten des Hauses je ein Volumen aus weißem Beton, deren Oberflächen mit dem Stockhammer zu rauen Strukturen bearbeitet wurden. An je einem Verbindungsstück gehen beide Blöcke direkt in den alten Bau über. Das größere der beiden Volumen ist unterkellert. Hier befindet sich – wie sollte es anders sein – das Weinlager des Hauses.
Nahtlose Einheit
Alt und Neu sind auf der so entstandenen Wohnfläche von 60 Quadratmetern kaum noch auseinanderzuhalten: Der im neuen Gebäudeteil befindliche Wohn- und Essbereich mit seiner hohen Decke und einem kleinem Kamin schließt nahtlos an die offene Küche auf Erdgeschossebene der alten Hütte an. Eine Holztreppe, unter der sich Stauraum und Kühlschrank befinden, führt in das darüber liegende Schlafzimmer. Durch einen Gang hinter der Treppe gelangt man zum Badezimmer, das sich im kleineren, rückseitigen Betonblock befindet. Die Besonderheit hier: Man verzichtete auf das Dach, wodurch der Raum besonders in Anbetracht seiner Funktion wie das Innere eines Brunnens wirkt. Denn hier soll unter freiem Himmel geduscht werden – draußen im Haus gewissermaßen.
Überhaupt spielt das Draußen bei diesem Projekt eine besondere Rolle. Die Fenster auf allen Seiten des kleinen Gebäudes rahmen jedes für sich den Blick ins Grüne. Mit dem ersten Strahl der Vormittagssonne erzeugt das Licht so zu jeder Tageszeit verschiedene Akzente. Durch eine großzügige Öffnung am Schnittpunkt beider vorderen Gebäudeteile wurde raffiniert die Fusion zwischen dem alten Haus und der Erweiterung erzeugt. Eine Fensterfront – die größere Hälfte lässt sich praktischerweise in die Wand hineinschieben – verläuft hier über Eck und erzeugt einen fließenden Übergang zwischen drinnen und draußen. Davor erstreckt sich die Sonnenterrasse, die dank der Bäume immer im Halbschatten liegt.
Gewollte Spannung
Mit der Transformation wurde aus einer ehemals zweigeschossigen Hütte ein deutlich großzügigeres, aber immer noch beschauliches Gartenhäuschen, dem es an nichts fehlt. Cyril Chênebeau verzichtete dabei bewusst darauf, den Umbau als Altbau zu tarnen. Vielmehr zielte er darauf, „eine subtile Spannung in der Balance zwischen dem alten renovierten und dem neuen Teil“ zu erzeugen, wie er es selbst beschreibt. Dabei setzte der Architekt auf Materialien, die sich durch ihre Beständigkeit auszeichnen: den Beton, Böden aus Teak-Parkett, die grauen Natursteinfliesen im Bad oder die Fensterrahmungen aus Aluminium. Wer hierher kommt, soll dies zukünftig zum Entspannen tun, nicht zum Reparieren und Werkeln – wie so oft bei Hütten dieser Art.
FOTOGRAFIE Aldo Amoretti
Aldo Amoretti
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