São Paulo Play Station
Arty Party: Diese Villa in der brasilianischen Metropole dient als Spielplatz für Jung und Alt.
Ein Haus für Spannung, Spiel und Spaß in São Paulo: Im schicken Viertel Jardim Paulista haben Pascali Semerdjian Arquitetos diesen Kindertraum wahr gemacht und Toy House MM01 errichtet. Auf 250 Quadratmetern, drei Ebenen und im Garten konnten die Planer ihre Gestaltungsfreude ausleben mit einem hausgewordenen Spielplatz für Jung und Alt.
Die Bauherren wohnen nur ein paar Meter weiter und wünschten sich einen besonderen Ort für ihre Kinder, deren Spielsachen und für Feste. Die Architekten schufen den perfekten Rahmen für die innenliegende Spiellandschaft: eine weiße Hülle, die sich um drei Etagen legt und bei Bedarf maximal öffnen lässt.
Alles langweilig da draußen
Ein Kunstwerk der berühmten brasilianischen Streetart-Brüder Osgemeos – im Eingangsbereich des Hauses – bringt das Gestaltungsmotto des Hauses gleich auf den Punkt: „The world outside is too boring“. Ab hier befindet man sich in der Welt der Kinder – zumindest, wie sich Erwachsene eine solche vorstellen. Von der Straße aus ist der Bau kaum zu erkennen, verschwindet er doch hinter einer Mauer und einer dahinter liegenden, künstlich angelegten Geländevertiefung. Das hat in erster Linie Sicherheitsgründe: Diskret und unauffällig sollte das Haus für nicht zu viel Aufsehen sorgen und damit Einbrüche verhindern. Die Tarnung erzeugt aber auch einen dramaturgischen Effekt: Niemand würde eine solches Spielparadies hinter grauen Mauern erwarten.
Spaß mit Anish, Keith und Mauro
Die drei Etagen, die sich allesamt fast vollständig über raumhohe Schiebefenster öffnen lassen, sind mit einer außenliegenden Treppe verbunden. Das Erdgeschoss ist ein großer Fernsehraum: Eine Installation aus bunt-gepolsterten Blöcken, die wie eine Felsformation den Raum bespielen, bildet das Spaßzentrum des Zimmers und dient als Sitzlandschaft für die Kinder. Aber auch der Boden spielt mit und ist mit weichen Linoleumplatten in Grün und Blau belegt. Zur Bespaßung der Erwachsenen dienen ein paar farben- und formfrohe Werke nicht ganz unbedeutender Künstler wie Anish Kapoor, Keith Haring und Mauro Perucchetti – sie vermitteln zwischen den Welten von Groß und Klein. Allein Wände, Böden und Einbauten wie die Küche treten bewusst in den Hintergrund des Geschehens und bilden den weißen Rahmen für das bunte Innere.
Transformer, Tetris und Puzzle
Das Obergeschoss geht ebenfalls architektonisch auf die Welt der Spielzeuge ein: „Wir haben ein Transformer-artiges System kreiert, das der Familie genügend Spielraum für räumliche Anpassungen und Veränderungen gibt“, erklären die Architekten. Die Etage besteht aus zwei Raumschichten, die sich kombinieren, unterteilen, verschließen und öffnen lassen – je nach Nutzung und Bedarf. Die Rückwand, die die opulente Spielzeugsammlung der Eigentümer beherbergt, besteht aus eigens für den Bau entworfenen Regalmodulen, die an gigantische Puzzle erinnern. Im Kernbereich imitierten sie eine Wabenstruktur, die mit bunten Ausfachungen gefüllt werden kann. In der äußeren Raumschicht wandelt sich die Regalwand zu versetzten und teilweise verschiebbaren, weißen Blöcken: dreidimensionales Tetris zum Anfassen.
Brücke aus Spaghetti-Eis
Das süße Topping des Spaßtempels ist die dritte Ebene, die nur über eine Brücke erreichbar ist und als Aussichtsplattform dient: Auch in der Spielzeugwelt lauern überall Feinde. Der wacklige Übergang ist mit roten Seilen umwickelt und wirkt wie eine gigantische Portion Spaghetti-Eis, das zwischen den Gebäudeteilen auf hungrige Abnehmer wartet. Darunter liegt der wild wirkende Garten, durch den sich nur die ganz mutigen Kinder wagen. Und auch hier durften sich zwei bekannte brasilianische Streetart-Künstler verewigen: Cranio und Presto beklebten die Mauern im Außenbereich mit lustig und beängstigend wirkenden Fantasiefiguren und runden damit das Spieleparadies in São Paulo konsequent ab.
FOTOGRAFIE Ricardo Bassetti
Ricardo Bassetti