Projekte

Samba Minimal

von Tim Berge, 12.09.2011


Dass man sich hier in einer Metropole wie São Paulo befindet, ist nicht unbedingt zu bemerken: Eine Öffnung zur Straße hin gibt es nicht. Das studio sc – eine Agentur für Lebensmittelfotografie – blendet die umgebende Großstadt vollkommen aus. Doch so verschlossen das Gebäude nach außen auftritt, so sehr öffnet es sich nach Innen und bietet den Mitarbeitern des Fotostudios ein kleines Paradies zum Arbeiten.


Das studio sc betritt man durch eine Art Schleuse, einen Vorhof und gleichzeitig Parkplatz für die Autos. Er vermittelt zwischen der lauten Straße und dem introvertierten Innenraum und senkt den Geräusch- und Stresspegel um ein Vielfaches. Doch hier gibt es noch keinerlei Einblicke – nur den Ausblick auf den Himmel São Paulos, bestückt mit einigen Hochhaustürmen der Umgebung. Von dort aus gelangt man durch eine Pforte innerhalb der hohen Mauern in den Garten: Schritt Zwei in der Kette möglicher Filterungen vom stressigen Alltag der Großstadt und einer damit einher gehenden Ablenkung der Sinne. Im Garten angekommen, ist die Stadt schon nicht mehr präsent, man könnte sich fast wie in einem Haus auf dem Lande fühlen.

Das Haus

 
Der langgezogene Grundriss des Neubaus orientiert sich an der Grundstücksform und wurde durch die brasilianischen Architekten Marcio Kogan und Suzana Glogowski vom Studio MK27 zusätzlich geschmälert, in dem sie den Garten über die komplette Gebäudelänge laufen lassen. Diese Linearität setzt sich auch in der Gestaltung des Innenraums fort: Die Mitarbeiter sitzen an einem einzigen – an der Rückwand entlang laufenden – Arbeitstisch, wodurch der Rest des Raumes frei bleibt und vielfältige Nutzungsformen zulässt. Wie ein Mini-Stadtplatz ist er ein Kreuzungspunkt und Ort der Kommunikation. Verstärkt wird der Eindruck durch zwei eingestellte, pavillionartige Volumen und einen in der Luft schwebenden Betonsteg, der sie verbindet. Beinahe könnte es sich hier um den Versuch handeln, eine Idealstadt nachzuformen, mit der Einschränkung, dass sie sich im Inneren eines Fotostudios befindet.

Das Innere
 
Die zweigeschossigen, holzverkleideten Volumen beherbergen die Räume, die ein wenig mehr Intimität benötigen, wenn ein „mehr“ an so einem Ort überhaupt noch möglich ist: Bildbearbeitung, Lebensmittel-Styling oder einfach nur die klassische Besprechung können so hinter verschlossenen Türen stattfinden. Aber auch hier setzt sich das Spiel mit dem Spannungsfeld zwischen Geschlossenheit und Transparenz fort: Die Holzverkleidung besteht zum Teil aus schmalen, eng aneinander liegenden Latten, die Umrisse auf der anderen Seite nur erahnen lassen. Geht das Licht in einem der Räume an, wird die Wirkung verstärkt, und es scheint, als läge ein sanfter Schleier über der eigenen Wahrnehmung. Will man das Geschehen nach außen tragen, kann man die Verkleidung wegklappen und gibt so das Innere frei.
 
Auch die Materialität orientiert sich an den großen Vorbildern der Moderne: kühle Steinfliesen, weiße Wände und fein marmoriertes Holz sorgen für eine angenehme, aber nicht zu wohnliche Atmosphäre. Farb- und Formtupfer sind allein einige der Möbel: Der Tropicalia von Patricia Urquiola, der Slow Chair von Ronan und Erwan Bouroullec oder die Cone Lights von Tom Dixon lassen den Besucher erahnen, dass hier auch mit Geschmack gehandelt wird.

Der Garten
 
Das Gebäude lässt sich abschnittsweise und über die komplette Länge durch riesige Metall-Schiebetüren zum Garten hin öffnen, wodurch eine Vielzahl an möglichen Verbindungen zwischen außen und innen entsteht. Der umgebende Raum wird zum Teil des gebauten Raums: ein Zitat der Moderne, wie eigentlich das gesamte Haus. So vermittelt ein neutrales Kiesbett – in das die Bäume und Pflanzen eingebettet sind – zwischen Natur und Architektur. Der Garten ist aber tatsächlich eine kleine Oase inmitten der typischen Hochhausblocks einer Großstadt und bietet den Mitarbeitern einen Ort der Ruhe und Inspiration. Eine von den Architekten entworfene Springbrunnen-Installation sorgt mit beständigem Plätschern für einen zusätzlichen Entspannungsfaktor während der Arbeit: Sicherlich ist das nicht unförderlich für die Arbeit eines Lebensmittelfotografen, dessen Aufgabe vor allem darin besteht, das Essen sinnlich ansprechend zu inszenieren, wofür eine gewisse Abgekehrtheit durchaus von Vorteil ist. Will man dann doch mal ein bisschen „Stadt“ schnuppern, kann man auf das Dach hinaufsteigen. Von der Terrasse aus hat man einen wunderbaren Blick über die Grundstücksmauern hinweg auf São Paulo: eine Wohltat nach all der Stille.
Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Projektarchitekten

Studio MK27

www.marciokogan.com.br

Projektfotograf

Nelson Kon

www.nelsonkon.com.br

Weitere Projekte von Studio MK27 auf Designlines

www.designlines.de

Mehr Projekte

Moderner Triumphbogen

Gebäudekomplex von Nikken Sekkei in Dubai

Gebäudekomplex von Nikken Sekkei in Dubai

In altem Glanz

Restaurierung einer historischen Villa in der italienischen Provinz Modena

Restaurierung einer historischen Villa in der italienischen Provinz Modena

Inspirationen statt Emissionen

Nachhaltiger Büroneubau von Studio Daytrip in London

Nachhaltiger Büroneubau von Studio Daytrip in London

Außen Altbau, innen New Work

Berliner Juris-Dependance am Ku’damm von de Winder Architekten

Berliner Juris-Dependance am Ku’damm von de Winder Architekten

Viel Platz für Veränderung

Atelier Gardens in Berlin-Tempelhof von MVRDV

Atelier Gardens in Berlin-Tempelhof von MVRDV

Dialog mit der Stadt

Das Verwaltungszentrum Brucity in Brüssel

Das Verwaltungszentrum Brucity in Brüssel

Bunter Community-Space

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

Facettenreiche Bürolandschaft

Vielschichtiger Workspace von SCOPE Architekten in Dresden

Vielschichtiger Workspace von SCOPE Architekten in Dresden

Komfort an der Wall Street

Die New York Stock Exchange hat umgebaut

Die New York Stock Exchange hat umgebaut

Büro im Bestand

Flexibler Workspace in den Berliner Wilhelm Hallen von PLY Atelier

Flexibler Workspace in den Berliner Wilhelm Hallen von PLY Atelier

Modulares für Mobiles

Ein Campus im Campus von Alexander Fehre

Ein Campus im Campus von Alexander Fehre

Alles unter einem Dach

Mixed-Use-Konzept in opulenter Villa von Lukas Nobili

Mixed-Use-Konzept in opulenter Villa von Lukas Nobili

Fünf Räume in einem

Multifunktionaler Co-Working-Space von BABELstudio in Bilbao

Multifunktionaler Co-Working-Space von BABELstudio in Bilbao

Wiedergeburt einer Architekturikone

Die Kreativagentur Sid Lee zieht in ein Hochhaus von I. M. Pei

Die Kreativagentur Sid Lee zieht in ein Hochhaus von I. M. Pei

Um die Spirale arbeiten

New-Work-Büro in Amsterdam von Beyond Space

New-Work-Büro in Amsterdam von Beyond Space

Thinktank im Brauhaus

Hyperflexible Arbeitslandschaft von Mintdesign für einen Biopharmazeuten

Hyperflexible Arbeitslandschaft von Mintdesign für einen Biopharmazeuten

Ästhetik und Funktionalität

Hochhaus in Paris von IF Architectes und SRA Architectes

Hochhaus in Paris von IF Architectes und SRA Architectes

Vier Bäume für den Holzhybrid

Vattenfalls nachhaltiges Headquarter am Berliner Südkreuz

Vattenfalls nachhaltiges Headquarter am Berliner Südkreuz

Keimfreie Keramik

Umweltaktive Bodenbeläge für umgebautes Bürogebäude in Turin

Umweltaktive Bodenbeläge für umgebautes Bürogebäude in Turin

Offenes Denkmal

Norwegisches Pressehaus von Atelier Oslo und Kima Arkitektur

Norwegisches Pressehaus von Atelier Oslo und Kima Arkitektur

Zonen des kommunikativen Arbeitens

MVRDV gestaltet neue Bürowelt für Shopify in Berlin

MVRDV gestaltet neue Bürowelt für Shopify in Berlin

New Work im Grachtenhaus

Modernisierung in Amsterdam von M+R interior architecture

Modernisierung in Amsterdam von M+R interior architecture

Architektur im Förmchen

Ein Headquarter für Traditionsgebäck von Neri+Hu

Ein Headquarter für Traditionsgebäck von Neri+Hu

Baukasten für die Zukunft

Flexibler, zirkulärer Holzpavillon von DP6 in Almere

Flexibler, zirkulärer Holzpavillon von DP6 in Almere

Arbeitsplatz aus zweiter Hand

Zirkuläre Innenarchitektur im Berliner CRCLR Haus von LXSY Architekten

Zirkuläre Innenarchitektur im Berliner CRCLR Haus von LXSY Architekten

Ausdruck des Geistes

Naturnah gestaltetes Architekturbüro von Mind Manifestation in Indien

Naturnah gestaltetes Architekturbüro von Mind Manifestation in Indien

New Work in Peking

Neues Büro des Architekturstudios Crossboundaries

Neues Büro des Architekturstudios Crossboundaries

Homeoffice im Baumhaus

Nachhaltiger Anbau von Alexander Symes in Australien

Nachhaltiger Anbau von Alexander Symes in Australien

Moderne Festung

Wohnhaus mit Showroom von Associates Architecture in Mexiko

Wohnhaus mit Showroom von Associates Architecture in Mexiko

Arbeiten neben Arkaden

Flexibler Workspace in London von David Thulstrup

Flexibler Workspace in London von David Thulstrup