Russische Enfilade
Moskauer Apartment von Vladimir Belousov und Natalia Trofimov
Im Moskauer Stadtteil Chamowniki ließ eine dreiköpfige Familie ihre Altbauwohnung rundum erneuern. Zum Charme des frühen 20. Jahrhunderts mischen sich nun Kunstwerke, markante Vintage-Leuchten und zahlreiche Glasflächen. Extra viel Tageslicht war der Bewohnerin sogar wichtiger als ihr Schlaf.
Als erstes gemeinsames Projekt gestalteten Vladimir Belousov und Natalia Trofimov ihr eigenes Zuhause. Noch bevor die beiden Architekt*innen mit der Renovierung der 130 Quadratmeter großen Wohnung begannen, begrünten sie die Aussicht vor den Fenstern. „Vladimir pflanzte eine Eberesche, einen Ahorn, einen Fliederstrauch und eine Tanne direkt unter unserem Balkon“, erzählt Natalia Trofimov, deren Büro Blockstudio die Umgestaltung unterstützte. „Zuerst hielt ich das für keine gute Idee. Aber langfristig erwies sich die Begrünung als klug. Da die Renovierung deutlich länger dauerte, als wir geplant hatten, sind die Bäume inzwischen richtig groß geworden.“
Maximales Tageslicht
Von Grund auf ließen die Architekt*innen das Apartment erneuern: Parkett wurde neu verlegt, Wände wurden entfernt, aufgearbeitet und weiß gestrichen. „Die weiße Farbe hat sich als die beste Lösung für uns erwiesen, da die Wohnung im ersten Stock liegt und nicht viel Licht hereinkommt“, sagt Natalia Trofimov. Um dennoch den fensterlosen Flur und auch die innen liegenden Bäder mit Tageslicht zu erhellen, bauten sie großzügige Oberlichtfenster im Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmer ein. „Da ich einen sehr leichten Schlaf habe, war der Einbau des Oberlichts im Schlafzimmer eine schwere Entscheidung zwischen Nachtruhe und Tageslicht in den angrenzenden Räumen. Wir entschieden uns für das Licht und bereuen es nicht. In unserem vom Morgenlicht durchfluteten Bad ist es einfach so schön“, erzählt die Architektin.
Aneinanderreihung von Zimmertüren
Den Grundriss des Apartments konzipierten Vladimir Belousov und Natalia Trofimov nach eigener Aussage als „Enfilade“ – ein Begriff, der im Barock entwickelt wurde und für die Aneinanderreihung zahlreicher Zimmertüren an einer langen, geraden Achse steht. Betreten wird das Apartment durch einen gläsernen Vorraum mit hellgrauem Marmorboden. Weiße, deckenhohe Schränke, filigrane Streben in den Glasfenstern sowie die Aussicht auf den Wohnraum vermitteln Leichtigkeit, Transparenz und Eleganz. Der angrenzende, offene Raum mit Parkettboden unterteilt sich in eine Lounge – mit Bibliothek, Heimkino, Ottomane – und den Essbereich.
Vintage und Erbe
Um den maßgefertigten Tisch herum, der auch als Homeoffice, Treffpunkt für Freunde oder Präsentationsfläche für schöne Objekte und Bücher dient, spielt sich das Leben der Familie ab. Um ihn reihen sich zahlreiche Sitzgelegenheiten. „Die Stühle sind alle unterschiedlich. Einige sind Familienerbstücke, andere haben wir auf Flohmärkten in Europa gefunden“, berichtet Natalia Trofimov. Eine deckenhohe, auf Maß angefertigte Glastür trennt die Küche vom offenen Wohnraum ab. Hier wählten die Architekt*innen für die Rückwand der Arbeitsfläche und den schmalen Tisch hochwertigen Carrara-Marmor. Naturmaterialien und -farbtöne prägen das gesamte Interieur des Apartments, ebenso wie stilvolle Designobjekte und extravagante Leuchten. „Wir haben ein Faible für Designerleuchten, zum Teil sind es auch antike Erbstücke“, erläutert Trofimov.
Variable Kunst
Für die Werke überwiegend zeitgenössischer russischer Künstler*innen fungiert das schlichte Weiß als neutraler Hintergrund. „Solange ich mich erinnern kann, waren die Wände in den Wohnungen meiner Eltern und Großeltern vom Boden bis zur Decke mit Kunst bedeckt“, sagt Vladimir Belousov. „In unserem Freundeskreis gibt es viele Künstler*innen und unsere Sammlung besteht zum großen Teil aus deren Werken, aber auch aus Zufallsfunden. Wir sammeln nicht systematisch, wir müssen die Kunst nur lieben.“ Auch im Schlafzimmer und im Bad finden sich neben Vintage-Möbeln viele Gemälde an den Wänden. „Wir haben lange darüber nachgedacht, wo wir die einzelnen Leinwände und Zeichnungen aufhängen“, erzählt der Architekt. „Schließlich haben wir uns bei der Hängung für Bilderschienen entschieden, um die Werke leicht austauschen zu können oder wieder zu unseren schlichten, weißen Wänden zurückzukehren.“
FOTOGRAFIE Mikhail Loskutov
Mikhail Loskutov
Entwurf | Vladimir Belousov und Natalia Trofimov |
Nutzung | Wohnen |
Fläche | 130 Quadratmeter |
Ort | Moskau |
Fertigstellung | 2021 |