Schattenhaus im Busch
Umbau von MRTN Architects im australischen Daylesford

Anstatt das viktorianische Cottage nahe Melbourne abzureißen, ergänzten MRTN Architects aus Brunswick den historischen Bestand im Sinne der Nachhaltigkeit. Holz und Fliesen wurden recycelt, die Sonneneinstrahlung optimiert, die Geschichte des Ortes bewahrt. Auf 170 Quadratmetern schafften sie ein gemütliches Zuhause mit Sechzigerjahre-Flair, dramatischem Dach und einer Verbindung zum Busch.
„Für die Erneuerung ihres Cottages hatten unsere Kunden keine klare Vision und es gab die Option, die bestehende Struktur abzureißen und ein komplett neues Haus zu entwerfen. Weil das Haus bereits am optimalen Standort platziert war, schlugen wir vor, einen Teil zu erhalten, die Veranda wiederherzustellen und so die Verbindung zur Geschichte des Ortes zu stärken“, erklärt Antony Martin, Gründer von MRTN Architects. In den Ausläufern von Australiens größtem Gebirgszug namens Great Dividing Range gelegen, reagiert das Shadow Cottage auf das Klima und die Landschaft der höheren Lage. Hier herrschen kühle Winter und heiße Sommer. „Der neue Grundriss wurde so gestaltet, dass er die Landschaft ergänzt und sich geräumig und modern anfühlt“, erläutert der Architekt.
Schatten als Formgeber
Einige Erweiterungsbauten entfernten die Architekten vom Bestand und entwickelten den neuen Gebäudeteil konzeptionell aus dem frühmorgendlichen, langen Schatten des verbleibenden Cottages als dreidimensionale Form. „Die Schattenform als Grundlage des Entwurfs begründet auch die überdimensionierte Traufe im Westen“, sagt Antony Martin. Das weit auskragende Dach spendet in den neuen, nach Norden und Westen ausgerichteten Wohnbereichen auch im Verlauf der Sommersonne optimal Schatten. Im Winter lässt die Verglasung zugleich ausreichend Licht in die Räume und sorgt für passive Wärme. Äußerlich ist die gebeizte Holzverkleidung des neuen Hausbereiches deutlich vom weißen Bestand mit den verzierten Säulen zu unterscheiden.
Warmer Glanz und Nachhaltigkeit
Der optimierte Grundriss fasst Küche, Ess- und Wohnbereich als offene Fläche zusammen. Im Zeichen der Nachhaltigkeit gestaltet, verfügt das Haus über eine hohe Dämmung. Für Toiletten und Waschmaschine wird Regenwasser verwendet. Das Dach ist für die künftige Photovoltaik-Anlage abgewinkelt und das verwendete Holz wurde recycelt oder nachhaltig geerntet und mit einem ungiftigen Wachsfinish versiegelt. LED-Streifen beleuchten die Räume indirekt, was vor allem nachts den warmen Charakter der Räume verstärkt. Die unterschiedlichen Farbnuancen des Holzes und die Grün-, Rot- und Brauntöne der vor der Entsorgung geretteten Fliesen schaffen zusammen mit den ausdrucksstarken Möbeln eine gemütliche Atmosphäre mit Sechzigerjahre-Flair. Tatsächlich stammen die Sessel und Liegen in erdigen Tönen von den Melbourner Möbeldesignern Mary und Grant Featherston, die sie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren entworfen haben. Der graue Boden aus rohem Beton und elegante Details wie die freistehende Badewanne setzen zeitgenössische Akzente.
Naturnah in jeder Jahreszeit
Im Zentrum des Wohnraums ist der Kamin ein funktionales und optisches Highlight. Drei Stufen schaffen hier eine subtile Trennung zwischen dem Küchen- und Wohnbereich. Ein riesiges Panoramafenster, das wie ein Erker aus dem Haus ragt, ist mit einer Sitznische ausgestattet und eröffnet ein Panorama ins Grüne. „Im Inneren erinnert das Design an eine Hütte, die im Winter Wärme ausstrahlt und im Sommer einen kühlen, schattigen Platz mit Blick auf die Baumkronen bietet“, sagt Antony Martin. Ohnehin fühle man sich in der Nische am Fenster des Wohnzimmers, nah bei den Eukalyptusbäumen des Naturschutzgebietes, wie mitten im australischen Busch, meint der Architekt.
FOTOGRAFIE Eve Wilson
Eve Wilson
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